Gegenwart.
Ein lautes Trappeln ertönte über mir. Beinahe flog Jonah die Stufen hinunter. In der Hand umklammerte er sein Smartphone. Außer Atem blieb er vorm Tisch stehen und lehnte sich an Jay.
>> Was? <<, fragte dieser. >> Dein Ausdruck gefällt mir nicht. <<
Tatsächlich. So glücklich wirkte Jonah nicht. Vielmehr erinnerte es mich an früher, wenn er herumdruckste, bevor er mir etwas erzählte. Eine böse Vorahnung schwante mir.
>> Unsere Agency hatte mich eben angerufen <<, fing er an. Bereits stöhnte Jay auf. >> Sie haben mir die nächsten Termine geschickt. Die Deadline für die nächsten Kapitel ist um halb zwei. <<
Lange schloss Jay die Augen und versuchte, seine Locken zu bändigen.
>> Das heißt, wir müssen zurück? <<
Schüchtern nickte Jonah. Ich war mir sicher, dass bezüglich der Thematik mehr vorgefallen war. Sonst würde Jonah sich nicht so verhalten.
>> Aber- << Tief holte Jay Luft. >> Wir sind gerade erst angekommen, wir können nicht schon wieder verschwinden. Du hast mir versprochen- <<
>> Noch das eine Mal <<, fiel Jonah ihm ins Wort. >> Wir müssen uns was für die Story einfallen lassen. Irgendeiner muss sterben oder so- <<
Ruckartig richtete sich Jay auf und umklammerte Jonahs Handgelenk. Zu seinem Ohr beugte er sich hinunter, flüsterte. Viel zu leise, um eine Silbe zu verstehen. Gerne hätte ich gewusst, was sie abmachten, denn Jonah nickte.
Bevor er abhaute, winkte ich ihn zu mir. Aus großen Augen - genauso wie er es früher immer getan hatte - starrte er mich an. Vom Finger zerrte ich Jonahs Ring.
>> Ich benötige meinen. <<
>> Oh <<, machte dieser.
Enttäuschung las ich in seinen Augen, dennoch streifte er meinen Ring vom Finger. Seine Hand nahm ich in meine, steckte ihm den Ring an den Finger. Bis zu den Ohren, und drüber hinaus, lief Jonah knallrot an. Den Rücken streckte ich durch und küsste ihn auf die Wange. An seinem Ärmel musste Jay zerren, so dass er sich überhaupt von der Stelle löste.
Fast hatten sie die Treppe erreicht, welche in den Keller führte, da erhob sich Jack.
>> Haydn! <<, donnerte dieser.
An Jonahs Statur erkannte ich, dass er erstarrte. Allein an der Reaktion gemessen, war ich mir sicher, dass er ihn nicht oft bei seinem ersten Vornamen nannte. Ihm schien ordentlich, etwas gegen den Strich zu gehen. In mir tat sich das Gefühl auf, den Streitschlichter zu spielen.
>> Ich war nachsichtig mit dir, da dein Vater dich rausgeschmissen hatte, aber... << Er legte eine Pause ein. Vielmehr, da er nicht zu wissen schien, wie er sich ausdrücken sollte. >> Ich weiß, es ist viel Verantwortung, die man dir aufgebürdet hat. Und ich weiß, dass du dieses Schicksal nicht wolltest, aber... Ich mache mir Sorgen um das Leben aller und du bist der einzige Weg, um uns aus dieser Misere zu befreien. << Paar Schritte machte er auf Jonah zu, welcher sich nur langsam ihm zuwandte. >> Versprich mir, dass du so schnell wie möglich zurückkehrst. Ich helfe dir bei allem. <<
Leer starrte Jonah seinen Onkel an. Es war schwer zu deuten, was er dachte. Schließlich nickte er und ließ zu, dass Jack ihn umarmte. Danach verschwanden Jonah und Jay in Richtung Keller.
Mit rotunterlaufenen Augen kehrte Jack an den Tisch zurück, setzte sich nicht. Stattdessen guckte er mich an. So wohl schien er sich nicht zu fühlen. Ich war mir sicher, dass er und Jonah nicht oft aneinandergeraten waren.
>> Hab bitte ein Auge auf ihn. <<
>> Immer <<, erwiderte ich.
In der Runde sah er sich um.
>> Auf den Rest auch. <<
>> Natürlich <<
Väterlich tätschelte er meine Schulter, bis das Klopfen abebbte und schließlich seine Hand auf meiner Schulter ruhte. Anhand des festen Griffs merkte man, dass er körperlich viel arbeitete. Ich versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen.
>> Wir sind zwar wieder unterwegs, aber du kannst uns jederzeit erreichen. <<
Ich nickte. Bevor ich nach dem Wie fragte, war er mit seinen zwei Männern im dunklen Flur verschwunden.
Jeder guckte mich an. Insbesondere San. Keine Sekunde konnte er die Augen von mir lassen. Für ihn war es wahrscheinlich unvorstellbar, dass sein Lieblings-Manhwa real war. Aus seiner Sicht machte vieles momentan keinen Sinn. Verständlich.
Mit meinen Gedanken war ich so abgelenkt, dass ich nur am Rande bemerkte, dass Quinn sich die Bank entlang quetschte. Lediglich seinen hellen Pulli erhaschte ich am Treppengeländer. Gott. Warum war er so schnell?
>> Quinnie! <<, rief ich.
Unter Jong Hos bösen Blick richtete ich mich auf und stieß mit einem groß gewachsenen Mann zusammen.
>> Pass auf, Beautiful <<
Ein kalter Schauer kroch meinen Rücken hinunter. Sofort lag mir ein Name auf der Zunge. Isaac. Zu einem freundlichen Lächeln hatte er seine Lippen verzogen. Trotzdem verspürte ich einen Wall an negativer Energie, so dass ich paar Schritte Abstand nahm. Etwas gefiel mir nicht.
Callum und Matty rutschten gleichzeitig hinaus und begrüßten ihn mit einem Handschlag. Offensichtlich kannten sie ihn, aber... Von der Seite musterte ich Isaac. Sein dichtes blondes Haar hatte er leicht zurückgekämmt, sodass ihm die Längen bis in den Nacken reichten. Im Gegensatz waren die Seiten raspelkurz geschoren. Sonst war er sehr elegant gekleidet; bodenlanger Mantel, Hemd und Chino. Vielmehr interessierten mich seine Augen. Ein tiefes - fast schon unnatürliches - Dunkelbraun. Da war noch was, er trug einen Ring. Keinen Ehering. Dieser hier war lapislazuliblau, wie meine.
Irgendwann fing er meinen Blick auf und schmunzelte.
>> Raphael <<, sagte er, schüttelte den Kopf. >> Verrat mir, was ich an mir habe, das Engel nicht mögen? <<
Genau dieser Satz löste meine Beklommenheit aus. Leicht zuckte ich zusammen, trat trotzdem auf ihn zu.
>> In deinen Augen sieht man die Hölle <<, flüsterte ich. Auf dem Tisch schnappte ich nach der schwarzen Mappe, die Jack liegen gelassen hatte, und Azraels Ring. Mir entging nicht, dass Isaac diese keine Sekunde aus den Augen ließ.
Leise kicherte er.
>> Ich bin ein Hexenmeister, kein Dämon. <<
>> Deine Mutter nicht <<, erwiderte ich. >> Du hast Dämonenblut in dir, das widert Engel an. <<
Er schwieg, aber die Vergeltung las ich in seinen Augen. Lange musterte ich ihn, bevor ich mich abwandte und den Weg Richtung Ausgang ansteuerte.
>> Elo <<, rief Seth. >> Wo gehst du hin? <<
Lediglich blieb ich stehen, drehte mich nicht um. Meine Augen fielen auf Azraels Ring in meiner Hand.
>> Ich muss kurz mit jemandem reden <<, antwortete ich. Keine Ahnung, warum ich jemand sagte. >> Wartet nicht auf mich. << Ich dachte an Quinn und Alec. Auch ihnen hatte ich einen Ring gegeben. >> Ich finde schon zu euch. <<
Egal, was Seth dann sagte, ich ignorierte ihn. Zuerst musste ich etwas klären.
Zufall, dass Quinn genau in dem Moment abhaute, bevor Isaac aufgetaucht war? Ich war mir sicher, dass Quinn ihn gesehen hatte. Musste. Er hatte im perfekten Blickwinkel gesessen.
Guss öffnete die Tür von außen, als ich den Pub gerade verlassen wollte. Mehrmals entschuldigte er sich, was ich mit einem Lächeln annahm. Auch ihn beobachtete ich eine Weile, bevor ich meine Augen abwandte. Entweder war ich paranoid oder meine Intuition funktionierte besser als sonst. Bei Guss hatte ich dieselbe negative Energie gespürt.
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The Pirate's Prince
FanfictionDer 24-Jährige Park Seong Hwa lebt sein gewöhnliches Studentenleben, bis er auf einer abendlichen Lesung den bekannten Manhwa-Zeichner Kim Hong Joong kennenlernt. Sofort verspürt Seong Hwa eine magische Anziehungskraft zu ihm, als kennen sich beide...