Ep 57 - Hong Joong

5 2 0
                                    

Wie damals saß ich auf der Holztruhe am Steg. Blickte übers Meer. Hinauf zum Himmel. Tausende Sterne ließen diesen fast taghell erstrahlen.
Fest umklammerte ich die Kiste, in welcher sich Cromer befand. Die Parallelen zu vor vier Jahren waren erschreckend, dass ich mich nicht traute, aufs Schiff zu gehen. Zwar hatten Jay und Seth dieses gründlich gereinigt, dennoch wusste ich haargenau, an welcher Stelle mich Zacharias erschossen hatte. Bisher hatte ich nur im Augenwinkel zum bunten Treiben auf Deck gesehen.
Der gravierende Unterschied war, dass Elo uns dieses Mal begleitete. Es gab keine faulen Tricks, die Quinn herbeigeführt hatte.
Beinahe wagte ich es nicht auszusprechen, aber unser Vorhaben verlief glatt. Weder Lucifer noch Zacharias oder der doch-noch-lebendige Isaac hatten uns in den letzten Wochen sabotiert. Keine Soldaten, keine Überraschungsbesuche. Nichts.
Ich konnte mich nicht darüber freuen, denn ich dachte ständig an einen Hinterhalt. Wie damals. Ein weiterer Unterschied; diesmal entsprach es der Weissagung. Meine fünf Freunde, die ich durch Elo kennengelernt hatte, waren ein Teil meiner Mannschaft. Ein Grund, warum ich mich ein stückweit sicher fühlte, dass wir Cromer an seinen rechtmäßigen Platz bringen würden.
>> Captain? << San streckte die Arme nach der Kiste aus. >> Ich würde Cromer an Deck bringen. <<
Ich nickte und reichte ihm diesen. Ohne das Gesicht zu verziehen, nahm er die Kiste entgegen. Schleppte sie an Bord. Bei jeder Bewegung spannten sich seine Muskeln an. Bewundernswert, wie Jay und Seth aus ihnen echte Krieger gemacht hatten.
Dann wanderte mein Blick erneut Richtung Horizont. Von einem Sonnenaufgang waren wir noch weit entfernt. Hoffentlich reichten Alecs errechneten Tage, bis der schwarze Vollmond erschien. Leichte Umrisse waren von diesem bereits sichtbar.
Plötzlich strich jemand über meinen Rücken. Für mich zu plötzlich, dass ich zusammenzuckte. Dennoch beruhigte ich mich in der nächsten Sekunde; an seinem Geruch erkannte ich Elo.
Zu meiner Rechten sah ich. Mit seinem weißen Gewand, dem silber-blauen Schwert und den blonden Haaren leuchtete er beinahe so hell wie die Sterne am Himmel.
Aus besorgten Augen musterte mich dieser. Graulte meinen Nacken, ehe er sich zu mir setzte. Um meine Schultern schloss er seinen Arm.
>> Alles gut? <<
Wahrheitsgemäß zuckte ich die Achseln.
Mithilfe seines anderen Arms umfasste er meinen Bauch und zerrte mich zu sich. Stützte den Kopf an meinem.
>> Es ist zu ruhig <<, sagte ich, >> Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Lucifer kampflos einen Krieg führt. Insbesondere, da er- <<
Elos butterweiche Lippen berührten sachte meinen Nacken, dass ich erneut zusammenzuckte. Hitze stieg mir in die Wangen.
>> Nicht hier <<
Beleidigt guckte er, zog eine Schnute. Keine Sekunde später wurde sein Ausdruck ernst.
>> Es gefällt mir auch nicht <<, erwiderte dieser. >> Es passt nicht zu ihnen. <<
Ich nickte.
Nachdem Seth meinte, sie wären startklar, richtete ich mich auf.

Die nächsten Tage verliefen nach demselben Schema. Steuern, Route berechnen, schlafen.
Mit zittrigen Händen umgriff ich das Steuerrad. Der Wind war eiskalt. Bisher hatten wir Glück mit dem Wetter. Zwar hatte es geregnet, doch Stürmen waren wir entkommen.
>> Geh rein <<, sagte Jay, >> Wärm dich auf, wir kommen auch gleich. <<
Yun Ho blickte von der Karte auf, nickte.
Mit einem weiteren Nicken vergewisserte ich mich ihrer Aufforderung und stieg hinunter in die Kabine. Am Tisch saß San, der Woo Young beim Kochen beobachtete. Min Gi zerschnitt fleißig Gemüse. Dass ich kein Fan von Grünzeug war, war ihnen wohl entgangen.
Neben San ließ ich mich nieder. Verschränkte die Arme vor der Brust, um mich zu wärmen. Müde schloss ich die Augen. Lauschte ihrer unsinnigen Diskussion über Min Gis ungleiche Kohlwürfel.
Nach und nach tauchten die anderen auf, verteilten sich um den großen L-Tisch.
Eine Weile spielten alle Karten, bis Woo Young kreischend aufsprang, um den Eintopf zu retten. Mit Min Gis Hilfe befüllten beide Schüsseln, welcher Zweiter ringsum den Tisch vor jedem platzierte.
Skeptisch musterte ich die blubbernde Suppe, ehe ich nach dem Löffel griff. Immerhin schwammen paar Fleischstücke darin-
>> Schmeckt's dir nicht? <<
Woo Youngs Ausdruck nahm enttäuschte Züge an. So sehr wuchs mein Schuldgefühl, dass ich einen Löffelvoll Gemüse in den Mund stopfte. Allein der Geschmack löste Übelkeit aus. Immerhin lächelte er.
Im Augenwinkel musterte ich Seth, der mich mit einem breiten Grinsen bedachte.
Beim Abspülen half ich Elo. Zumindest sah ich ihm dabei zu. Die kleinsten Dingen ließen ihn majestätisch wirken.
>> Wenn du nur rumstehst, kannst du dich auch zu den anderen- <<
Sofort griff ich nach dem Geschirrhandtuch und der Schüssel im Becken.
>> Sorry- du- du bist- <<, stammelte ich.
Was er war, würde Elo nie erfahren, denn ich schwieg. Stumm fasste ich ins Eiswasser und trocknete eine Schüssel nach der anderen ab.
Ohne das Handtuch aufzuhängen, suchte ich meine Kabine auf. Ich war so müde, dass meine Beine mich kaum mehr tragen konnten. Ehe ich die Tür schloss, nahm Elo die Klinke in die Hand.
>> Du schläfst doch gar nicht <<, gähnte ich. Wandte mich streckend gen Bett.
>> Stimmt <<, bestätigte dieser, schnappte nach meinem Handgelenk. >> Aber ich will Zeit mit dir verbringen. <<
Ein Lächeln umschmeichelte seine Lippen.
>> Die Wände sind dünn. <<
Sein Grinsen wurde zu einem Lachen und zerrte mich in den Arm. Lange drückte ich mich an ihn, bis ich mich von Elo löste. In meinen Pyjama wechselte.
Unter die Decke folgte mir dieser. Umfasste meine Taille. Nah zerrte er mich mithilfe dieser an sich.
>> Waaas? <<, kicherte ich. Spürte, wie warm meine Wangen wurden. Jeden Millimeter meines Gesichts schien er zu begutachten. >> Was ist denn? <<
>> Nichts << Elo schüttelte den Kopf. >> Darf ich meinen attraktiven Freund nicht anschauen? <<
Nun war es vorbei. Auf beiden Wangen prickelte Hitze, dass ich mir sicher war, ich glühte wie eine Tomate. Schützend hielt ich mir die Hände vors Gesicht, vergrub dieses an Elos Schulter.
>> Jonah? << Unsicher lachte er. >> Was ist denn jetzt? <<
>> Nichts <<, murmelte ich. >> Du machst mich damit nur verlegen. <<
Unter mein Pyjamahemd stahlen sich seine Fingerspitzen. Knöpfte dieses auf, bis es meinen Oberkörper entblößte.
>> Hör auf <<, sagte ich. >> Mir ist unwohl- <<
Seine Lippen presste er auf meine, küsste mich leidenschaftlich. Über meinen Oberschenkel strich Elo. Verweilte mit der Hand an meinem Schritt.
Sofort fühlte ich mich in die Zeit mit meinem Privatlehrer zurückversetzt, als er mich gegen meinen Willen angefasst hatte.
Ehe seine Hand unterhalb meiner Briefs schlüpfte, stieß ich ihn weg.
>> Hör auf <<
Elos Gesicht wurde aschfahl.
>> Sorry <<, entschuldigte er sich, >> Ich- Ich- Ich weiß auch nicht- <<
Dann brach er in Tränen aus. Abgesehen von meinem unbeholfenen Oberarm-Tätscheln rührte ich mich nicht.
>> Ich vermisse dich schon, obwohl wir noch beisammen sind. << Meine Verwirrung schien er zu bemerken. >> Ich meine, du wirst altern. Ich nicht. Irgendwann willst du dich nicht mehr- << Tränen quollen aus seinen Augen. >> Ich hab Angst, dich zu verlieren. <<
Wie fies es klang, aber daran hatte ich noch keinen Gedanken verschwendet.
Um seine Taille schlang ich den Arm, weshalb er aufschaute. In sein Gesicht schlich sich ein leichtes Rosa. Oft hatte ich das noch nicht getan. Seine Augen zuckten nervös über mein Gesicht. Dann küsste ich ihn.

The Pirate's PrinceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt