Je länger er in der Menschenwelt verweilte, desto blasser wurden seine pechschwarzen Flügel.
Solange wartete Azrael vorm Auto, bis ich ausstieg. Tätschelte meine Seite, sobald ich ihn erreichte. Unentwegt musterte er mich im Augenwinkel, als wir den schwarzen Van ansteuerten. Ich traute mich kaum, ins Auto zu gucken. Zu sehr hatte ich Angst, welcher Anblick mich erwartete. Gerne ließ ich Azrael den Vortritt. Dieser zerrte die Beifahrertür auf, um zum Fahrer hinein zu lugen. Dass sich das Lenkrad auf der anderen Seite befand, hinterließ in mir ein übles Gefühl. Jemand aus unserer Welt.
Sein Ausdruck sprach Bände. Definitiv jemand, den ich kannte. Musste. Schließlich hatte mich die Person um Hilfe gebeten.
Kaum traute ich mich zu fragen.
>> Wer- <<
>> Isaac <<, unterbrach mich Azrael.
In mein Hals bildete sich ein Kloß, der sich auf ein Vielfaches vergrößerte, dass ich das Gefühl hatte, mich zu übergeben. Plötzlich fiel mir der Moment ein, als ich im Pub mit ihm zusammengestoßen war. Einen Ring hatte er getragen. Einer von meinen.
Ich fühlte mich grauenhaft. Verantwortungslos. Harsch war ich zu ihm gewesen, obwohl er einst mein Schützling war. Ich atmete tief ein, versuchte mich zu beruhigen. Dennoch brachte ich mein Hirn nicht zum Schweigen. Ich war Schuld. Meine Alleinige. Das Wort Schuld hallte in meinem Kopf nach. Unaufhörlich.
Wie gelähmt verharrte ich neben dem Auto, beobachtete Azrael, dessen Ausdruck etwas Mitleidiges angenommen hatte.
>> Es ist in Ordnung <<, flüsterte dieser. Streichelte mit den blassen Fingern meinen Oberarm. >> Du kannst nicht jeden retten. <<
Tränen traten in meine Augen. Obwohl ich mich zum Nicken zwang, änderten seine Worte nichts in mir. Ich war Schuld. Daran ließ sich nichts rütteln. Mir graute vorm Gespräch mit Isaacs Vater, wenn ich ihm erklärte, dass sein Sohn tot war.
Während Azrael Isaacs Seele von seinem Körper absorbierte, schritt ich hinüber zum anderen Auto. Sperrangelweit standen beide Türen offen, beide Airbags waren zur vollen Größe aufgebläht. Im Innenraum dudelte noch das Radio. Sie hatten es wohl sehr eilig gehabt, zu fliehen. War jemand in der Nähe gewesen?
Auf dem ersten Blick erkannte ich nichts Verräterisches. Doch unterm Beifahrersitz klemmte eine Umhängetasche, aus welcher Papiere ragten, dessen Briefkopf Lucifers Rune zierte. Unsicher, ob ich diese öffnen sollte, wandte ich sie in den Händen. Kehrte zu Azrael zurück, der sich damit abmühte, Isaac vom Gurt zu befreien. Mit meiner Hilfe hievte er ihn vom Fahrersitz. Zusammen ließen wir ihn gen Boden sinken.
Getrocknetes Blut umrandete seine Lippen, eine Wunde klaffte an seiner Schläfe, welche vermutlich die Ursache seines Todes war. Plus die kollabierte Lunge. Je länger ich ihn ansah, desto schlechter wurde mir. Ich hatte ihm vorgeworfen, ein widerliches Wesen zu sein. Seine Verletzungen bewiesen, dass er mehr Mensch als Dämon war. Schuldgefühle überwältigen mich, dass mir die Luft wegblieb.
>> Stellst du den Totenschein- << Von der Seite musterte mich Azrael, bemerkte anscheinend sein fehlendes Taktgefühl. >> Ich frage Saniel. <<
In der Hocke kniete ich mich neben Isaac. Küsste seine Stirn. Zittrig fuhr ich über seine Augen, um die Lider zu schließen. Seine erkaltete Hand umfasste ich. Spürte, dass die Leichenstarre bereits eingesetzt hatte.
>> Es tut mir leid <<, murmelte ich. Unter meinen Lidern brannten Tränen. >> Hoffentlich kannst du mir verzeihen. Und wenn nicht, sei froh, ich werde es mir nicht. << Auf seiner Brust platzierte ich meine Hand. >> Leb wohl. Ich hoffe, dein nächstes Leben wird fröhlicher. <<
Ich ließ von ihm, richtete mich auf. Erwartungsvoll musterte mich Azrael, woraufhin ich nickte. Unter Isaacs Oberschenkel und Rücken schob dieser seine Arme, hievte ihn hoch.
>> Wir sehen uns <<, verabschiedete er sich.
Schlicht nickte ich. Hoffte, dass unser nächstes Zusammentreffen nicht aufgrund eines Todes war.
Seine flauschigen, schwarzen Flügel breiteten sich zur vollen Gänze aus. Hoch gen Himmel blickte er und entschwand mit einem Rauschen.
In mir blieb ein leeres Gefühl zurück. Quälte mich zum Auto zurück. Auf den Fahrersitz ließ ich mich plumpsen, umklammerte das Lenkrad. Wie ein Anker hielt mich dieses in der Gegenwart.
>> Was ist- <<
>> Isaac <<, unterbrach ich San. Zwang mich, meine zittrige Stimme zu übertünchen. >> Er ist tot. Umgebracht von Lucifers Leuten. <<
Die Tasche gab ich an Seth weiter.
>> So eine hat- hatte Isaac auch <<, bemerkte ich Seths Kommentar weit am Rande. Registrierte es kaum.
An die Vision erinnerte ich mich, als Isaac mich am Handgelenk gepackt und zu Quinn geführt hatte. Wie tragisch sein Tod war, etwas bewies es allemal. Beide steckten nicht mit Lucifer unter einer Decke. Von welchem Plan hatte Quinn dann gesprochen?
DU LIEST GERADE
The Pirate's Prince
FanfictionDer 24-Jährige Park Seong Hwa lebt sein gewöhnliches Studentenleben, bis er auf einer abendlichen Lesung den bekannten Manhwa-Zeichner Kim Hong Joong kennenlernt. Sofort verspürt Seong Hwa eine magische Anziehungskraft zu ihm, als kennen sich beide...