Sans Wecker war ich dankbar, als dieser um sieben Uhr rang. Mal wieder hatte ich einen meiner Albträume. Wurde von Soldaten verfolgt, die mich mit Flüchen gefoltert hatten.
>> Noch zehn Minuten <<, murmelte Woo Young, brachte den Wecker zum Schweigen.
Bis unters Kinn zerrte ich meine Decke, starrte gen Wand. Seit fünf Wochen wohnten wir hier, aber nun war Jonahs Deadline erreicht. Den Manhwa hatte er mit Zacharias Tod beendet, den Vertrag mit der Agency gekündigt. Heute war der Tag, an dem wir nach Gamma zurückkehrten. Noch wusste ich nicht, wie ich mich fühlte. Etwas zwischen positiv und negativ.
Gestern am späten Abend hatte ich mich heimlich davon geschlichen, um paar Sachen aus Elos und meinem Apartment mitzunehmen. Gleich hatte ich sie in meinen Koffern verstaut, die ich in der Früh in den Flur gerollt hatte. Hoffentlich ging niemand dran.
Unterm Kopfkissen nahm ich die Vibration meines Handys wahr. Ich zerrte es hervor, starrte auf die Textnachricht. Marc, zierte der Absender.
Hast du heute Zeit bby?
Mit zittrigen Fingern wischte ich die Nachricht aus der Mitteilungszentrale. Vergessen. Vergessen. Vergessen.
Jemand hämmerte gegen die Tür, was mich zusammenfahren ließ.
>> Seid ihr noch nicht wach?! << Seth >> In einer Dreiviertelstunde müssen wir los. <<
Wie letztes Mal reisten wir mit der Fähre. Sie wollten ihre Autos nicht hier lassen.
Durchs Zimmer ging ein Raunen. Küsse, die ich Woo Young und San zuordnete. Dass sie ein Paar waren, hatte mich noch nie gestört. Jetzt, wo ich es aktiv mitbekam, wünschte ich, sie würden sich wenigstens zurückhalten.
Aus dem Hochbett kletterte ich und stieß beim Absteigen mit Jong Ho zusammen. Spürte an meiner Taille seine Hand. Nur im Augenwinkel beobachtete ich ihn; rosa Flecken verteilten sich auf seinen Wangen.
>> Oh, sorry <<, machte ich.
Vor einer Woche hatte Elo ihn aus dem Krankenhaus entlassen. Ungern wollte ich, dass er sich wieder schlechter fühlte.
>> Alles gut <<, sagte dieser. In seiner Stimme hörte ich ein Lächeln. >> Du solltest aufpassen, wo du hintrittst. Nicht, dass du dich verletzt. <<
Beträchtlich langsam entfernte er seine Hand von mir, wobei mir nicht entging, dass er meinen Hintern streifte. War er schon immer so-
Ein Uuuhhh unterbrach meinen Gedankengang. Keck grinste Woo Young.
>> I think someone is flirting <<, flötete dieser.
Diesmal erreichte die Röte sogar Jong Hos Ohren. Nicht gerne gab ich Woo Young Recht, aber irgendwie verhielt Jong Ho sich seit geraumer Zeit anders gegenüber mir. Viel aufmerksamer. Fürsorglicher. Zuvorkommend.
>> Hör auf, Hyung <<
Vom Bett klaubte er sein Handtuch, entnahm dem Regal seinen Kulturbeutel und verschwand. Mit hochrotem Kopf.
Oberkörper frei, lediglich in Unterwäsche bekleidet, trat Woo Young neben mich. So nah, dass ich sein Shampoo roch.
>> Du weißt schon, er hat einen Crush auf dich? <<
Zwar ließ er seinen Satz wie eine Frage klingen, aber seine Intention war eine Feststellung. Schlecht konnte ich ihn ignorieren und so tun, als hätte ich ihn nicht gehört. Wie oft ich es bei vielem tat. Denn Woo Young war klar, dass ich ihn verstanden hatte.
Kurz schloss ich die Augen, atmete tief durch. Nicht recht wusste ich, was ich darauf erwidern sollte. Bisschen druckste ich herum. Wie ich Woo Young kannte, würde er nicht Ruhe geben, bis er das hörte, was er wollte.
>> Und wenn? <<, fragte ich.
Sein Lächeln wurde breiter, in meinen Arm pikste er.
>> Ja <<, dehnte dieser. Zwinkerte. >> Magst du ihn denn auch? <<
Ich schwieg. Schaute ihn an. Und überlegte mir eine Antwort, ohne etwas Konkretes zu sagen.
>> Wer bist du? <<, fragte ich rhetorisch. >> Armor? <<
Um seine Lippen legte sich ein verschmitztes Lächeln. Immerhin kam ich um eine Ja oder Nein Antwort herum. Nach meinem Kulturbeutel schnappte ich und verließ das Schlafzimmer. Aus großen Augen starrte mich Jong Ho an, als ich ins Bad trat. Ihm war es sichtlich unangenehm. Ständig wanderten seine Pupillen an mir auf und ab.
>> Ich mag dich nicht <<, nuschelte er durch Zahnpastaschaum. Für einen Moment guckte er zur Seite, als müsste er über seine Worte nachdenken. >> Ich meine, ich mag dich schon, aber als Freund... als guten Freund. Nicht dein Freund. Nicht als dein fester Freund. <<
Wieder schlich sich Röte auf seine Wangen. Prompt wandte Jong Ho sich ab, indem er auf dem Badewannenrand Platz nahm.
Ich tat ihm den Gefallen und ging nicht weiter auf sein Gestammel ein. Beobachtete ihn lediglich durch den Spiegel, als ich meiner Zahnbürste einen Klecks Zahnpasta verpasste. Neben dem Waschbecken lehnte ich mich an die kühlen Fliesen, sah ihn absichtlich nicht an.
Min Gi und Yun Ho waren die Nächsten, welche ins Bad trotteten. Anscheinend lasen sie die Anspannung im Raum, denn beide schwiegen. Setzten sich Zähneschrubbend zu Jong Ho auf den Badewannenrand. Im Gegensatz zu Woo Young, der so tat, als würde er einen Pfeil spannen und auf mich und Jong Ho zielen. Ugh. Ich bereute meine Aussage.
Allerdings blendete ich ihn aus, denn etwas anderes hatte meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Im Hausflur vernahm ich Stimmen. Wenn mich nichts täuschte, hatte jemand meinen Namen erwähnt.
Flur. Dann dämmerte es mir. Meine Koffer.
Panisch spuckte ich den Schaum aus, schmiss dabei die Zahnbürste ins Waschbecken. Die Fragen der anderen ignorierte ich. Wenn die meinen Koffer-
Im Flur stieß ich auf Seth und Alec. Zweiter hantierte an der Zughilfe.
>> Was hast du dort drinnen? <<, fragte dieser, >> Wackersteine? <<
Am Griff zerrte ich, bis Alec ihn schließlich losließ.
>> Ich wollte ihn nur ins Auto tragen <<, verteidigte er sich. Hob entschuldigend die Arme.
>> Ich- Ich- Ich muss noch was einpacken <<, erwiderte ich.
Nicht ganz gelogen. Tatsächlich fehlte noch mein Kulturbeutel und ich musste mich umziehen.
Bis Seth ihn zum Bewegen brachte, musterte mich Alec, als könnte er tief in meine Seele blicken. Irgendwann brach ich den Augenkontakt ab. Manchmal war er unheimlich.
Unter Stöhnen schob ich den Koffer ins Zimmer. Fragte mich, wie ich es geschafft hatte, ihn durch halb Seoul zu rollen.
Ins Bad kehrte ich zurück. Wie die Hühner auf der Stange hockten sie auf dem Badewannenrand, blinzelten mich an. Ein weiteres Mal ignorierte ich sie, spülte meinen Mund aus und wusch mein Gesicht. Zum Schluss verteilte ich ein bisschen Lipbalm auf den Lippen.
Hinter mir vernahm ich ein Seufzen. Woo Young beobachtete mich.
>> Stell dir vor; alles, was du brauchst, ist ein bisschen Lippenpflege, um hübsch auszusehen. <<
Hitze stieg mir in die Wangen. Sogar Jong Hos sahen aus, als hätte er sich mit Blush bepinselt. Öfter als vier Mal.
>> Du bist auch cute <<, erfüllte San sofort seine Pflicht als fester Freund.
>> Ooohhh, Sannie <<, quietschte Woo Young. Stützte den Kopf an Sans trainierter Schulter. Dieser lächelte, als wäre er überaus stolz über sein Kompliment.
Ew. Schon wieder könnte ich kotzen. Stattdessen verstaute ich meine Zahnbürste im Kulturbeutel und verließ das Bad. Dicht hinter mir drängte sich Jong Ho ins Schlafzimmer.
Während ich mit dem Reißverschluss des Koffers kämpfte, beobachtete er mich. So unangenehm. Kaum konnte ich mich konzentrieren.
>> Soll ich dir helfen? <<
Bereits stand er auf, aber ich wies ihn ab. Zerrte am Bügel, bis dieser paar Millimeter rutschte. Zentimeter für Zentimeter werkelte ich am Reißverschluss. Sprach mir gut zu, dass er nicht platzte.
In die einzige Lücke stopfte ich meinen Kulturbeutel. Gerade, als ich meinen Kampf erneut startete, trat Min Gi ein. Interpretierte meine missliche Lage und hockte sich auf den Koffer. Zuerst war ich erleichtert, denn ich war zu leicht und um Hilfe bitten, wollte ich nicht, bis ich registrierte, welch zerbrechlicher Gegenstand sich darin befand.
>> Nein <<, stotterte ich. Scheuchte Min Gi vom Koffer.
Am Kopf kratzte sich dieser, guckte mich verwirrt an.
>> Wie willst du ihn dann schließen? <<, fragte er.
Ja, wie sollte ich ihn sonst-
Für einen Moment schloss ich die Lider. Ich erinnerte mich daran, wie ich ihn heute Früh im Apartment geschlossen hatte. Klar. Magie.
Aus meinem Koffer kramte ich meinen Kulturbeutel hervor, wobei Unterwäsche und Socken rauspurzelten. Super unangenehm. Wärme spürte ich auf meinen Wangen. Wild stopfte ich die Sachen irgendwo rein.
Im Kulturbeutel wühlte ich. Suchte nach meinem Zauberstab. Nirgends entdeckte ich ihn. Panisch schüttete ich den Beutel auf dem Bett aus, bis der 25 Zentimeterlange Stab zwischen Skincare-Produkten herausfiel.
Sobald ich danach schnappte, kehrten Woo Young und San zurück. Keine Ahnung, was beide solange im Bad getrieben hatte, aber Sans Lippen wirkten leicht gerötet.
>> Wow <<, machte Woo Young, entriss mir den Zauberstab. >> Das ist ja wie bei Harry Potter. <<
Ein bisschen schlenkerte er den feinen, silbernen Stab. Funken sprühten, wirbelten herum und trafen schließlich die Deckenlampe. Der Lärm war ohrenbetäubend, dass ich in eine Schockstarre verfiel. An etwas erinnerte mich der Ton.
Rechtzeitig zerrte mich Jong Ho in eine Umarmung. Schirmte mich ab, als die Lampe zerbarst. Meinen Schrei erstickte er an seiner Brust. Umklammerte fest meine Taille. Plötzlich setzte Herzrasen ein.
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The Pirate's Prince
FanfictionDer 24-Jährige Park Seong Hwa lebt sein gewöhnliches Studentenleben, bis er auf einer abendlichen Lesung den bekannten Manhwa-Zeichner Kim Hong Joong kennenlernt. Sofort verspürt Seong Hwa eine magische Anziehungskraft zu ihm, als kennen sich beide...