Wir orientierten uns an den Sternen, um den richtigen Kurs einzuschlagen. Akribisch hatte ich alles in die Karte eingezeichnet. Es war fast unmöglich, dass wir uns verfuhren.
Eng zog ich die Jacke um mich; je schneller das Schiff wurde, desto kälter pfiff der Wind durch meine Klamotten. Mit vollen Segeln fuhren wir.
Ständig richtete Jay Kompass und Karte neu aus, so dass wir die Route beibehielten. Sobald absehbar war, dass wir den Kurs für mehrere Stunden hielten, zogen wir uns in die Kabinen zurück.
Wärme durchströmte meinen Körper, als ich bereits die Stufen hinabstieg. An den Tischen saßen sie zusammen. Entweder aßen sie, schliefen oder unterhielten sich. Kurz nickte ich ihnen zu und verkrümelte mich in die Kabine, dessen Tür Captain zierte. Auf dem Bett ließ ich mich nieder und zerrte mein Handy aus der Hosentasche. Kaum hatte ich Empfang, aber es reichte, um Elos Nachrichten zu öffnen.
>> Pass auf dich auf, trag meinen Ring <<
Ich blickte auf meine Brust hinunter. Durch den Ausschnitt lugte der Ring hervor, welchen ich nach wie vor als Kette bei mir hatte. In der zweiten Nachricht beschrieb er, wie sehr er mich liebte. Am liebsten hätte ich ihm geantwortet, aber dafür reichte mein Netz nicht aus. Ich hätte zuvor einen Router installieren lassen sollen.
Auf den Rücken wandte ich mich und starrte an die Decke. Beinahe fielen mir die Lider zu, ich war kaputt. Während ich einschlief, dachte ich an Elo.Bei den ersten Sonnenstrahlen plus ein vehementes Pochen gegen meine Tür weckte mich auf. Seth lugte hinein.
>> Gut geschlafen? << Seine Lippen umspielte ein spöttisches Grinsen. Bereits setzte ich zu einer Entschuldigung an, aber er winkte ab. >> Ist oke. <<
Danach verschwand dieser. Kurz wusch ich mein Gesicht, putzte Zähne und richtete mein Bandana. Als ich die Kabine verließ, war der Raum davor leer. Ich ging an Deck und beobachtete die Mannschaft, wie sie bereits tüchtig am Arbeiten war. Zum Steuerrad stieg ich die Stufen hinauf. Jay und Seth grüßten mich.
>> Wir sind auf Kurs <<, sagte Zweiter.
Ich nickte. Die Müdigkeit spürte ich nach wie vor in den Knochen. Schon öfter waren wir rausgefahren, aber diese Reise war etwas anderes. Es ging nicht darum, Karten zu zeichnen. Cromer musste an seinen rechtmäßigen Platz. Beinahe lähmte mich die Angst.
>> Wenn die Wetterverhältnisse weiterhin so gut bleiben, müssten wir die Insel in circa zwei Tagen erreichen <<, schätzte Jay.
Erneut nickte ich. Fast zeitgleich müssten wir zum Aufgang des schwarzen Mondes ankommen. Hoffentlich verlief alles glatt. Nach wie vor hatte ich meine Zweifel. Die Vision und Weissagung nagten an mir.
Den Vormittag verbrachte ich die meiste Zeit damit, hinterm Steuerrad zu stehen. Unerlässlich sprachen Seth und Jay miteinander. Dabei beugten sie sich über die Karte und zeigten wild darauf herum.
>> Warum wollt ihr den Kurs ändern? <<, fragte ich nach einiger Zeit. >> Wir haben doch keine- <<
Bevor ich weitersprach, eilte Matty mit dem Fernglas daher, welches er mir reichte.
>> Von überall kommen Schiffe. Wir sind umzingelt. <<
Ich setzte das Fernglas an. Weit am Horizont erkannte ich Schiffe. Mich interessierte die Flaggen. Alle zeigten eine Rune. Zacharias. Nach links und rechts wandte ich mich, aber es machte keinen Unterschied; sie fuhren aus jeglicher erdenklichen Richtung an. Ums Kämpfen kamen wir nicht drumherum.
Ich schrie meiner Mannschaft zu, sie sollten sich mit Waffen ausrüsten und Schutzrüstung anlegen. Als Letztes rannte ich hinunter, um mein Schwert zu holen. Dicht blieben Jay und Seth bei mir, sobald wir wieder auf Deck waren.
Unerträgliche Sekunden vergingen, bis die ersten unser Schiff rammten und die Reling hochkletterten. An Leinen führten sie Dämonen, die sie losließen und ihnen Befehle zuschrieen. Wie in meiner Vision. Alles wurde wahr. Danach stürzte auch ich mich ins Getümmel. Ich wusste nicht mehr, wie vielen ich die Schneide ins Herz rammte. Auf jeden Fall waren es eine Menge, die nicht weniger wurden. Von jedem Schiff kamen immer mehr Leute. Mittlerweile waren wir komplett eingekeilt. Wenn wir den Kampf gewannen, mussten wir uns freischießen.
Rücken an Rücken stand ich mit Jay und Seth. Im Flüsterton besprachen wir uns. Sie verteilten sich oben, ich blieb unten. Dann strömten wir aus. Auf dem Weg erledigte ich einen Dutzend an Kriegern. Dass ich bisher nicht verletzt war, wunderte mich.
Ich sah mich um. Überall lagen Leichen, Blut zierte das gesamte Deck. Unmöglich war es zu sagen, ob es meine Besatzung oder Zacharias' Leute waren. Über einen beugte sich der Todesengel Azrael, welcher bereits die Seelen aus den Toten befreite. Kaum schenkte er mir Beachtung.
Automatisch verharrte ich, als ich Zacharias inmitten seiner Leute erkannte. Ein gefährliches Grinsen blitzte in seinem Gesicht auf. Mit ausgestrecktem Schwert schritt er auf mich zu. Lange lieferten wir uns einen Kampf, bis er mich in einer unklugen Situation entwaffnete. Nah trat er an mich heran, nahm mich in den Schwitzkasten und presste eine Pistole gegen meinen Bauch.
>> Letzter Wunsch, Mylord? <<
Zwar erwiderte ich sein dreckiges Grinsen, aber innerlich schrie ich nach Hilfe. Dann drückte er ab. Blut sickerte durch mein Hemd, ich spürte, wie es hinunterlief. Vor Adrenalin vernahm ich keinen Schmerz.
Paar Schritte stolperte ich geradeaus, bis ich zitternd auf die Knie sank. Automatisch fasste ich zur Wunde. Hinter mir vernahm ich ein Rauschen. An meinen Schultern zerrte mich jemand zurück und in seine Arme. Ich zwang mich hochzuschauen, blickte in Elos hellblauen Augen. Tränen schimmerten in diesen.
>> Nein, nein, nein <<, heulte er. >> Das kann nicht sein. <<
Langsam schwand meine Sicht. Das Meer verblasste. Geräusche nahm ich nur noch dumpf wahr. Mein Atem und Herzschlag wurden schwächer.
Tief beugte sich Elo über mich und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. Kaum erwiderte ich diesen, dafür war ich zu schwach. Tränen spürte ich auf meinen Wangen.
Seine Hand legte er auf meine Brust, unter der es brennend heiß wurde. Den Kopf stützte er an meinem. Über mir vernahm ich ein wirres Murmeln. Latein?
>> Raphael? << Azrael kniete neben mir. >> Was machst du da? <<
>> Ich kann nicht zulassen, dass er stirbt. <<
>> Aber- <<
>> Ich liebe ihn, ich kann nicht mitansehen- <<
>> Du darfst dich nicht von deinen Gefühlen lenken lassen. Du kannst sein Schicksal nicht verändern- <<
Sekündlich wurde es anstrengender, ihrem Gespräch zu folgen, weshalb ich es irgendwann aufgab.
Das war's also. Sterben fühlte sich doch nicht so schlimm an, wie ich vermutet hatte. Abgesehen vom Schmerz in meinem Bauch. Irgendwann fielen mir die Lider vor Erschöpfung zu.
Hoffentlich überlebten meine Freunde wenigstens.
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The Pirate's Prince
FanfictionDer 24-Jährige Park Seong Hwa lebt sein gewöhnliches Studentenleben, bis er auf einer abendlichen Lesung den bekannten Manhwa-Zeichner Kim Hong Joong kennenlernt. Sofort verspürt Seong Hwa eine magische Anziehungskraft zu ihm, als kennen sich beide...