3 Jahre zuvor
Die Nacht war kalt und windig, aber dafür sternenklar. Zusammen mit Elo saß ich auf einer Holzkiste am Steg und beobachtete Jay und Seth, die das Schiff mit Lebensmitteln und Waffen beluden. In einer Samtkiste eingepackt stützte ich Cromer mithilfe meiner Oberschenkel.
Weder Elo noch ich sagten etwas, aber in seinem Gesicht sah ich, was er dachte. Sorge spiegelte sich in diesem wider. Sobald meine Besatzung mit Beladen fertig war, brachen wir auf. In vier Tagen würde der schwarze Mond zu sehen sein, bis dahin mussten wir die Insel erreicht haben. Wenn dieser am Himmel stand, leuchtete er mir den Weg zu Cromers Aufbewahrungsort. Meine Großmutter hatte gesagt, es wäre ein kahler, verlassener Raum, der zwei Meter unterhalb der Meeresoberfläche lag. Man müsste ihn in einem Silbergestell einhängen.
Seit Anbruch des Tages hatte ich ein mulmiges Gefühl. Ständig musste ich an die Vision denken, die ich im Krankenhaus gehabt hatte. Überall auf dem Schiff verteilt lagen Leichen. Dass weder meine Großmutter noch Onkel Jack der Vision glauben schenkten, bereitete mir Sorgen. Wenn ich Cromer nicht an seinen rechtmäßigen Platz zurückbrachte, würde bald das Böse über uns herrschen.
Was mir auch nicht gefiel, dass Elo nicht mitkam. Auf all unseren Reisen, um die Karte anzufertigen, war er dabei gewesen. Uns war nie etwas passiert. Bereits sah ich es als schlechtes Omen, dass er fehlte. Warum er nicht mitkam, hatte er uns nicht verraten.
Zum hundertsten Mal zupfte Elo an meinem Bandana und steckte mir die Haare hinein. Andauernd rieb er mir über die Schulter und Rücken.
>> Du bist so angespannt <<, schloss er. >> Was ist? <<
>> Etwas stimmt nicht <<, erwiderte ich. >> Ich hab das Gefühl, die Reise steht unter keinem guten Stern. Ich denke- Ich denke nicht, dass Cromer an seinemn Platz zurückkehrt. <<
Im Augenwinkel beobachtete ich Elo. Besorgnis stand ihm ins Gesicht geschrieben. Beinahe zerquetschte er meine Hand.
>> Warum? <<
Ich sah aufs Meer hinaus, die Nacht wurde schwärzer.
>> Erstens stimmt es nicht mit der Schicksalsweissagung überein, die die Seherin über mich gemacht hatte. Zweitens, meine Vision. Und drittens, du bist nicht dabei. Schon aus dem Grund- <<
>> Schicksalsweissagung? <<, unterbrach mich Elo.
Angestrengt versuchte ich, mich an den genauen Wortlaut zu erinnern.
>> Du wirst große Taten verbringen mithilfe 13 Freunden. Darunter ein Bekannter, fünf Freunde und die Liebe, die dich zu den restlichen Fünf führt. Auf Beistand von Engeln und Hexenmeistern kannst du hoffen. Engste Familie wird dich verraten, für das, was in dir schlummert. Dein letztes Leben hat begonnen, wenn du aus dem Tod erwachst <<, rezitierte ich. Gespannt musterte ich ihn, aber Elo schwieg. Enttäuschend. Eigentlich hatte ich gehofft, er könnte aus dem Geschwafel mehr sehen. >> Die fünf Freunde sind klar. Jay, Seth, Callum, Matty und Alec. Aber wer ist der Bekannte? Die Liebe, die mich zu den anderen fünf führt? Du hast mir keine fünf neuen Leute vorgestellt. << Auf Elos Wangen zeichneten sich rosa Flecke ab. >> Engste Familie wird mich verraten, das ist klar. Mein Vater hatte mich mit 14 rausgeschmissen. Und mein letztes Leben beginnt, wenn ich aus dem Tod erwache. Bedeutet ja eigentlich, dass ich sterben muss, oder nicht? <<
Stumm rinnen Tränen Elos Wangen entlang. Seine Hand verkrampfte sich um meine.
>> Ich will nicht, dass du gehst <<, flüsterte er.
Von der Seite guckte ich ihn an. So lange, bis er meinen Blick erwiderte.
>> Dann komm mit <<, erwiderte ich. >> Wie zuvor auch. <<
Elo schüttelte den Kopf. Danach brach er in Tränen aus. Markerschütternd hörte sich sein Weinen an, das Gesicht schützte er mit seiner rechten Hand. Nicht ganz so recht wusste ich, was ich tun sollte, da ich noch immer Cromer festhielt und meine rechte Hand umklammerte Elo. Stattdessen blieb Alec vor uns stehen. Ununterbrochen rieb er ihm über den Rücken.
>> Noch drei Kisten fehlen, dann sind wir fertig. <<
Auf Alecs Meldung heulte Elo umso lauter auf. Alec sah mich fragend an, aber ich presste nur die Lippen aufeinander.
Egal, was ich sagte, ich schaffte es nicht, ihn zu beruhigen. Jeder, der vorbeiging, musterte mich fragend. Es war mir furchtbar unangenehm.
>> Captain! <<, rief Jay. >> Wir sind fertig. <<
Ich richtete mich auf, Elo folgte mir und nahm mir Cromer ab, den er auf der Holzkiste abstellte. Fest zerrte er mich in eine Umarmung und küsste mich. Lange. Sehr lange. Verstohlen schob sich seine Hand unter meine Lederjacke.
Neben mir hörte ich Seth räuspern.
>> Gents, wir müssten- <<
Mit einem letzten Kuss löste er sich von meinen Lippen. Sein Gesichtsausdruck brach mir mein Herz. Er litt. Sehr.
Ich lehnte mich zu ihm vor und nahm seine Hände in meine. Einen Kuss hauchte ich auf seine Wange.
>> Ich komme zurück <<, flüsterte ich in sein Ohr. >> Egal wie. Versprochen. <<
Noch einmal küsste ich ihn auf die Lippen. Sofort schlang Elo seine Arme um meine Taille. Wenn Jay nichts gesagt hätte, wäre es so weiter gegangen, bis wir Sex hatten. Zum Glück hatten wir das noch erledigt gehabt, bevor wir zu Hause abgereist waren.
Ich lud Cromer auf meinen Arm und stieg über die Planke aufs Schiff. Cromer reichte ich einen meiner Besatzungsmitgliedern, der eigentlich zu Onkel Jacks gehörte. Alle, außer Jay, Seth, Callum, Matty und Alec, waren eigentlich ein Teil von Onkel Jacks Mannschaft.
Zusammen mit Jay ging ich hoch zum Steuerkreuz und wartete aufs Signal, dass keinerlei Seile mehr mit dem Steg verbunden waren. Während ich das Schiff aus dem Hafen manövrierte, winkte ich Elo. Bis zum Ende des Stegs lief er vor. Ich sah noch, dass Onkel Jack ihn umarmte. Dann verschluckte die Dunkelheit beide.
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The Pirate's Prince
FanfictionDer 24-Jährige Park Seong Hwa lebt sein gewöhnliches Studentenleben, bis er auf einer abendlichen Lesung den bekannten Manhwa-Zeichner Kim Hong Joong kennenlernt. Sofort verspürt Seong Hwa eine magische Anziehungskraft zu ihm, als kennen sich beide...