KAPITEL 37

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XYLA

Nervös trommeln meine Nägel über die Tischplatte von meinem Esstisch. Mittlerweile ist es dunkel und ich starre ununterbrochen auf das Display meines Handys. Hunter hat sich noch nicht gemeldet, nachdem sie zu ihrem Job aufgebrochen sind. Er hat mir versprochen, dass er sich melden wird, sobald er zu Hause ist. Seufzend fahre ich mir durch die Haare und fülle mein Weinglas auf. Es ist der vierte Rotwein, den ich mir einverleibe, weil ich panisch werde, wenn ich es nicht tue.

Seitdem ich von seinem Familiengeschäft weiß, macht es mich unruhig, wenn er unterwegs ist und ich nicht weiß, wo er steckt. Er hat nichts Genaues verraten, vermutlich weil ich sonst noch mehr ausflippe. Gegen Mitternacht greife ich nach meinem Handy und rufe ihn an. Umgehend springt die Mailbox an. Auch bei meinen nächsten Versuchen habe ich kein Glück.

Panisch lache ich auf, scrolle durch meine Kontakte, aber natürlich habe ich keine Handynummern von seinen Familienmitgliedern. Deshalb wähle ich den einzig logischen Weg für mich und rufe Mia an.

»Hm«, brummt sie verschlafen.

»Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken«, flüstere ich.

»Was ist los?«, murmelt sie und gähnt. Ich höre das Rascheln ihrer Decke und tapsende Schritte. »Gott, Xyla, es ist halb eins in der Nacht.« Ihr genervtes Stöhnen knipst mein schlechtes Gewissen an.

»Es tut mir leid. Ich wollte nur wissen, ob du zufällig was von Hugh gehört hast?« Das Piepsen der Verunsicherung lässt sie seufzen.

»Lass mich kurz nachsehen«, murmelt sie. Für einen Moment herrscht Stille, vermutlich scrollt sie durch ihre Nachrichten. »Negativ. Er hat sich seit gestern Nachmittag nicht mehr gemeldet. Weshalb fragst du?«

»Ich ... Also eigentlich wollte ... Ach, vergiss es, Mia. Nicht so wichtig. Schlaf weiter«, plappere ich und Mia schnauft.

»Xyla du holst mich nicht mitten in der Nacht aus dem Bett, um über nichts Wichtiges zu sprechen. Raus mit der Sprache. Ist was mit Hunter?« Schmerzen durchzucken meine Brust, weil ich nicht einmal weiß, ob mit ihm etwas ist. Vielleicht ist auch nur sein Handyakku leer und er ist noch beschäftigt. Oder sie sind noch nicht fertig und er hat sich deshalb nicht gemeldet. Erneut erklingt mein Name in einem warnenden Tonfall und ich verziehe schuldbewusst das Gesicht.

»Hunter wollte sich bei mir melden, nachdem sie eine ... Sache beendet haben. Bisher habe ich nichts von ihm gehört und mache mir Sorgen«, gestehe ich. Mia brummt verstehend.

»Ich sehe mal, ob ich Hugh erreichen kann. Aber ich glaube, dass er heute die Nachtschicht im Krankenhaus hat. Ich melde mich gleich wieder bei dir, okay?« Zustimmend bedanke ich mich und Mia legt auf. Zehn Minuten später ruft sie mich zurück. »Keinen Erfolg. Sein Handy ist zwar an, aber es geht nur die Mailbox dran. Mach dir keinen Kopf, okay? Wenn irgendwas mit Hunter wäre, dann hätte er sich bestimmt bei mir gemeldet, damit ich dir Bescheid gebe«, sagt sie sanft. »Schlaf ein bisschen, ja? Später sieht die Welt schon wieder anders aus.«

Ein weiteres Mal verabschieden wir uns, aber ich höre nicht auf ihren Rat. Zumindest nicht gänzlich. Ich gehe tatsächlich ins Badezimmer, putze mir die Zähne und wasche die Schminke von meiner Haut, aber ich liege noch stundenlang wach in meinem Bett. Immer wieder versuche ich, Hunter anzurufen, bis ich ihm eine wütende Nachricht schreibe.

›Gestern haben deine Finger vortrefflich funktioniert, als sie in mir gesteckt haben und plötzlich kannst du nicht einmal mehr eine Nachricht schicken? Wenn sie dir nicht abgehakt worden sind, hoffe ich, du hast dafür eine verdammt gute Erklärung.‹

Mit brennendem Zorn im Bauch schicke ich die Nachricht ab und schmeiße das Handy auf meinen Nachttisch. Schnaubend kuschle ich mich in meine Decke und kneife die Augen zu. Hunter wird sich heute melden. Ich rede es mir ein, weil mich alles Weitere zerfressen würde.

ERASE YOU | 18 +Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt