KAPITEL 56

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HUNTER

Sie ist völlig ahnungslos und ich liebe alles daran. Ich spüre die Verunsicherung deutlich, als sie sich an meine Brust kuschelt und tief einatmet. Seitdem ich mich benommen habe, wie der größte Vollidiot der Weltgeschichte, habe ich gegrübelt, wie ich es wiedergutmachen kann.

Erstaunlicherweise habe ich, dank Hudson, eine Möglichkeit dazu bekommen. Die Dekoration habe ich Hana und Ava aufgebrummt. Mia hat Xyla im Auge behalten. Hugh und Harrison haben sich um die Drinks und das Essen gekümmert. Hudson hat mit Goldie, die Leinwand und Sitzkissen vorbereitet, wobei sie andauernd knutschend irgendwo herumgefummelt haben, bis sie es dann endlich geschafft haben. Und ich habe mich um Popcorn und Snacks gekümmert.

»Ich habe heute Morgen gesagt, dass eine Überraschung auf dich wartet«, raune ich gegen Xylas Lippen und küsse sie ein weiteres Mal. Hugh gibt ein kindisches Würgen von sich, bevor er sich Mias Hand schnappt und sie mit sich zieht. Stechendes Brennen zuckt durch mein Bein, als ich mich mit Xyla in Bewegung setze. Kegan konnte sich seine Qualen wirklich nicht bis zum nächsten Tag aufheben, obwohl er von meinen Plänen wusste.

Ihre Heels klackern auf dem Marmorboden und ich kann das Zittern ihrer Hände spüren, während sie sich an meinem Arm festhält. Sie ist unruhig, vermutlich auch teilweise wegen des Interviews mit Greg Holmes. Aber sie ist hier. Bei mir. Bei meiner Familie. Genau dort, wo sie hingehört.

Ich schlucke den Kloß in meiner Kehle herunter und strecke den Rücken durch, so gut es mit den Krücken möglich ist. Wir gelangen in den großen Saal und Xyla keucht leise. »Überraschung, Trophy«, flüstere ich.

Xyla sieht mich eine Sekunde fassungslos an, bevor sich ihr Blick zuckend über die Umgebung bewegt. Der große runde Tisch in der hinteren Ecke des Raumes ist gedeckt. Ein riesiger Strauß in einer Vase, die wie eine Trophäe aussieht, ziert die Tischmitte. Glänzendes Besteck, polierte Gläser, edle Teller mit Goldrand. Hana und Ava haben sich ins Zeug gelegt. Der Geruch von Rosen, Nelken und Lilien durchströmt die Luft. Xyla hat Tränen in den Augen, als sie mich wieder anschaut. »Hunter«, wimmert sie und ein ungläubiges Lächeln zupft an ihren Lippen.

Ein lautes Poltern lässt uns zusammenzucken. Ein Fluchen, dann ein weiteres Poltern. Eine Stellwand fällt zu Boden, dann knallt Hudson mit heruntergelassener Hose direkt daneben. Er flucht und krümmt sich schmerzerfüllt keuchend. Goldie quietscht, schlägt sich die Hand vor den Mund und zerrt ihr Shirt zurück über ihre Brüste. Fassungslos sehe ich meinen kleinen Bruder an, der halb nackt auf dem Marmorboden liegt. Meine Brauen heben sich.

»Habt ihr gerade hinter der Stellwand gefickt?«, fragt Hana kichernd und grunzt. Das Lachen meiner Brüder schallt durch den Saal, während Hudson murrend seine Hose hoch zerrt. Goldie wirft mir einen entschuldigenden Blick zu, dann rauscht sie in Richtung Toiletten davon. Hana sitzt mittlerweile lachend auf dem Boden und wischt sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln. Hudson streckt ihr seinen Mittelfinger entgegen und fährt sich schnaufend durch die Haare.

»Das gehört nicht zur Überraschung«, murre ich angesäuert. Ich habe keinen blassen Schimmer, warum mein kleiner Bruder sich verhält wie ein Testosterontestlabor, aber ich werde den Teufel tun und mir die Laune von ihm verderben lassen. Xyla lächelt mich an und schüttelt kichernd den Kopf. Ihre Hände fahren über meine Wangen hinweg in meinen Nacken und sie drückt einen warmen Kuss auf meine Lippen.

»Womit habe ich das verdient?«, fragt sie leise und umarmt mich. Die Krücke fällt polternd zu Boden, als ich einen Arm um sie schließe.

»Du hast so viel mehr verdient, Trophy, aber im Augenblick ist das alles, was ich dir ermöglichen kann«, antworte ich und stupse mit meiner Nase gegen ihre. »In den letzten Monaten warst du konstant an meiner Seite, obwohl ich mich neunzig Prozent davon, verhalten habe wie ein Arschloch. Du hast mit mir gekämpft und mir die Kraft geliehen, die ich selbst nicht hatte. Dank dir stehe ich hier und werde mir auch noch den letzten Mann vornehmen können, sobald ich einigermaßen selbstständig laufen kann. Ich wollte mich damit entschuldigen. Mein Verhalten dir gegenüber war mies, respektlos und lieblos. Aber ab heute werde ich dich behandeln, wie du es verdient hast, hörst du?«

ERASE YOU | 18 +Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt