ERASE YOU | 18 +

KAPITEL 49

XYLA

Nach acht weiteren Wochen im Krankenhaus wird Hunter endlich entlassen. Er ist genervt, wütend und hat Schmerzen, die er hinter all dem Gemecker verbirgt.

Hugh hat einen mächtigen Einlauf kassiert, der ihn zu einem braven Lämmchen hat, werden lassen. Er traut sich kaum noch, mir in die Augen zu sehen. Ich sehe es jedes Mal, wenn er mich flüchtig mustert. Das massive schlechte Gewissen. Insgeheim bin ich ihm dankbar und weiß, dass er all seine Worte und Beschimpfungen nicht so gemeint hat. Sein Plan war, in den Sturkopf von seinem Bruder vorzudringen. Ein letzter Strohhalm, nach dem er gegriffen hat. Wofür ich ihm nicht dankbarer sein könnte. Außerdem bin ich zu Kreuze gekrochen und habe mich für mein unmögliches Verhalten mehrfach entschuldigt.

»Fuck. Ernsthaft, Kegan?«, feuert Hunter seinem Physiotherapeuten entgegen, als dieser mit einem schwarzen Rollstuhl das Zimmer betritt. Hunter sitzt auf der Bettkante und starrt die gesamte Zeit über fassungslos sein Bein an. Eine Krankenschwester hat ihm eine Schiene umgebunden, über die er sich pausenlos beschwert, weil sie angeblich seine Eier einschnürt. Ich gebe mir keine Mühe mehr, das zu kontrollieren, nachdem er mich dreimal dazu gekriegt hat und dann lieblich blinzelnd gefragt hat, ob ich mich um seinen Schwanz kümmern könnte. »Du willst mich aus dem Laden wirklich rausfahren, als wäre ich achtzig, was?«, zetert Hunter weiter, während Kegan ihm in den Rollstuhl hilft. Er hat eine ziemlich große Klappe für einen Kerl, der nicht einmal vier Schritte selbstständig gehen kann.

»Hattest doch die ganze Zeit auch nen Katheter, dachte, wir sollten uns dem Alterungsprozess deiner Blase anpassen«, grinst Kegan. Hunter brummelt und ich grinse Kegan an. Hunter kämpft sich in seine Jacke und lässt zu, dass ich seine Sporttasche auf seinem Schoß abstelle. Kegan schiebt ihn an die Tür, die ich aufhalte. Bevor er ihn weiterschieben kann, schlägt Hunter nach seinen Händen.

»Meine Finger funktionieren wieder vortrefflich, dank dir. Wenn du mich also meine Erniedrigung selbst bewältigen lässt?« Kegan tritt mit erhobenen Händen zurück und Hunter fummelt am Rollstuhl herum. Angestrengt halte ich das Grinsen zurück, unterdessen wirft Hunter verständnislose Blicke auf die Räder. Nichts bewegt sich. Ich beiße mir auf die Zunge, als er mir einen feurigen Blick zuwirft. »Hast du die Bremsen festgezogen, du Mistkröte?«, grunzt er in Richtung Kegan. Der schüttelt den Kopf und schmunzelnd. Er verbirgt seine Belustigung keineswegs. »Fuck. Na, schön«, meckert er und hebt kapitulierend die Hände. Kegan gluckst, löst mit einem fiesen Funkeln in den Augen die Bremsen und schiebt Hunter den Flur runter. Die zwei erinnern mich hin und wieder an Hana und Hudson. »Wenn ich wieder laufen kann, trete ich dir in den Arsch.«

»Ich bitte darum, dann habe ich meinen Job nämlich richtig gemacht«, erwidert er ungerührt. Hugh wartet vor dem Haupteingang mit dem Wagen.

»Hey«, murmelt er und schenkt mir ein verunsichertes Lächeln. Hunter sieht ihn zornig an und stemmt sich in den Stand.

»Dir übrigens auch«, zischt er in Hughs Richtung. Verdutzt zieht er den Kopf zurück und sieht mich fragend an.

»Er will dir in den Arsch treten«, klärt Kegan ihn seufzend auf. Hugh nickt verstehend und hilft Hunter auf die Rückbank.

»Sodass mein Schuh aus deiner dreckigen Fresse kommt, damit du lernst, Xyla nie wieder zu beleidigen«, schimpft er. Ich verdrehe die Augen und Hugh nickt mit verkniffenem Lächeln.

»Glaub mir, das ist mir in den letzten Wochen durchaus zur Genüge klar geworden«, murmelt er und schließt die Tür. Hunter wettert im Wagen weiter, während Kegan den Rollstuhl im Kofferraum verstaut.

»Denkt mal über meinen Vorschlag bezüglich der Psychotherapie nach, okay? Ich sehe dann in zwei Tagen nach ihm«, verkündet er. Sanft drückt er meine Schulter und wir verabschieden uns von ihm. Hugh rutscht auf den Fahrersitz und ich auf den Beifahrersitz. Hunter hält die gesamte Heimfahrt über die Klappe.