XYLA
Mit dröhnenden Kopfschmerzen sitze ich am Konferenztisch im Label und knabbere an meiner Lippe herum. Vor mir steht ein Wasserglas, daneben liegt eine Schmerztablette. Seitdem ich sie aus meiner Tasche geholt habe, kann ich mich nicht dazu überwinden, sie herunterzuschlucken.
Kopfschmerzen kommen mir unsagbar banal vor, weil Hunter mit so viel mehr zu kämpfen hat. Seine Schmerzen sind grässlich und hartnäckig, obwohl er es nicht zugibt. Ich sehe es in seinen Augen, wenn er nach Stunden die nächsten Medikamente nehmen kann. Er leidet und ist erleichtert, sobald die Wirkung einsetzt.
Tief atme ich durch, um die aufkommende Übelkeit zu unterdrücken, aber es gelingt mir nicht. Ich drehe die Tablette nervös im Kreis, bis ein schmerzhaftes Hämmern hinter meiner Stirn einsetzt.
Das Würgen bahnt sich in meinem Rachen an, sodass ich die Tablette herunterspüle und mein Glas wieder auffülle. Ich habe die letzte Nacht, seit Monaten das erste Mal, getrennt von Hunter verbracht und kaum geschlafen. Mir fehlt sein ruhiger Atem im Ohr, trotzdem hätte ich nicht in sein Zimmer gekonnt, selbst wenn ich gewollt hätte. Er hat die Tür verriegelt. Zwar habe ich vorsichtig angeklopft, aber bekam keine Reaktion. Mir ist durchaus bewusst, dass die Schmerzmittel ihn häufig in einen tiefen Schlaf reißen, trotzdem hat sich ein lähmender Schmerz in meiner Brust ausgebreitet.
Hana hat mir mitleidig seufzend das Gästezimmer gezeigt und ist dann schwankend in ihrem Zimmer verschwunden. Bedauerlicherweise konnte ich die ganze Nacht dabei zuhören, wie sie Wrens Namen gestöhnt hat und Hudson auf der anderen Seite Goldie angefeuert hat.
Mia legt den Kopf auf die kühle Tischplatte und murmelt vor sich hin. Sekunden später zuckt sie zusammen und setzt sich kerzengerade auf. Wütend starrt sie die Lampe über unseren Köpfen an, bevor sie einen ausgestreckten Mittelfinger in die Luft hält.
»Das Licht?«, frage ich flüsternd.
»Nein. Hughs verfluchter Finger auf dem verfickten Knopf«, zischt sie. Wieder zuckt sie zusammen und da höre ich es. Eine konstante Vibration, die sicherlich nicht von ihrem Handy kommt. Tief atmet Mia durch, überschlägt die Beine und beißt wimmernd in ihre Hand. »Verfluchter Mistkerl.« Ihr Handy leuchtet auf und sie greift zittrig danach. »Wage es dich nicht, Hugh«, zickt sie der Lampe entgegen. Dann folgt wieder eine Vibration und sie beißt die Zähne zusammen.
Ich will nicht über meine Freundin lachen, aber es passiert einfach. Allerdings bekomme ich nun ihre Verärgerung ab. Sie funkelt mich zornig an, bis mein Handy eine Nachricht ankündigt. Hunters Name flimmert über das Display. Schluckend entsperre ich den Bildschirm und öffne sie. ›Ich brauche Shampoo.‹
Seufzend sperre ich den Bildschirm, da geht bereits die nächste Nachricht ein. ›Ich brauche Duschgel.‹
Ungläubig starre ich auf seine zweite Nachricht. Bin ich sein Dienstmädchen? Ich will ihn fragen, ob er sich nicht lieber einen Einkaufszettel schreiben möchte, als mein Handy eine weitere Mitteilung empfängt. ›Ich brauche Zahnseide.‹
Fassungslos lache ich auf. Wütend pfeffere ich das Handy auf die Tischplatte und verschränke die Arme. Nach seiner gestrigen Aktion, von der ich den Mädels nach zwei Cocktails, einem Sekt und drei Shots erzählt habe, sollte er sich bei mir entschuldigen, ehe ich irgendetwas für ihn tue. Hana hat mir überschwänglich zugestimmt, obwohl sie im nächsten Satz von den liebevollen Sturköpfen ihrer Brüder geredet hat und meine Wut damit beinahe verpufft ist. Mia sieht mich forschend an, aber ich winke ab und schüttele den Kopf. Erneut kündigt mein Handy eine Nachricht an.
›Aber am wichtigsten, was ich am dringendsten von allem auf der Welt brauche, weil ich ohne nicht leben kann: Ich brauche DICH.‹
Mein Herz sticht schmerzhaft, dann explodiert die Liebe in meinem Brustkorb und ich lächle auf den Bildschirm hinab. Seitdem er wach ist, habe ich ihm unzählige Male gesagt, wie sehr ich ihn liebe; diese Nachricht ist bislang am nächsten an einer Erwiderung dieser Worte dran. Schlagartig verschwindet die Wut aus meinem Bauch und macht der tiefen Liebe Platz, die ich für Hunter Remington empfinde. Auch, wenn er gerade nicht er selbst ist. Irgendwann wird er es wieder sein. Mit zittrigen Fingern tippe ich eine Antwort.
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ERASE YOU | 18 +
Roman d'amour| DARK ROMANCE | Hunter Remington ist Xylas Traummann. Das weiß die millionenschwere Popsängerin, seitdem der talentierte und kreative Songwriter für sie arbeitet. Blöd nur, dass Hunter die Hochzeit mit seiner Jugendliebe plant und nicht das Gleiche...