ERASE YOU | 18 +

KAPITEL 43

XYLA

Ich bibbere am ganzen Körper, während ich mich im Wagen verstecke. Hunters Geschwister sind vor einer Stunde verschwunden und wenn sie in einer Stunde nicht zurück sind, soll ich fahren. Ich soll sie hierlassen. Das Versprechen hat mir Hugh abgenommen. Die Bedenken in seinen Augen haben mich fast umgebracht. In meinem Körper explodieren immer wieder kleine Bomben aus Schmerz und lassen mich wimmern.

Es fühlt sich an, als würde mein Herz langsam in seine Einzelteile zerfallen und in meinem Thorax verrottend in Flammen aufgehen.

Kopflos fummle ich an meinen Nägeln herum. Der Nagellack ist in den letzten fünf Tagen abgeblättert und ich zittere unentwegt. Blutige Stellen haben sich um meine Hände gelegt, weil ich an jedem Hautfetzen herumzupfe. Ich bin ein Wrack.

Ständig fliegt mein Blick angsterfüllt in Richtung des Gebäudes. Nichts passiert. Unruhig rutsche ich auf dem Platz herum, klammere mich an meine Leggings und an den Ledersitz. Im Wagen riecht es nicht nach Hunter und die Realität nimmt mir die Luft. Ich kann nicht mehr atmen, wenn ich seinen Geruch nicht um mich habe.

Japsend balle ich die Hände zu Fäusten und streiche mir über das Gesicht.

Sie helfen ihm.

Sie finden ihn und werden ihn retten. Ich habe die Entschlossenheit in Hudsons Augen gesehen, obwohl er mich vermutlich hasst. Mir entgeht nicht, dass er genervt von mir ist, aber ich kann nur an Hunter denken.

Eine Bewegung im Augenwinkel und ich drehe den Kopf. Hana reißt die Tür neben mir auf und wedelt mit der Hand. Ihr Gesicht ist bleich. Blut klebt an ihrer Haut und ich klettere wackelig aus dem Wagen. »Komm«, fordert sie und reißt die Kofferraumklappe auf. Hastig breitet sie eine Decke aus, zerrt die Warnwesten aus dem versteckten Fach und platziert sie wie ein Kopfkissen. Dann scheucht sie mich in den Kofferraum.

Sie schnappt sich einige Werkzeuge, knallt den Kofferraum wieder zu und verschwindet. Ich kann keinen Ton sagen, sondern starre ihr einfach nur nach. Sie verschwindet im Gebäude.

Meine Lippe zittert und die Tränen steigen in meine Augen. Ich darf jetzt nicht weinen, wenn ich nicht weiß, was mit ihm ist. Jeder Blick aus meinen Augen muss klar sein, geschärft.

Schluckend starre ich in die Dunkelheit, dann ist Hana wieder da. Sie reißt den Kofferraum auf, schmeißt eine Flasche Wasser in meine Richtung und lässt das Werkzeug unter der Abdeckung verschwinden. Tief atme sie durch, fährt sich mit den blutigen Fingern durch die Haare und schenkt mir ein zittriges Lächeln. »Du musst jetzt stark sein, okay? Und bitte kotz Hugh nicht den Wagen voll, einverstanden?«

Ich schlucke, nicke und recke das Kinn. Hana nickt zufrieden und flitzt davon. Dieses Mal lässt sie den Kofferraum offen. »Zieh' die Jacke aus!«, ruft sie mir noch zu.

Umgehend gehorche ich, reiße Hunters Jacke von meinen Schultern und lege sie neben mir ab. Keuchend warte ich. Die kalte Luft des Abends trifft meine Arme und schickt eine Gänsehaut über mich hinweg. Dann höre ich ihn. Hudson. Er flucht, zetert und er ... Hudson weint. Mein Herz setzt aus.

»Wag' es dich nicht, Hunt«, zischt er und schnieft. Um Gottes willen. Hastig blinzle ich die Tränen weg und kralle meine Nägel in meine Handflächen. Angestrengt kneife ich die Augen zusammen und mein Herz zerfällt zu Staub.

Hugh und Harrison haben Hunter. Die Hände unter seinen Oberkörper geschoben tragen sie ihm aus dem Gebäude. Hudson hält seine Beine, aber ist äußerst vorsichtig. Hugh zischt wütende Befehle und Hanas Hände schließen sich um Hunters Kopf. Sie weint.

Sekunden später hieven sie ihn in den Kofferraum und ich keuche. An seinem gesamten Körper klebt getrocknetes Blut. Einige Tropfen rinnen aus seiner aufgeschnittenen Jeans und sein Gesicht ist lückenlos angeschwollen. Seine wunderschönen Haare sind blutgetränkt, sein Mund steht einen Spalt offen und auch an seinen Lippen klebt Blut. »Hunter«, wimmere ich. Zitternd strecke ich die Hand aus, ziehe sie zurück und strecke wieder die Finger aus. Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, wenn ich ihn berühre.