number seventyseven

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"Babe there's something tragic about you, something so magic about you. Don't you agree?" From Eden - Hozier

...

TW: Gewalt

...

"Komm schon, Lou!", versuchte ich, ihn zu ermutigen, als ich spürte, dass er immer weniger bei der Sache war. Schon zum sechsten Mal schoss er den Ball neben das Tor. Trotzdem machte ich ein möglichst positives Gesicht, lief, um den Ball einzusammeln und kickte ihn zurück in seine Richtung. Seitdem er sich vor zwei Wochen von mir dazu überreden lassen hatte, wieder Fußball zu spielen, gingen wir fast jeden Tag in den Park und übten gemeinsam. Gestern hatte er mit jedem Ball ins Tor getroffen. Heute war er abgelenkt.

Vor einer Stunde hatte ich ihn von der Therapie abgeholt. Ob ihn dort etwas aufgewühlt hatte? Vielleicht sollte ich ihn lieber nach Hause bringen und den Abend etwas ruhiger ausklingen lassen.

Frustriert schmiss er den Ball auf den Boden und ließ sich mit einem "ich kann das einfach nicht!" daneben fallen.

"Aber da waren doch gute Ansätze dabei", antwortete ich und joggte zu ihm hinüber. Er sah zu mir auf, als ich ihm meine Hände entgegenstreckte. Seufzend ergriff er sie und ließ sich von mir zurück auf die Beine ziehen. "Das klappt nicht von heute auf Morgen, aber du machst Fortschritte. Es ist ganz normal, dass da mal ein paar schlechte Tage dazwischen sind."

"Die ganze Woche war schon scheiße."

"Gestern war doch gut." Er antwortete nicht. "Möchtest du lieber nach Hause?" Jetzt schüttelte er den Kopf. "Dann probieren wir es noch einmal, komm."

Erneut trat er gegen den Ball. Erneut schoss er daneben. Ich schloss die Augen. Ohje. Er stieß einen frustrierten Laut aus, während ich loslief, um den Ball zurückzuholen. Doch als ich ihn ihm reichte, schlug er ihn mir aus der Hand.

"Lass uns nach Hause gehen und es morgen noch einmal probieren, ja?"

"Glaubst du nicht, dass ich es schaffe oder was?" Wütend funkelte er mich an. Ich trat einen Schritt zurück. Er nahm kurz Anlauf, trat gegen den Ball und schoss erneut daneben. "Scheiße, das kann doch nicht so schwer sein!"

Ich zuckte zusammen und trat noch einen Schritt zurück. Ich hasste es, wenn er schrie. Wenn er wütend war. Doch ich konnte verstehen, warum er es war. Es war frustrierend. Für uns beide.

"Möchtest du darüber reden?", wagte ich, zu fragen.

"Reden?" Er lachte verächtlich. "Reden worüber? Über diesen Scheißtag? Dieses Scheißleben? Darüber, dass meine Mum mich wieder einweisen lassen will? Oder darüber, dass mich jeder anguckt, als wäre ich das größte Opfer auf diesem Planeten? Darüber, dass mich alle behandeln, als wäre ich zerbrechlich, nicht in der Lage, irgendetwas alleine hinzubekommen?"

"Lou, ich verstehe das, aber-"

"Nein, das tust du nicht! Du verstehst mich nicht. Niemand versteht mich!"

"Ich weiß, so meinte ich das auch nicht, ich-"

"Was meintest du dann, huh?" Er trat einen Schritt auf mich zu. Ich trat einen Schritt zurück.

Ich wusste, dass er mir niemals wehtun würde, dass es ihn mindestens genauso sehr verletzte, wie mich, wenn er mich anschrie. Doch ich wusste nicht, was ich sagen könnte, um die Situation zu deeskalieren.

"Lass mich einfach in Ruhe."

"Louis..." Ich streckte meine Hand nach ihm aus, doch er schlug sie weg.

"Geh einfach. Geh nach Hause."

"Louis, ich-"

"Verpiss dich endlich!"

Only For The Brave - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt