number fiftyseven

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"No matter what I do, you twist my words and get confused" fleabag - YUNGBLUD

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TW: Gewalt/Hass gegen trans*personen

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Nach einem langen Gespräch mit meinen Eltern packte ich am kommenden Wochenende den größten Teil meines Zeugs in Kisten und Kartons und am darauffolgenden Tag kamen Ash, Jessie und Alex vorbei und halfen mir bei meinem Umzug. Es fühlte sich komisch an, in Emrahs Zimmer zu wohnen. Ich wusste nicht, ob ich seine Poster von den Wänden nehmen und meine eigenen aufhängen durfte. Ich wusste nicht, ob ich die paar Klamotten, die er in seinem Kleiderschrank zurück gelassen hatte, tragen durfte und das, obwohl er einen Zettel mit meinem Namen darauf geklebt hatte.

Neugierig schob ich einen Kleiderbügel nach dem anderen zur Seite. Es waren nicht viele Kleidungsstücke und viele davon hatte er so gut wie nie getragen. Ich stieß auf den langen weiten Rock, den Emrah einmal in der Schule getragen hatte und ehe ich wirklich darüber nachgedacht hatte, hatte ich meine Jeans ausgezogen und war in das Kleidungsstück gestiegen. Grinsend drehte ich mich einmal vor dem großen Spiegel an der Wand um die eigene Achse und machte dann ein Foto davon, welches ich an Emrah schickte. Auf eine Antwort musste ich nicht lange warten, denn er kam sofort online.

Emrah: der steht dir fast besser als mir! :)

Ich: fast?

Emrah: ;)

Er schickte mir ein Foto zurück - ein Selfie - von sich und einem Typen mit dunklem Haar und braungebrannter Haut, der eine Sonnenbrille auf der Nase trug.

Emrah: das ist Aaron, wir haben uns letzte Nacht in der Jugendherberge kennengelernt

Ich: Oh, letzte Nacht also, ja? 👀

Emrah: halts Maul

Ich musste grinsen und steckte mein Handy in meine Umhängetasche, ehe ich meinen Koffer öffnete und mir einen Hoodie daraus nahm, um ihn über mein T-Shirt zu ziehen. Dann begann ich, meine Sachen auszupacken und in den hölzernen Kleiderschrank einzuräumen. Langsam füllten sich Emrahs Regale mit meinen Büchern, Fotos und Malsachen und als ich irgendwann all mein Zeug ausgepackt hatte, blickte ich auf das Schlüsselbund, welches auf dem Boden meines Koffers übrig geblieben war. Ich schluckte und nahm es in die Hand, drehte es langsam von rechts nach links.

Ein kleiner Fußball hing daran, eine Perlenkette in Regenbogenfarben und ein grüner Kristall.

Ich stand auf, um mein eigenes Schlüsselbund zu holen und den blauen Kristall, der daran hing neben den grünen zu halten. Louis und ich hatten sie zusammen gekauft auf einem unserer Dates, zumindest den grünen. Er hatte ihn damals in einem Schaufenster entdeckt und war der festen Überzeugung gewesen, dass er genau den Farbton meiner Augen traf. Dann hatte er ihn mit den Worten gekauft, dass er von nun an immer einen Teil von mir bei sich haben würde. Den blauen hatte er mir ein paar Wochen später als Aufmunterung geschenkt, als ich mitten in meinem Abistress gewesen war.

Ich sollte ihm den Schlüssel zurück geben. Schließlich hatte ich kein Recht mehr darauf, einen Schlüssel zu seiner Wohnung zu besitzen. Wahrscheinlich würde ich sie niemals wieder von innen sehen. Der Gedanke daran machte mich traurig. Seufzend legte ich beide Schlüssel in die oberste Schublade meines Nachttisches.

Ich musste ihn loslassen. Wie sollte ich jemals glücklich werden, wenn ich ihn nicht losließ?

Ich hoffte bloß, dass es ihm gut ging. Und auch, wenn es mich vor Eifersucht förmlich auffraß, hoffte ich, dass er jemanden gefunden hatte, der an seiner Seite war. Jemanden, mit dem oder mit der er über seine Gedanken und Gefühle reden konnte. Jemanden, den er an sich heran ließ, den er in seinen Kopf lassen konnte, wenn ihm danach war. Jemand, dessen Gesellschaft er wirklich wollte. Jemand, den er liebte. Den er mehr liebte, als er mich geliebt hatte.

Only For The Brave - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt