"Was machst du hier?" fragte der Mann im schwarzen Anzug und mit den braunen, zur Seite gekämmten Haaren.
"I-ich... zahle Miete...?" flüsterte ich und zog mich auf dem Boden zusammen. Mein Schluchzen musste ich unterdrücken, genauso wie die Erleichterung, ihn zu sehen.
Nandez bemerkte, dass ich zitterte.Ich beobachtete, wie er sich zu dem umwandte, der hinter ihm stand und... ausholte.
Humphrey ging nach einem einzigen Schlag zu Boden und blieb reglos liegen.
"Komm mit." war alles, was Nandez sagte, als er mich grob auf die Beine zog, und ich tat still, was er wollte.
Meine Schmerzen waren zu groß, um mich mit dem sturen Italiener zu streiten.Er zog mich aus dem Haus hinaus, zu einem schwarzen Auto, das direkt vor der Tür stand.
Ich trug jedoch rein gar nichts und fror, bei der plötzlichen Kälte.
"Hier, zieh die an." meinte Nandez, zog seine schwarze Jackettjacke aus und hing sie über meine Schultern.
Dankbar nickte ich ihm zu und öffnete die hintere Autotür.
Überraschender Weise starrte Zlata mir entgegen, sobald die Tür offen stand."Äh... Oh, hi..." murmelte ich überrascht und sah in ihre grün schimmernden Augen.
Kein Anblick, der sich mir oft gab.
"Kay? Was tust du hier? Und, oh! Warum bist du nackt!?" zischte sie und rutschte sofort auf den anderen Autositz.
"Komm rein!"
Sofort kam ihr nach und setzte mich auf die breite Rückbank. Meine Wangen waren bereits ganz heiß und ich wollte am liebsten im Boden versinken.
"... Du musst dich vor mir nicht schämen, ich habe viele Schlampen nackt gesehen. Erzähl mir lieber, was passiert ist." meinte Zlata neben mir, als sie meine Scheu bemerkte und ich atmete tief durch.Jetzt, da ich aus dem Haus raus war...
Gott, war ich durcheinander.
"Sollen wir dich ins Krankenhaus bringen?" "N-nein... das kann ich mir nicht leisten." entgegnete ich und sie sah mich entgeistert an.
"Hast du das Geld etwa-..." "Nein! Nein, ich hab' es nicht ausgegeben... wir haben es für meinen Bruder zurückgelegt. Er bekommt es, sobald er die Schule beendet hat." erklärte ich schnell und Zlata sah mich still an.
"Er... soll ein gutes Leben haben.""Du scheinst, ein gutes Herz zu haben." war alles, was sie erwiederte und ich stockte peinlich berührt.
"Äh... danke."
Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich entspannte mich etwas.
Auch, wenn sie einer illegalen Organisation angehörten, konnte ich ihnen vertrauen.Da öffnete sich die Autotür neben mir erneut und Nandez steckte seinen Kopf hinein, zu uns.
"Der Boss hat mich angerufen, weil wir so lange brauchen. Ich hab' ihm alles erzählt... Wir sollen Kay mit zum Penthouse nehmen." meinte er an Zlata gerichtet und ich hielt die Luft an.
Warum sollte Zale mich sehen wollen?
Was wollte er von mir?Unsicher sah ich Zlata an und sie seufzte. "Kann ich mein Handy von drinnen holen...? Ich will... meinem Bruder Silas bescheid geben." murmelte ich und Zlata schickte Nandez weg, um meine Sachen aus dem Haus zu holen.
Nicht zuhause zu sein, sobald Silas von der Schule kam, ging mir gegen den Strich, aber ich wollte Zale nicht widersprechen.
Je mehr ich über ihn wusste und spekulierte, umso klarer wurde mir, dass er ein sehr gefährlicher Mann sein könnte.
Eigentlich musste er das sein.
Besonders da ich in seinem Umfeld die einzige Person war, die ihn nicht mit »Boss« anredete..
Nach einer stillen Autofahrt in das reiche und schöne Viertel, in das mich Zlata schon einmal gebracht hatte, stieg ich aus dem Auto und sah mich um.
Im Auto hatte ich mir mein Gewand wieder angezogen. Normalerweise ging ich nach einem Besuch bei Humphrey sofort duschen.
Aber das würde noch warten müssen."Wow..." murmelte ich und betrachtete das Hochhaus, vor dem Nandez geparkt hatte. Es war das selbe wie letztes Mal.
Hier standen auch mehrere schwarze Autos, die eigentlich alle ziemlich gleich aussahen.
"Das gehört alles dem Boss, falls du dich fragst." meinte Zlata auf einmal und deutete auf das Hochhaus, vor dem wir standen.
"Wirklich?"
Fasziniert sah ich sie an und sie nickte.
"Komm, gehen wir rein." schaltete sich auch Nandez ein, ging an uns vorbei und schon voraus, durch die schwere, schwarz vergläserte Eingangstür.
Nach einem kurzen Blick zu Zlata folgte ich ihm an ihrer Seite.Das Gebäude war innen eher matt und modern, im Gegensatz zur äußeren Fassade.
Es war, wer hätte es gedacht, voll von Leuten in allerlei Anzügen und sehr offen.
Nur wenige Möbel schmückten die Eingangshalle, doch sah es keines Wegs langweilig aus.
"Der Boss sollte dort drüben sein." hörte ich Nandez zu Zlata sagen und sah, dass er zu einer Tür an einer Wand links neben uns deutete. Zlata nickte und winkte mir zu, worauf ich ihr folgte.Dabei fiel mir auf, dass mich sämtliche, anwesende Menschen anspähten und auch einiges Gemurmel durch die großen Räume huschte. Aber sowohl Zlata als auch Nandez ignorierten es. Also tat ich das auch.
Wir blieben ein paar Meter vor der Tür stehen, hinter der sich Zale befinden sollte, und mir wurde gesagt, wir würden hier warten.
Ich nickte nur still und verschränkte die Arme vor der Brust.Eigentlich... machte mir ein Besuch bei Humphrey nicht viel aus. Besonders, nachdem es bereits passiert war und ich etwas Zeit hatte, mich danach zu erholen.
Aber heute... schnellten meine Gedanken immer wieder zu ihm zurück.
Wie es weitergehen hätte können, wäre Nandez nicht aufgetaucht. Wieso auch immer er das getan hatte.
Seine Berührungen gingen mir einfach nicht aus dem Kopf.
Ich... sollte mich nicht so anstellen.
Reiß dich zusammen, Kay.Trotz meiner Bemühungen füllten sich meine Augen mit Tränen und ich starrte still die dunkle Massivholztür an, vor der wir standen.
Ich konnte gedämpfte Stimmen dahinter wahrnehmen. Eine davon gehörte Zale, die andere... einer Frau. Sie schienen, alleine dort drinnen zu sein.
Irgendwie gefiel mir der Gedanke nicht. Gerade gefiel mir gar kein Gedanke.
Ich wollte... nachhause. Mich in die Decke kuscheln. Mit... der Decke kuscheln.
Mir egal!
Oder vielleicht auch... mit... Zale.Wie... kam ich auf den Gedanken?
Seufzend schüttelte ich den Kopf und wischte grob über meine Augen.
Im selben Moment öffnete sich die Tür vor uns und Zale kam heraus, gefolgt von einer Frau...
Und ich kannte sie.Die große Frau mit den schwarzen, lockigen Haaren und in dem dunkelgrauen, glitzernden Kleid hieß Astara Beverleigh. Ein Mitglied der stinkreichen Beverleigh Familie und als erfolgreiches Model bekannt. Genau wie ihre Brüder, Seth und Hael, einer Schauspieler und der andere ebenfalls Model.
Jeder in der Familie war reich und erfolgreich. Aber... warum sollte sie sich mit Zale treffen?
Einem Gangster..."Ugh! Bleib stehen! Ich werde dir nicht ewig nachlaufen!" zischte Astara laut und ich wurde von Zlata und Nandez zur Seite gezogen.
Die beiden streitenden bemerkten uns nicht.
"Ich werde dich nicht heiraten, Beverleigh. Ich werde niemanden heiraten." entgegnete Zale und versuchte, Astara aus dem Weg zu gehen, aber sie stellte sich vor ihn und hielt ihm ihre qualmende Zigarette ins Gesicht, um ihn zu stoppen.
Derart wütend und... egoistisch klingend kannte ich sie gar nicht.
In der Öffentlichkeit war sie ruhig und freundlich...
"Ich wäre viel besser, um die Huntback Mafia zu führen! Du bist nur ein Mann, nie würdest du das hinkriegen!"
Die... Huntback Mafia führen?
Hieß das etwa..."Ich habe kein Intresse." "Da sagt dein Vater aber was anderes. Und er ist immer noch der Kopf der Organisation! Du solltest ihm brav folgen~"
Als Astara das sagte, hielt sie ihre verkrüppelte Zigarette nahe an Zales blindes Auge und ihre Stimme ging in ein bedrohliches Flüstern über.
Zale jedoch, zeigte sich unbeeindruckt, packte ihre Hand und zischte ihr zu, sie solle sich doch bei seinem Vater ausheulen.
Darauf schnaubte sie empört und riss sich aus seinem Griff. Dabei schien Zale, mich zu bemerken.Am liebsten wäre ich im Boden versunken. Ich musste schrecklich aussehen.
Verweinte, rote Augen und zerzauste Haare. Immer noch zitternde Hände.
Jedenfalls stockte er, als er mich sah und starrte mich an.
Er musterte mich.
Während Astara ihn anbrüllte und sich beschwerte."Astara. Wir sind hier fertig." war alles, was Zale erwiederte, bevor er sich von ihr abwandte und zu mir kam. Er wechselte einen Blick mit Nandez, der ihm nur still zunickte und wandte sich dann an mich.
Ohne ein Wort zu sagen, hob er mich vom Boden und ich kniff die Augen zusammen.
Ich hatte Angst.
Was würde jetzt passieren? Warum wollte er überhaupt, dass ich mit zu ihm kam?Schluchzend öffnete ich die Augen und bekam noch mit, wie Zale mit mir an Astara vorbei ging.
Sie starrte uns hinterher, ihre meeresblauen Augen voller Zorn und Abscheu. Sowohl Zale als auch mir gegenüber."Das wirst du bereuen, Zale Vukasin."
Das war das Letzte, was ich von ihr hörte. Danach trug Zale mich eine Treppe hinauf und von all den anderen weg.
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𝑴𝒐𝒏𝒔𝒕𝒆𝒓 [𝐁𝐋]
AcakIn dieser Umgebung war das Leben hart, besonders wenn man von Anfang an nichts hatte. Das erlebten auch Kay und sein Bruder Silas aus nächster Nähe, die schon einige Jahre allein in diesem armen Viertel zurecht kommen mussten. Umgeben von Kriminel...