-53- Bloody mess

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-2 𝑾𝒐𝒄𝒉𝒆𝒏 𝒔𝒑𝒂̈𝒕𝒆𝒓:
𝒁𝒍𝒂𝒕𝒂𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕

Es war nun schon zwei Wochen her, dass wir Kay das letzte Mal gesehen hatten.
In der Organisation hatten sich die Sachen wieder zurecht gerückt und der Alltag normalisiert.
Alles war wieder beim Alten...
Nur nicht... der Boss.

Er war wieder sehr still geworden, seit Kay weg war.
Aber auch aggressiver.
Erst gestern hat er einen meiner Kollegen mit einem losen Rohr verprügelt und ins Krankenhaus befördert, weil einer der Waffendeals, auf die wir schon lange warten, zum dritten Mal aufgeschoben wurde.

Er redete nicht mehr als für das Geschäft nötig war und auch mir gegenüber war er verschlossener, als sonst.
Diese ganze Situation erinnerte mich an die Zeit nach Ruanas Tod.
Auch Alessrá verhielt sich genau so, nachdem er seine zweite Hälfte verloren hatte.
Er wurde aggressiver, gewaltätiger, zog sich aber auch öfter zurück und ließ seine Trauer und den Frust an allem Möglichen aus.
Zale war...
So weh es mir auch tat, das zuzugeben, er war das genaue Abbild seines Vaters im Moment.
Natürlich war er immer noch Zale Vukasin.
Er war immer noch er selbst...
Nur... erkannte ich die Ähnlichkeit zwischen den beiden nun mehr als je zuvor.

.
"Glaubst du, er wird sich wieder beruhigen?" fragte ich Nandez leise und hörte sein Seufzen hinter mir.
Ich saß auf seinem Schoß, in meinem privaten Schlafzimmer.
"Du kennst ihn, Zlata... wenn nicht einmal du ihn beruhigen kannst, ist es hoffentlich nur eine Frage der Zeit." antwortete er und ich musterte meine Hand, die schon eine Weile in seiner lag.
Ich spürte seine Lippen an meinem Hals und legte den Kopf zurück.

Nandez und ich waren schon eine ganze Weile etwas intim miteinander, ohne, dass es jemand je gemerkt hatte.
Und wir würden auch nicht weiter gehen.
Wir würden nicht miteinander schlafen und uns nicht von unseren Gefühlen beeinflussen lassen. Das durften wir einfach nicht.
Nicht nur war es verboten, eine Beziehung innerhalb der Organisation zu haben, sondern so nahe wir an Zale standen, wäre es auch nachlässig.
Wir mussten dafür sorgen, dass Zale sicher war. Wir mussten ihn unterstützen und da... hatten wir für so ein Verhältnis einfach keinen Platz.

Wir hatten uns nur für eine Zeit zurückgezogen, um zu reden.
Zale war gerade mit einer Gruppe von Wachen aufgebrochen, um den Anführer eines Drogengeschäfts umzubringen und die Ware zu holen.
Es wäre zwar nicht nötig, aber in letzter Zeit tauchte er seine Hände förmlich in Blut und schmiss sich in die Arbeit, um auf andere Gedanken zu kommen.
Seit Kay weg war, hatte ich ihn schon zwei Mal bewusstlos auf dem Boden in seinem Zimmer gefunden, weil er seinen Körper einfach derart überforderte und seine Schlaftabletten nicht mehr regelmäßig einnahm.
Er... machte mir Sorgen.
Niemand außer mir wusste davon.

"Wir können ihm nicht helfen, oder?" murmelte ich, nach einer Zeit der Stille, und Nandez schüttelte den Kopf.
Ich drehte mich zu ihm, lehnte mich gegen seine Schulter und sah ihn betrübt an.
"Nur einer kann ihm helfen, Mí Amoré. Du weißt, wer das ist." erwiderte er, mit seinem kaum hörbaren, italienischen Akzent, und ich nickte.
Er hob meine Hand mit seiner hoch und drückte sanft einen Kuss auf meinen Handrücken, bevor er meine Hand an seine Brust drückte und mich fest ansah.

"Ich bin sicher, es wird gut werden. Warte nur..." hauchte er mir zu und lehnte seinen Kopf mit geschlossenen Augen gegen meinen.
Ich musterte unsere Hände und seufzte nochmal tief.
"Ich hoffe, du hast recht..."

.
Nun war es schon Abend und Nandez und ich längst wieder gebraucht.
Wir standen jeweils an beiden Seiten einer großen Flügeltür, im 30. Stock des Hochhauses.
Im Raum hinter uns führte Zale gerade ein Gespräch mit einem Kunden und seiner Begleitung, die vor einigen Monaten versucht hatten, unser Geschäft mit einer Lieferung von Sexsklaven abzufangen und das Geld einzusacken.
Mit derartigen Anschlägen und Versuchen musste man in einer solch großen Orgnisation wie unserer, tagtäglich rechnen.

"Zeimlich still da drinnen..." hörte ich Nandez flüstern und spähte nach rechts.
Er stand an der anderen Seite der Flügeltür und ich nickte ihm zu.
Er hatte recht.
Seufzend wandte ich mich ab und musterte meine Hände, die ich ordentlich vor meinen Bauch hielt.
Auch trotz der Schussverletzung in meinem Bein war ich wieder zeitgleich mit dem Boss in den Dienst gegangen.

Plötzlich wurde ich von einem dumpfen Knall aus den Gedanken gerissen und fuhr zusammen.
Das kam von innerhalb des Raumes, vor dem wir standen.
"Was war das...?" murmelte Nandez leise und ich zuckte die Schultern.
Leise schlichen wir zur Mitte der Tür und hielten inne.
Noch ein dumpfer Aufprall war zu hören, gefolgt von einem metallischen Klirren.
"Sollen wir reingehen?" fragte Nandez unsicher und ich hob die Hand, um ihm zu signalisieren, leise zu sein.
Er schwieg und ich legte mein Ohr an die Tür.
Niemand schrie...
Niemand redete...
Ich hörte nur... leises keuchen.

Still wandte ich mich an Nandez und nickte ihm zu.
Er zog seine Waffe und ich drückte den rechten Flügel der Tür auf.
Wir wussten beide, dass Zale sich nicht von einer kleinen Gruppe aus Männern, halb so groß wie er, unterkriegen ließ.
Und damit lagen wir richtig.

Er stand mit verschränkten Armen mitten im Raum und sah uns still an, seine leeren Augen vom Schatten verdeckt.
Blut klebte an seinem Anzug und den leblosen Körpern, die überall im Raum herumlagen.
"Oh..." seufzte ich und Nandez steckte seine Waffe weg.
"Sir... Ich glaube, es wäre besser, für heute Schluss zu machen." meinte ich ruhig und stieg über einen der Toten hinweg, um näher an Zale zu kommen.
Er konnte nicht so weitermachen.
Irgendwann würde er noch all unsere Kunden und Feinde umbringen und die Huntback Mafia würde den Kontinent überfluten.
Das Gleichgewicht zwischen den vielen kleinen, und unserer großen Organisation stand auf dem Spiel, wenn Zale nicht ganz bei der Sache war.

"Wir werden uns darum kümmern, Sir. Das war Ihr letztes Gespräch für heute, also bitte..."
Als ich das sagte, wandte Zale sich seufzend ab und stützte seine Hände auf den Schreibtisch direkt hinter sich.
Er sah aus der großen Glaswand vor uns, dem Sonnenuntergang entgegen.
Ich schickte Nandez leise weg und kam langsam an Zales Seite, vorbei an den... Körperteilen auf dem Boden.

Zögernd lehnte ich mich an die Seite des Schreibtisches und verschränkte die Arme vor der Brust.
Ich konnte Zale keuchen hören.
Ich konnte seine verkrampften Hände sehen, mit denen er die Kante des Tisches umklammerte und die Unruhe, die ihn heimsuchte.
Still saß ich neben ihm und sah aus dem Fenster.
"Ich dreh' durch..." hörte ich ihn zischen, bevor er sich wieder aufrichtete, und in die Richtung der Tür ging.
Seufzend sah ich ihm hinterher und legte den Kopf schief.

So sehr ich mir auch einreden wollte, dass das alles schnell vorbei gehen würde...
Ich wusste, dass Zale langsam außer Kontrolle geriet.

Und das konnten wir uns einfach nicht leisten.

𝑴𝒐𝒏𝒔𝒕𝒆𝒓 [𝐁𝐋]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt