-17- Home sweet home

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Minuten später saß ich schon in einer der schwarzen Limosinen, Zlata direkt gegenüber, und wir fuhren.
Irgendwie bekam ich das Gefühl, ein Dejá-vú zu erleben.
Der einzige Unterschied war Zlata. Sie trug ihre Sonnenbrille nicht.

"Hat Zale... Angst vor dem Donner?"
Ich war überrascht, die Frage so ruhig und normal ausprechen zu können.
Die Frage klang auch komisch.
Es klang absurd.
Zlata verneinte die Frage zögernd und ich legte den Kopf schief.
"Es ist nicht der Donner, es ist das, an das ihn laute Geräusche wie Feuerwerke und Donner erinnern. Aber ich bin nicht autorisiert, dir das zu erzählen. Das muss er selbst tun." meinte sie, mit ihrem leichten Akzent und ich nickte langsam.
Da war also etwas.
Das überraschte mich nicht. Zale hatte bestimmt viel Traumatisierendes erlebt.
Aber trotzdem war ich neugierig.
Vielleicht könnte ich ihn bald fragen.

.
Nach einer Weile war bereits meine Nachbarschaft in Sicht. Ich späte aus dem getönten Fenster und musterte die Häuser.
Hier, am Rand des reichen Viertels, direkt neben der dreckigen und ärmeren Gegend in der ich wohnte, waren die Häuser zwar schlichter, als im Herzen des Viertels, aber im Inneren genau so luxuriös.
Eine ganze Reihe solcher Häuser, mit wunderschönen, gepflegten Fassaden zog an mir vorbei und ich seufzte.
Vielleicht würde Silas eines Tages in einem solchen Haus leben können.

Da merkte ich, dass unser Auto langsamer wurde, bis wir hinter einem anderen stehen blieben.
Zlata öffnete die Tür, stieg aus und winkte mich zu sich.
"Warum halten wir hier?" fragte ich und folgte ihr aus dem Bauch der Limosine, als mich jemand rief.
"Kay!"
Das war Silas.
Überrascht drehte ich mich um und er stand etwas weiter vor mir, keuchend und mit dem geschocktesten Gesichtsausdruck, den ich je seit dem Tod unserer Eltern gesehen hatte.
"W-was ist passiert?" murmelte ich und er kam zu mir gerannt, gefolgt von einem Mann im schwarzen Anzug, mit einer Sonnenbrille und schneeweißen Haaren.
Auch Nandez und Zlata gesellten sich zu uns und wir standen nun zu fünft auf dem Gehsteig.
"Du bist dann wohl Kay. Ich bin Valró, es freut mich." stellte sich der weißhaarige Mann vor und reichte mir seine Hand.
Überfordert nahm ich seine Begrüßung an und wollte erneut fragen, was wir hier machten, als Silas seine Hand hoch hielt und mir etwas zeigte.
Einen Schlüsselbund.
Mit zwei Schlüsseln und einem kleinen Wolfskopf als Anhänger.

"Was ist das?" "Bruder, ich weiß nicht, mit wem du dich abgeben musstest, um das zu schaffen, aber... sieh einfach her!" erwiederte Silas aufgeregt und nahm den ersten Schlüssel in seine Hand.
Definitiv ein Autoschlüssel.

Silas drückte auf den schwarzen Schlüssel und das typische Piepsen eines aufgesperrten Autos ertönte, direkt neben uns.
Wie sich heraus stellte, gehörte der Schlüssel zu dem Mercedes benz e63s, der neben uns auf der Straße stand, direkt vor Nandez' Limosine.
"Was...- wie... woher hast du den?" "Von Valró! Er hat gesagt, das gehört jetzt alles uns. Und der hier..." dabei deutete Silas auf den zweiten Schlüssel. "Ist für das da."
Er zeigte mit der Spitze des Schlüssels auf das Haus, vor dem wir standen.
Eine dunkelgrau-weiß gestrichene Fassade mit einem wunderschönen, kieselbestückten Vorgarten, einer Garage mit Einfahrt, ein paar Fenstern, einem Vordach und einer schweren, schwarz vergläserten Eingangstür. Alles umrundet von einem undurchsichtigen, dunklen, hohen Zaun und nur zur Straße hin offen.
Ein wirklich schönes und dezentes Luxushaus.
Und Silas hielt den Schlüssel dafür in seiner Hand.

"W-... i-ich..."
Für mehr als das fehlten mir im Moment die Worte.
Verwirrt drehte ich mich zu Zlata und sie nickte mir lächelnd zu.
"Der Boss hat mich gestern Abend angerufen. Aufgrund unserer Absichten, dich weiter in unsere Angelegenheiten mit einzubeziehen.... hat man mich beauftragt, dich zu deinem neuen Zuhause zu bringen. Wir hatten zufällig noch einige leerstehende Anwesen und Häuser zu entbehren. Und das Auto nutzen wir nicht. Ist ein kleiner Bonus, persönlich von mir ausgesucht." erklärte sie langsam und mit jedem ihrer Worte wurde mir klarer, was das bedeutete.
Zale hatte Silas und mir ein Haus und ein verdammtes Luxusauto geschenkt.
Der Kerl war doch verrückt.

"Wie reich kann man sein..." flüsterte ich ungläubig und Silas umarmte mich.
Dass ich ihn derart glücklich sah, war eine sehr lange Weile her.
"D-danke..." meinte ich zögernd, an Zlata gerichtet und sie winkte ab.
"Es war nicht meine Entscheidung. Ich war lediglich die Überbringerin." lächelte sie und senkte den Kopf, worauf auch Valró belustigt den Kopf schüttelte.
"Jetzt musst du nicht mehr mit alten, stinkreichen Arschlöchern schlafen! Wir... wir können einfach leben, Kay!" mammelte Silas kurz vor den Tränen in mein Shirt und ich legte meine Arme um ihn.
"Ja... das stimmt." versprach ich und sah über seinen Kopf hinweg, zu Nandez, Zlata und Valró, die uns alle musterten.

"Schau'n wir uns das Haus mal von innen an?" meinte ich und Silas sah mir aufgeregt nickend entgegen.
So gut er auch manchmal versuchte, erwachsen und reif zu wirken, auch er war noch ein Teenager und reichlich grün hinter den Ohren.
Er durfte kindisch sein.

Also folgte ich ihm, nachdem er mir voraus, in den Vorgarten des Hauses stürmte, und drehte mich vor der Haustür noch einmal zu den anderen um.
"Bitte richtet Zale meinen Dank aus! Das hätte er wirklich nicht tun müssen."
Mit einem kleinen Winken verabschiedete ich mich von den drein und folgte Silas in das Haus.

"Ich glaub's nich..." hörte ich ihn flüstern, als wir den Vorraum mit der Garderobe betraten und uns umsahen.
Helle Wände, ein offener Bau und offene Türen, überall zu sehen.
Silas und ich zogen unsere Schuhe aus und er stürmte mir voraus.
"Hier ist sogar neues Gewand! Und... oh! Ein Fernseher! Kay, sieh dir das an!"
Seine Aufregung war kaum zu überhören und ich folgte ihm belustigt durch das Haus.

"Achja, was ist eigentlich aus Humphrey geworden?" fragte er plötzlich und ich hielt inne.
Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht.
Er hatte mir gesagt, wenn ich die Miete nicht zahlte, würde er uns jagen. Aber um ehrlich zu sein... glaubte ich nicht, dass er das körperlich überhaupt konnte.
"Hm... keine Ahnung. Lass uns ein ander' Mal darüber nachdenken."

𝑴𝒐𝒏𝒔𝒕𝒆𝒓 [𝐁𝐋]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt