-55- Shopping scare

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"Und... warum bist du nochmal aus dem Laden geflohen?" fragte Silas mich, als er die Haustür hinter sich schloss und den Einkauf auf die Garderobe stellte.
"Tut mir leid... ich weiß nicht, was mit mir los ist." gab ich seufzend zurück und Silas legte den Kopf schief.
Er sah besorgt aus.

"Hast du vielleicht etwas gesehen, das dich an die Erführung erinnert hat? Oder jemanden?" murmelte er vorsichtig und kam zu mir.
Er setzte sich neben mich auf die Couch im Wohnzimmer und streichelte Skandi, die auf meinem Schoß lag.
Glaubte er also, das war es?

"Ich... weiß es nicht..." log ich zögernd und stützte meinen Kopf in meine Hände, direkt über Skandi.
Sie legte sich auf den Rücken und streckte mir ihre schneeweißen Pfötchen entgegen.
Ich wusste nicht, warum ich Silas anlog.
Aber ich wollte ihm einfach nicht beichten, wie weh es mir getan hat, als ich Zale gesehen habe.

Silas kniff die Augen zusammen und zog eine Augenbraue hoch.
Er sah mich so von der Seite an und ich richtete mich wieder auf.
Dabei packte ich den Anhänger der Kette um meinen Hals fest und sah ihn an.

"Ich versteh's schon." meinte er auf einmal und stand auf.
Das verschmitzte Lächeln auf seinen Lippen ließ mich nicht in Ruhe.
"Was meinst du damit?" fragte ich, hob Skandi von meinem Schoß und stand auf.
Er drehte sich zu mir um und säuselte "Du hast Zale gesehen, oder?"
Für einen Momen hielt ich überrascht inne, bevor ich meinte "D-das kannst du nicht wissen."
Silas zeigte sich unüberzeugt und grinste mich triumphierend an.
Aber sein Lächeln schwand, während er mich so ansah.

"Was ist los?"
Er kam zu mir und setzte sich erneut neben mich auf die Couch.
Skandi stieg in unsere Mitte und rieb sich schnurrend an seinem Bein.
Silas sah mich durchdringlich an und begann, zu reden.
"Natürlich hab' ich gemerkt, dass du seit Neujahr anders bist. Nicht nur wegen der Beverleighs..."
Still hörte ich ihm zu und dachte über seine Worte nach.
"Die ganzen Jahre, die ich dich jetzt schon kenn', denkst du immer nur an mich und warst immer relativ... du selbst. Aber seit du Zale kennengelernt hast, bist du anders." meinte er und legte seine Hand an meine Schulter.
"Du bist fröhlicher. Du musst nicht mehr herumhuren und wir haben alles, was wir brauchen von ihm bekommen. Aber trotzdem bist du noch hier."

Als er das sagte, stockte ich verwirrt und sah ihn an.
Was meinte er damit?
Natürlich war ich noch hier...
"Ich bin in nicht einmal einem Jahr 18 und du sorgst schon mein ganzes Leben lang für mich. Sogar schon seit du drei warst..." lächelte er und hielt drei seiner Finger hoch.
Jetzt, wo er es sagte...
"Irgendjemand muss es dir ja mal sagen... Ich komm' alleine zurecht, Kay. Und das dank dir." meinte er und sah mich sanft an.
Er... hatte recht...
Ich hatte ihn gut genug erzogen, um wissen zu können, dass er recht hatte.

Ich.. brauchte wohl nur jemanden, der mir das sagte.
"Ich merk' ja, wie traurig und abwesend du bist. Glaubst du, ich bin bescheuert?"
Lächelnd schüttelte er den Kopf und stand von der Couch auf.
"Du bist nicht an mich gebunden, Kay. Du darfst dein eigenes Leben haben. Und vielleicht... beeinhaltet es einen großen, gruseligen, sexy Mafiaboss, hm?" grinste er mir über die Schulter zu und wackelte mit den Augenbrauen.
Ich stand empört lachend auf und wollte ihm widersprechen.
"Hey! Das ist nicht-..." "Das was du willst? Natürlich. Wer's glaubt." unterbrach er mich und ich verdrehte die Augen.
Er kannte mich einfach zu gut.
Und er hatte natürlich recht.
Schonwieder.

Ich konnte es nicht mehr leugnen, dass ich zu Zale zurück wollte.
Auch das, was ich für ihn fühlte... was ich spürte, immer wenn ich an ihn dachte.
Das konnte ich nicht mehr verdrängen, es war einfach so und ich musste es akzeptieren.
Immerhin hatte Silas das längst getan.
Ich hatte Gefühle für Zale.
Und egal, ob er das selbe fühlte oder mich als seine persönliche Schlampe benutzen würde, ich wollte zu ihm.
Warum auch immer ich das zulassen würde... aber solange ich bei Zale bleiben konnte, war mir das recht.

"Du hast recht, Silas." "Natürlich hab' ich das." zwinkerte er mir zu und plötzlich sprang Skandi an mir hoch und kletterte auf meine Schulter.
"Jaja, schon verstanden." gab ich zurück und streichelte über Skandis Kopf, den sie mir entgegen streckte.
Schon verstanden, Silas.

.
Noch am selben Tag, spät abends, lag ich in meinem Bett mit Skandi an meiner Seite, und starrte aus dem Fenster neben mir.
Die dösende Kätzin hatte sich an meine Hand geklammert und ihr einzelnes Auge war fest geschlossen.
Ich streichelte über ihren weichen, langen Körper und seufzte.
Meine Gedanken überschlugen sich schon eine Weile, aber bei einer Sache war ich mir sicher.
Ich vermisste Zale.
Und ich hoffte zu glauben, dass er auch über mich nachdachte.
Zumindest ein bisschen.

"Hm... ich werd' heute nicht mehr schlafen können, oder?" flüsterte ich in die stille Nacht und Skandi öffnete auf einmal ihr Auge.
Sie starrte mich durch die seichte Dunkelheit an und bohrte ihre Krallen langsam in meine Haut.
"Hey... das tut weh." murmelte ich belustigt und sie miaute mir leise entgegen, bevor sie aufstand und von meinem Bett aus, auf das Fensterbrett sprang.
Ich richtete mich etwas auf und sah sie an.

Die Kätzin starrte aus dem Fenster, in den sternenbedeckten Himmel, und ich sah ihr schneeweißes Fell im Mondlicht glitzern.
Sie wandte sich miauend an mich und ihre Schweifspitze zuckte auf und ab.
"Was denn?" fragte ich und legte den Kopf schief.
Sie miaute erneut und wandte ihren Kopf zum Fenster.
Ganz so, als würde sie mir sagen... dass dort draußen etwas sei.

"Wo soll ich hin, hm?" lächelte ich und sah mit ihr zusammen aus dem Fenster.
Ich könnte zu Zale gehen.
Einfach so.
Ich wusste, dass er gerade sehr wahrscheinlich wach war.
Also warum... sollte ich nicht zu ihm gehen?

Von diesem Gedanken bekam ich eine Gänsehaut.
Eine warme und angenehme.
Ich möchte wieder bei ihm sein.
Also... stand ich schließlich auf und begann, mich umzuziehen.
Raus aus dem Pyjama und rein in meine Hose und das weiße Shirt neben meinem Bett.
Ich nahm mein Handy vom Boden und meine Jacke, die auf meinem Schreibtisch lag, und verschwand aus dem Zimmer.
Skandi folgte mir, mit hoch erhobenem Schweif, und sprang über eines der Regale im Gang auf meine Schultern.
Anscheinend wollte sie mitkommen.

Leise schlich ich durch das Haus und an Silas' Zimmer vorbei.
Ich hielt kurz inne und spähte durch den kleinen Spalt zwischen der Tür und dem Türrahmen, in sein Schlafzimmer.
Er lag dösend in seinem Bett, in die Decke eingemummelt und mit zerzausten Haaren.

Belustigt schüttelte ich den Kopf und ging weiter.
Er kam zurecht.
Ob mit mir oder ohne mir.

Und es war ja nicht so, als würde ich ihn nie wieder sehen.

𝑴𝒐𝒏𝒔𝒕𝒆𝒓 [𝐁𝐋]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt