-29- Lucky charm

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"Kay! Aufwachen! Da steht jemand an der Tür und fragt nach dir! Beweg dich!"

Warum musste Silas mir nochmal so ins Ohr schreien? Er war direkt neben mir.
"Ich kann dich hören." grummelte ich müde und setzte mich gähnend auf.
Wow, fühlte ich mich scheiße.
Mein Kopf brummte und mein ganzer Körper war steif.
Nachts war ich ein paar Mal aufgewacht und geschlafen hatte ich nicht wirklich gut...
Also wer würde mich heute besuchen wollen?

Seufzend rappelte ich mich von der Couch auf, auf der ich geschlafen hatte, und hing mir die Jacke wieder um, die ich gestern auf den Couchtisch gelegt hatte.
Sie war immer noch kaum merklich warm.
So wackelte ich hinter Silas also durch das Haus, zur Tür. Silas öffnete sie und vor uns stand... Zlata.

"Äh- Zlata?" "Guten Morgen, Kay." begrüßte mich die braunhaarige, ordentlich angezogene Frau und Silas stockte.
"Bist du nicht die Frau, die die Kamera verdeckt hat?" fragte er und Zlata nickte belustigt.
"Ja, das war wohl ich."
Da bemerkte ich, dass sie ein kleines Plastiksackerl dabei hatte.
"Darf ich reinkommen?"

.
Wir ließen uns im Wohnzimmer nieder und Zlata stellte ihr Plastiksackerl auf den Couchtisch.
Ich hatte mich in die Decke gekuschelt und Silas fragte Zlata gerade, was sie trinken möchte.
Währenddessen musterte ich das Plastiksackerl auf dem Tisch. Da war etwas Größeres drinnen.
Was wohl?

Da machte Silas sich in die Küche auf, um Zlatas Kaffee zusammen zu basteln, und ließ uns beide alleine.
Zlata hatte meinen Blick auf ihr Sackerl bemerkt und schmunzelte belustigt. Sie nahm es in ihren Schoß und griff hinein.
Heraus zog sie... ein Stofftier?
Ein ziemlich altes Katzen-Kuscheltier, dem eines der glubschigen Glasaugen fehlte und dessen einst weißes Fell schon die Farbe eines leicht fleckigen Graus angenommen hatte.
"Ein Stofftier?" murmelte ich verwirrt und Zlata stellte es auf den Couchtisch, bevor sie aus ihrem Sackerl noch ein paar Schachteln Tabletten holte.
"Hier." meinte sie und gab sie mir.
Verwirrt nahm ich die Schachteln und ging die drei verschiedenen durch.
Tabletten gegen Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, und Schlaftabletten. Wow... genau, was ich brauchte.

"Äh... danke." mammelte ich und legte sie zu der Stoffkatze, auf den Couchtisch.
"Dank nicht mir, Zale hat mich mit den Tabletten hergeschickt. Aber er würde es nie zugeben." erklärte sie und ich starrte sie überrascht an.
Zale hatte sie geschickt?
"Ich hab' dir ein Geschenk mitgebracht. Es ist Zeit, dass Skandi hier einen neuen Besitzer bekommt."
Als sie das sagte, deutete sie auf die Stoffkatze und ich nahm das süße Ding in meinen Schoß und mummelte es in meine Decke.
"Du willst sie mir echt schenken?" "Ja. Niemand braucht sie bei uns mehr und sie liegt nur im Schrank in meinem Zimmer." entgegnete Zlata und ich meinte "In deinem Schrank? Wieso? Gehört sie dann nicht dir?"
Sie hielt kurz inne und musterte die Katze, bevor sie meinte, es wäre anderswo einfach kein Platz gewesen.

Ich nickte nur und streichelte über den Kopf der kleinen Stoffkatze.
"Wie heißt sie nochmal?" fragte ich und Zlata musterte das Stoffkätzchen. Ihre schimmernden Augen ruhten nur auf der Katze und sie flüsterte.
"Skandi. Sie ist ein Glücksbringer."

.
Zlata war danach noch eine kleine Weile geblieben, bevor sie meinte, sie hätte jetzt einen Termin bei dem sie Zale unterstützen müsse.
Mittlerweile hatte es angefangen, leicht zu nieseln und die Luft war kälter geworden.
Immer hin war es schon Dezember. Und ich hatte bald Geburtstag.
Am 18.
Ich liebte den Winter und der würde bald kommen.

"Leg dich wieder hin, Kay. Sie ist weg, falls du es noch nicht bemerkt hast." hörte ich Silas hinter mir seufzen und wandte mich von der offenen Tür ab.
"Nimm ein paar Tabletten und geh schlafen. Morgen kann ich mich noch um dich kümmern, aber Montags hab' ich Schule." meinte er und ich kam hinter ihm ins Wohnzimmer.
Er hörte sich schon an, wie ich, als ich in seinem Alter war und ihn wieder belehren musste.
Aus ihm würde noch etwas werden, das wusste ich.
Ich war stolz auf ihn.
Und mich.
Immer hin hatte ich ihn erzogen.

"Warum grinst du so? Leg dich hin." grummelte Silas, als er meinen Blick bemerkte, und verschwand mit Zlatas leerer Kaffeetasse in die Küche.
Yep.
Wie ich.

Ich legte mich also wieder auf die Couch und kuschelte mich in meine Decke. Von den Tablettenschachteln presste ich je eine der Pillen raus und schluckte sie, mit ein bisschen Wasser.
Während ich auf die Wirkung der Tabletten wartete, schaltete ich den Fernseher an. Auch Silas gesellte sich zu mir und sah zu.
Vor und ließ ein aufgenommenes Interview mit Hael Beverleigh, Astaras kleinem Bruder.
Wie ich schon erwartet hatte, vertrat er seinen großen Bruder Seth, der gerade von der Polize bedrängt im Krankenhaus lag, und Astara, die sich mit ihm zurückgezogen hatte.
Hael war ein Model, genau wie sein Vorbild, Astara, und öffentlich ein aufsteigender Stern. Er war noch ziemlich jung im Vergleich zu seinen Geschwistern, aber schon sehr reif. Er repräsentierte die Beverleighs, genau wie sie.
Aber seit ich wusste, dass diese Familie mit illegalen Geschäften und sogar der Huntback Mafia involviert war, konnte ich sie nicht mehr so ansehen, wie früher.

Wirklich zuhören tat ich bei Haels Worten nicht.
Es kümmerte mich nicht, was jetzt passieren würde. Ich wusste, dass ich sicher war, dank Zlata und Zale. Öffentlich wusste niemand wirklich, dass ich überhaupt existierte.
Zumindest neben dem Skandal, dass Seth auf mich losgegangen war.

Seufzend spähte ich zur Seite und musterte Silas.
Er wusste von dem Meisten, das hier los war, gar nichts.
Für ihn waren die Beverleighs noch unschuldig und Zale nur eine Quelle für Geld und eine Versicherung, nicht auf der Straße leben zu müssen.
Aber für mich war das alles anders.

Für Silas... sollte es aber noch so bleiben, wie er es kannte.
Zumindest bis ich wusste, wie das zwischen Zale und mir... weitergehen sollte.

𝑴𝒐𝒏𝒔𝒕𝒆𝒓 [𝐁𝐋]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt