-10- Bloody return

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Ich konnte viele Stimmen hören, als ich das zweite Mal heute aufwachte.
Als ich meine Augen öffnete und mich etwas streckte, merkte ich, dass ich auf einer weichen, samtigen Couch lag. Eine dünne, dennoch warme Decke lag über mir und mein Kopf ruhte auf einem dicken, weichen Kissen.

Mein ganzer Körper schmerzte noch und meine Beine waren taub, aber meine wunden Stellen hatten sich verbessert und ich zitterte nicht mehr so viel, sobald ich mich bewegte.

Vor mir huschten mehrere Leute durch die Gegend, viele von ihnen trugen schwarze Anzüge und Sonnenbrillen. Andere jedoch, liefen in lässigen Hemden und stinknormaler Kleidung herum. Ohne Sonnenbrillen, ohne Mikros an der Wange und Stöpsel in den Ohren, wie all die anderen.

"Hey, dein Schützling ist aufgewacht." hörte ich plötzlich eine Stimme über mir und drehte mich auf den Rücken.
Hinter der Couch und leicht darüber gebeugt, stand ein Mann mit einer Glatze und haselnussbraunen Augen, mit denen er mich ansah.
Dann wandte er sich zur Seite und Zlata kam in mein Sichtfeld.
"Perfektes Timing..." hörte ich sie seufzen und setzte mich gähnend auf. Sie stellte sich vor mich, neben die Couch und ich sah mich um.

Wir... befanden uns in einem enormen Penthouse.
Ein riesiger Raum, gefüllt mit Leuten in dunkler Kleidung. Ich konnte die Ecke eines großen Indoor-Pools von hier aus sehen, mehrere Treppen führten von unserer Ebene nach oben und unten in andere Stockwerke.
Mehrere Bänke waren überall zu sehen, helle Marmorsäulen stützten die hohe Decke, bei der ich meinen Kopf ganz nch hinten in den Nacken legen musste, um sie zu sehen. Glatte Fliesen, abwechselnd mit hellem Holz bedeckten den Boden und die Sonne strahlte durch die gigantsichen Wandfenster in sämtliche der Räumlichkeiten.
Ganz anders als das Anwesen von dem wir gekommen waren.
Und es schien, mitten am Tag zu sein. Es war sehr hell.

"Der Boss ist zuhause. Bleib sitzen, wir kommen gleich zu dir." meinte Zlata und ich nickte ihr still zu.
Im selben Moment schien, jemand herein zu kommen. Ich konnte den Eingang vor hier aus nicht sehen, aber dass mehrere Leute in die Richtung des selbigen kamen, entging mir nicht.
Auch Zlata verließ ihren Posten neben mir und war schon bald aus meiner Sicht verschwunden.
Im Hintergrund hörte ich viele Leute reden und sah mich weiter um.

Etwas weiter vorne konnte ich eine offene Küche entdecken. Zwar sah ich nicht alles, aber sie wirkte hell und einladend.
Dahinter, an der anderen Seite des Raumes, erkannte ich weitere Treppenansätze und eine dunkle, massive Tür. Sie hob sich von der hellen und einladenden Umgebung ab...
Dunkel gestrichenes Massivholz.

Ein Mann, der in mein Sichtfeld stolperte, ließ mich zusammen zucken und ich sah auf.
Ihm folgten mehrere weitere und ich erkannte auch Zlata neben ihnen.
In ihrer Mitte... Zale.

Sie umrundeten ihn, redeten mit ihm und wirkten aufgebracht.
Mit einem Wort schickte Zale sie jedoch weg.
Nur noch Zlata folgte ihm.
Und da fiel es mir auf...
Da war etwas an seiner Wange.
Blut... klebte an seiner Wange. Und seiner Hand.
Es tropfte auch von seinem Anzug, auf den weißen Boden.

Zale bemerkte mich nicht, er war zu weit weg.
Ich saß schräg hinter einer Säule und beobachtete ihn.
Er zog den Anzug aus und ich erkannte rote Flecken auf dem weißen Shirt unter dem Jackett. Auch das wurde er los und stand darauf oberkörperfrei im Raum.
Und was sich mir da gab...

Über seinen Rücken erstreckte sich ein großes... wunderschönes Tattoo.
Es war ein Wolf. Mit aufgerissenem Maul sah es aus, als wolle er die Schlange beißen, die um Zales Hals geschlungen war. Aber auf den Rücken des Tieres erkannte ich einen Flügel. Nur einen. Als wolle das Tattoo darauf hinweißen, dass der Wolf die Schlange mit nur einem Flügel nicht erreichen konnte.
Die andere Schwinge schien... gewaltsam ausgerissen worden zu sein.
Ein qualvoller Anblick.
Und erst das Blut, das an Zales Haut klebte.
Überall.

Er wirkte aufgebracht.
Zlata redete auf ihn ein, aber er ignorierte sie und stapfte durch das Haus, in andere Räume und wieder zurück.
Was war überhaupt passiert?

Ich musste zugeben, ich war neugierig.
Geld hin oder her, Zale erweckte die Neugierde in mir und mir wurde klar, ich wollte mehr über ihn wissen.
Also warf ich die weiche Decke zurück und stand auf. Zale befand sich gerade im selben Raum wie ich, mit Zlata diskutierend.

"Sie hätten sie nicht alle einfach... ach Gott-! Sir... warten Sie!" hörte ich die besorgte Stimme der sonst so entspannt wirkenden Frau und kam näher.
"Mir geht's gut. Lass mich in Ruhe." entgegnete Zale und drückte ihre Hand weg, mit der sie ihm ein Tuch reichen wollte.
"Wenigstens sollten Sie sich etwas waschen. Und die Wunden reinigen."
Auch das ignorierte der große, halb blinde Gangster und stolzierte der braunhaarigen Frau davon.
Im selben Moment holte ich zu ihr auf und nahm ihr das Tuch aus der Hand.
Mit einem sanften Nicken deutete ich ihr, hier zu bleiben und mich machen zu lassen.
"Ich habe einen kleinen Bruder. Der ist genauso stur manchmal." meinte ich und zwinkerte ihr zu.
Dann wandte ich mich an Zale.

"Willst du echt so herumlaufen?" fragte ich ihn und er blieb einfach mitten im Raum stehen. Noch mit dem Rücken zu mir.
"Ich finde dein Tattoo echt schön. Aber so dreckig erkennt man fast gar nichts." redete ich weiter und versuchte, das Blut wie Schmutz oder Dreck zu behandeln. Immer hin war Zale wahrscheinlich nicht gerade von einem Teekränzchen zurück gekommen.

Da drehte er sich zu mir um und sah mich misstrauisch an.
"Die Tattoos?" murrte er und berührte den Schlangenkopf auf seiner Brust.
"Ja... aber..."
Er mochte die Schlange nicht. Sie erinnerte an das Tattoo am Arm seines Vater.
Das... wurde mir plötzlich klar.

"Den Wolf. Den mag ich. Aber... man sieht ihn nicht deutlich." meinte ich, zwängte mir ein Lächeln auf und wedelte leicht mit dem Tuch hin und her.
Zales Augen musterten mich starr, bis er leise aufseufzte und mir deutete, ich solle ihm folgen.

Er setzte sich auf eine der viele Sitzgelegenheiten in der Umgebung und starrte aus einem der enormen Fenster hinaus, in den Himmel.
Wir schienen, ziemlich hoch oben zu sein.
Ich setzte mich direkt hinter Zale, auf die helle Couch, und bemerkte Zlata, die sich mit etwas Abstand zu uns stellte.

Vorsichtig setzte ich das Tuch an Zales Haut und begann, seinen Rücken von dem Blut abzuwischen.
Ich merkte dabei, dass er zitterte. Kaum merklich wippte sein Bein auf und ab und er krallte sich in seine eigenen Hände, das konnte ich von meiner seitlich versetzten Sitzposition hinter ihm sehen.
Ich ignorierte es uns machte weiter.
Die rote Flüssigkeit klebte überall an seiner Haut und sobald ich mit seinem Rücken fertig war, setzte ich mich an die Bankkante, direkt neben ihn.
Sanft nahm ich seinen Arm und wollte das Tuch darauf legen, da fiel mir etwas auf.
Der Schnitt von gestern... das sah schlimm aus. Die Wunde schien, noch weiter aufgerissen zu sein. Die Hälfte des Blutes an seinem Arm gehörte Zale selbst.
"Zlata, holst du bitte Verbände? Und ein Padd..." meinte ich leise und schon verschwand die braunhaarige Frau im nächsten Raum, den ich nicht sah.

Zale blieb die ganze Zeit still sitzen.
"Tut das nicht weh?" fragte ich vorsichtig und sein Blick schnellte auf seinen Arm, an den ich das mittlerweile rosarote Tuch hielt.
"Wenn du jetzt nein sagst, glaube ich dir nicht." zischte ich, als er versuchte, mir weiß zu machen, es wäre nur ein kleiner Schnitt.
"Du bist ein Mensch, Zale. Natürlich tut das weh."
Darauf legte ich das Tuch direkt auf den Schnitt und er fluchte laut auf, bevor er seinen Arm weg zog.
"Siehst du?"
Meine Worte wirkten zwar frech, aber ich achtete darauf, bedacht zu sprechen. Zale verdrehte nur seine Augen und legte seinen Arm auf meinen Schoß. Dabei nahm er meine Hand.
Er zitterte tatsächlich.

"Mach es einfach schnell. Dann bekommst du dein Geld und gehst nachhause." meinte er trocken und ich sah ihn überrascht an.
"Wirklich?"
Er nickte und deutete auf das Tuch in meiner Hand.
Im selben Moment kam Zlata zurück, mit Desinfektionsmittel, Verbänden und einem weichen Padd.

Sie setzte sich neben mich und nickte mir zu.
Ich wusste, was sie mir sagen wollte. Aber neben Zale sprach sie es nicht aus.

Sie war dankbar.

𝑴𝒐𝒏𝒔𝒕𝒆𝒓 [𝐁𝐋]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt