-30- Friends

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𝑬𝒊𝒏𝒊𝒈𝒆 𝑻𝒂𝒈𝒆 𝒔𝒑𝒂̈𝒕𝒆𝒓:

Nun waren schon einige Tage vergangen und ich fühlte mich im Allgemeinen schon besser.
Ganz gesund war ich noch nicht, aber die Pause, die ich mir gegönnt hatte, half.
Und die Tabletten, die Zale mir geschickt hatte.

Gerade saß ich auf einem der Barhocker in Tamaras Club und leerte das Glas in meiner Hand mit einem Schluck.
"Du hast viel Trubel ausgelöst. Seit du auf der Live-Übertragung der Attenborough-Gala aufgetaucht bist, fragen schon immer mehr Kunden nach deinen Jobs." lachte die rothaarige Frau und ich schmunzelte.
"Ich werde so etwas nicht mehr oft machen. Vielleicht sogar nie wieder. Zumindest nicht für Geld." entgegnete ich und sah mich in dem leeren Clubgebäude um.
"Das ist schön zu hören, Kay."
Es wurde gerade Abend und Tamara würde bald öffnen. Also verabschiedete ich mich von ihr und machte mich auf den Weg nachhause.
"Bis bald!"

Die Abendluft war schon etwas kühler geworden und in den letzten Tagen hatte es auch zeitweise hier und da angefangen, zu schneien.
Auch jetzt rieselten kleine Flocken vom Himmel und schmolzen, sobald sie den Boden berührten.
Es war bei Weitem nicht genug, um von weißem Winter zu reden, aber vielleicht würde der Schnee ja eine kleine Ausnahme machen. An meinem Geburtstag in ein paar Tagen.
Vielleicht würde er da liegen bleiben.

Seufzend verlor ich mich in meinen Wunschgedanken und zog die große Jacke enger, die ich trug.
Ich hatte Zales Jacke behalten. Er wollte sie nie zurück, also... konnte ich mich in sie kuscheln.
Nur... roch sie nicht mehr so sehr nach ihm.
Irgendwie machte mich das etwas traurig.

Ich sah der untergehenden Sonne entgegen und genoss die Ruhe.
Niemand war hier. Es war so dunkel und still.
Naja fast.
Hinter mir schien, jemand zu sein.

Die Schritte kamen langsamer näher und ich wich etwas zur Seite, um den Mann vorbei zu lassen, der da ging.
Er drehte sich zu mir um und fasste an die Vorderseite seines Hutes, um sich zu bedanken.
Mir fiel auf, dass er eine schwarze Maske trug und man nicht viel von seinem Gesicht sehen konnte.
Ich nickte nur und ging weiter. Während ich das tat, tastete ich in der Jackentasche nach meinem Handy.
Hatte ich... es bei Tamara vergessen?

Da bemerkte ich, dass der Mann vor mir etwas aus der Tasche seines langen Mantels holte. Was es war, konnte ich nicht erkennen.
Das hätte ich aber versuchen sollen.

Nur Momente später fuhr der Mann plötzlich herum und hob das hoch, das er aus seiner Tasche geholt hatte.
Ein verdammtes Stahlrohr.
Wie blind musste ich sein, um das zu übersehen?

Er ließ mir nicht einmal Zeit, zu realisieren, was passierte, da sauste die Stahlstange schon auf mich nieder und traf mich mit voller Wucht am Kopf.
Benommen stolperte ich zurück und wurde von dem Mann aufgefangen, bevor er mich in eine dunkle Seitenstraße schleifte.
Mein ganzer Körper war taub und mein Kopf schmerzte unglaublich. Alles war verschwommen.

Das Nächste, was ich mitbekam, war, dass mich der Mann auf den Boden drückte und meine Handgelenke zusammenband.
Angst breitete sich in meinem ganzen Körper aus und ich begann hysterisch, mich zu wehren.
Meine Hände wurden fest zusammen gepresst, aber mit meinen Füßen trommelte ich auf den Rücken des Mannes ein.
Trotzdem nutzte es nichts.
Durch den Schatten konnte ich nicht einmal die Augen des Mannes sehen.
Ich konnte nichts erkennen. Keine Chance.
Sobald meine Handgelenke zusammengebunden waren, packten mich grobe Hände und der Mann drehte mich auf den Rücken. Er holte ein Tuch aus der Tasche seines Mantels.
Mein Kopf pochte.
Mein Sichtfeld schwand.
Ich konnte nur noch in sein vom Schatten verdecktes Gesicht spähen, in der Hoffnung, etwas zu erkennen, bevor mir entgültig schwarz vor Augen wurde.

.
𝑻𝒂𝒎𝒂𝒓𝒂𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕:

Gott, ich hatte schon einen Ohrwurm von dem Lied das im Hintergrund der Attenborough-Gala gelaufen war.
So oft musste ich mir das schon ansehen, und von meinen Kunden anhören, wie überrascht sie waren, Kay dort zu sehen.
Auch noch mit diesem Gangster.

Seufzend schüttelte ich den Kopf und putzte das Glas in meiner Hand weiter.
In einer Stunde würde ich den Club öffnen und Kay war vor ein paar Minuten gegangen.

Ich ging hin und her, wie sonst auch und stellte das saubere Glas zur Seite, worauf mir im Augenwinkel etwas auffiel.
Ein Handy...?
Hatte Kay sein Handy vergessen?
Natürlich war das seines.

"Ach, Kay." murmelte ich belustigt und nahm sein Handy von der Bartheke.
Von hier zu ihm nachhause war es nur ein kurzer Fußmarsch, also machte ich mich gleich auf, in der Hoffnung, ihn noch einzuholen.

Mit einer dünnen Jacke bekleidet lief ich also durch die schäbige Stadt und die Route entlang, die Kay immer nahm, um zu meinem Club zu kommen.
Geschlagene zehn Minuten brauchte ich, um zu seinem neuen Luxushaus zu kommen.
Eigentlich dachte ich, dass ich schnell genug war, um ihn einzuholen, aber anscheinend war er doch schon fitter als er aussah.
Also klingelte ich an der Hausklingel, bis Silas mir die Tür öffnete.

"Hey, Silas. Kay hat sein Handy bei mir vergessen, könntest du es ihm geben?" begrüßte ich ihn und hielt ihm das Handy entgegen.
Silas nahm es zwar an, sah mich aber sonst nur verwirrt an.
"Was ist los?" "Wo ist er hingegangen? Zuhause ist er nicht." entgegnete der braunhaarige Junge und ich zog die Augenbrauen zusammen.
"Er sagte, er würde nachhause gehen."
Darauf sahen wir uns beide still an und schwiegen.
Kay war nicht zuhause?
Aber er müsste längst hier sein...

"Vielleicht ist er zu Zale gegangen." meinte Silas auf einmal und ich stutzte.
"Wer ist das denn?" "Kays neuer... Freund..."
Silas schien, seine Worte vorsichtig zu wählen. Ich winkte aber ab und meinte, dass wir diesen Zale einfach fragen sollten.
"Ich kann ihn nicht erreichen, aber ich glaube, du weißt, wo er wohnt." entgegnete Silas und ich sah ihn verdutzt an.
"Du hast Kay doch am Tag der Attenborough-Gala zu einem Penthouse gefahren, oder? Das hat er mir erzählt." fragte er und ich nickte.
"Zale wohnt dort."

Wir machten uns darauf zur Garage auf und als Silas das Licht anmachte, blieb mir die Luft weg.
"Ach du heilige... ein Mercedes e63s? Ist das euer Ernst, wo habt ihr den her?"
So eine Karre musste man sich in unserem schäbigen Leben erst einmal leisten können.
"Sagen wir... Kays neuer Freund mag ihn sehr." grinste Silas zurück und warf mir plötzlich die Schlüssel zu.
Ich schüttelte belustigt den Kopf und öffnete die fordere Autotür.
"Hoffen wir, dass er dort ist."

𝑴𝒐𝒏𝒔𝒕𝒆𝒓 [𝐁𝐋]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt