-51- Hungover

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Einige Zeit später stand die Sonne bereits hell am Himmel um ich neben Zale in der Küche, am Herd.
Denn... er machte Frühstück.

"Du kannst echt kochen?" murmelte ich fasziniert und sah zu, wie er die schwere, heiße Pfanne in seiner Hand geschickt wendete und die Eier darin tanzten.
Er sah mich mit hochgezogener Augenbraue an und nickte.

"Es ist nicht so, als hätte mein Vater für mich gekocht. Auch Zlata war nicht immer da. Und die Leichen im Keller sahen nicht sehr appetitlich aus." meinte er ruhig und ich stockte bei seinen letzten Worten.
Seine Art, Witze zu machen, war... originell.
Ich würde mich erst daran gewöhnen müssen.
"Dein Vater hätte dich doch sicher keine Leichen essen lassen, oder?" scherzte ich und holte zwei Teller aus einem Regal über mir.
Zale aber, erwiderte nichts.

Ich ertappte ihn dabei, wie er mich wortlos anstarrte.
"Das ist doch nicht dein Ernst." gab ich verstört von mir und Zale zuckte die Schultern.
"Er hat mir ein Auge ausgebrannt, Kay. Mein Vater war vieles, aber noch lange kein normaler Mensch." seufzte er und kippte die Eier aus der Pfanne, auf die Teller, die ich auf dem Tisch abstellte.
"Wow..." murmelte ich und stellte mir ein Kind vor, das von seinem Vater in einen Keller mit Leichen gesperrt wurde, und davon aß, um zu überleben.
Gruselig.
Und... nicht sehr appetitlich.

Seufzend verdrängte ich die Gedanken und wandte mich meinem Frühstück zu.
Zale und ich trugen unsere Teller ins Wohnzimmer, zu den anderen, und ich merkte, dass Silas bereits wach war.
Zumindest blinzelte er uns verschlafen an und winkte mir zu, als ich mich neben Zlata auf die Couch setzte.
Sie schlief noch.
Zur Hälfte lag sie auf Nandez, der seinen Arm um sie gelegt hatte.
Irgendwie passten die beiden zueinander.

"Aw... mein Schädel." jammerte Silas und setzte sich neben mich, bevor ich anfing, mein Früstücksei zu essen.
Zale setzte sich nicht, er stand neben uns und gabelte sein Ei auf, während er uns still musterte.
Silas rieb sich den Kopf und seufzte laut, als sich auch Zlata neben ihm plötzlich regte.
Mit ihrem schmerzerfüllten Stöhnen wachte auch Nandez auf und die beiden sahen sich schlaftrunken um.
Sie mussten alle einen ziemlichen Kater haben.

Als Zlata aber bemerkte, dass sie auf Nandez lag, und Zale sie sehen konnte, sprang sie förmlich von ihm runter und ließ ihn verwirrt und mit Kopfweh alleine auf der Bank zurück.
Stöhnend setzte sie sich auf und stützte ihren Kopf in ihre Hände.
"Was habt ihr gestern bitte gemacht?" lachte ich und knabberte an meinem Ei, als mir eine andere Stimme antwortete.
"Zu viel."
Das war Tamara.

Ich spähte über den Rand der Couch und sah sie an.
Sie rappelte sich auf und rieb sich die Schulter, auf der sie geschlafen hatte.
"Gott, ich hab' zu viel gesoffen." stöhnte auch sie und ich schüttelte belustigt den Kopf.
Wir hatten gestern Nacht wohl alle Spaß.

"Habt ihr etwas gegen Kopfschmerzen?" seufzte Silas, an Nandez gerichtet, der sich ebenfalls schwerfällig aufsetzte, und er nickte.
"Irgendwo in der Küche... vielleicht." murrte er und rieb sich über die Schläfen.
"Äh, Kay... wann kommst du eigentlich wieder heim? Du bist jetzt schon ziemlich lange bei Zale." fragte Silas mich auf einmal und ich verschluckte mich fast an meinem Ei.
Hustend wandte ich den Kopf ab und merkte, dass mich plötzlich alle Anwesenden anstarrten.
Auch Zale sah mich still an.

"Äh- ich... ahem..." stammelte ich nervös und sah die anderen überfordert an.
"Wir sollten uns zuerst alle was gegen den Kater holen und Kay und Silas alleine reden lassen." wandte Zlata ein und erhielt diverse Zustimmung.
Nur Zale schwieg.
Irgendwie tat er mir leid...

Betrübt sah ich mein Früstück an und legte die Gabel weg.
Mir... war der Appetit vergangen.

.
Nun, ein paar Stunden später, als die Tabletten gegen die Kopfschmerzen angefangen hatten, zu wirken, saß ich mit Silas allein in der offenen Küche des Stockwerks.
Die anderen hatten sogar das Geschoss verlassen, um uns etwas Ruhe zu gönnen, da die Räume hier sehr offen und groß waren.

"Na gut..." begann Silas und sippte noch einmal an seinem Glas Wasser, bevor er sich über den schwarzen Marmortisch lehnte und mich erwartungsvoll ansah.

"Du bist jetzt schon über zwei Wochen bei Zale, obwohl nur eine Woche ausgemacht war. Wann kommst du wieder?" fragte er direkt und ich nickte langsam.
Ich hatte ihn alleine gelassen.
Die Zeit bei Zale hatte sich wie eine Pause angefühlt.
Eine Pause von meinem Alltag und Silas.
Natürlich liebte ich Silas mehr als alles andere und ich hatte ihn selbst aufgezogen.
Aber er wurde erwachsen...
Und ich erwischte mich dabei, mir ein Leben zu wünschen, in dem es um mich ging.
Nicht nur darum, Silas zu beschützen.
Nicht nur darum, irgendwie Geld für uns beide zu beschaffen, oder vor unseren Eltern wegzulaufen, seine Erziehung vor meine eigenen Bedürfnisse zu stellen...
Das alles hatte ich die letzten 17 Jahre getan.
Aber trotzdem... konnte Silas nichts dafür.
Ich wollte ihn nicht alleine lassen.

"Ich... komme heute nachhause." meinte ich, nach langer Überlegung, und Silas verschränkte die Arme vor der Brust.
Er sah mich derart ungläubig an, dass ich seufzen musste.
"Schau mich nicht so an, ich mein's ernst." meinte ich und drehte den Kopf weg.
Nachhause zu kommen, war verlockend.
Aber irgendwie... fühlte es sich an, als würde ich Zale damit alleine lassen.
Er hatte Zlata... Valró und Nandez... die ganze Huntback Mafia stand hinter ihm.
Und trotzdem.

Ich schüttelte fest entschlossen den Kopf und meinte "Ich komm' heute mit dir nachhause, versprochen.", bevor ich aufstand und Silas mir folgte.
"Ok... dann sagen wir es den anderen und holen deine Sachen." säuselte mein Bruder und ich nickte ihm zu.

Ich sollte mir nicht so viele Gedanken machen.
Das alles zwischen Zale und mir hatte nur angefangen, weil ich gerade zu haben war.
Er würde nie ernsthaft etwas für mich empfinden.
Es war dich nichts weiter, als ein Job.

Der... etwas zu weit gegangen war.

𝑴𝒐𝒏𝒔𝒕𝒆𝒓 [𝐁𝐋]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt