D R E I

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»Cengiz, hast du alles dabei?«, fragte ich meinen Kollegen flüsternd, was er nickend bestätigte und zeigte auf seine Hosentasche. Wir hatten endlich wieder Kunden gefunden, die sich mit uns treffen würden, in einer der verlassenen Orte der Stadt, meist kleine Gassen, wo auch Obdachlose schliefen.

Schnell rannten wir über die Straßen und vergewisserten uns, dass uns niemand sah, denn ins Gefängnis wollte wir beide nicht, geschweige denn einen Eintrag in unserem Führungszeugnis. Damals hätte ich beinahe einen bekommen, da ich getapet hatte und mich ein alter Mann dabei erwischt hat. Er meinte, wenn ich alles putzen würde, würde er mich gehen lassen, aber das alles war schon so lange her.

An der besagten Ecke warteten Cengiz und ich nun, hier dielten wir öfters, wechselten aber auch manchmal den Ort, damit uns keiner erwischte, falls es einen V-Mann geben sollte, der uns verpfeift. Meine Gedanken wurden unterbrochen, als ein zierlicherer Mann auf uns zu kam, der schon sowas von abhängig und krank aussah, dass ich mich fragte, ob er nicht in den nächsten zehn Sekunden einfach umkippt. Seine trüben Augen sahen in meine und seine Hände zitterten sehr. Anscheinend war er ein Bettler, musste lange warten bis er genug Geld beisammen hatte und brauchte wohl wieder eine Dosis.

»W..Wie viel w..ollt ihr Jungs?«, fragte der kränklich aussehende Mann, seine Stimme war ebenfalls rau und klang ehrlich gesagt total scheiße. Aber Mitleid würde er nicht von mir bekommen, denn bei mir ist alles unheimlich teuer und ich verlange bei jedem den vollen Preis ohne zu verhandeln. »Hundertzehn und wir sind dabei.«, sagte ich. »Können wir nicht neunzig draus machen?« Ich schüttelte nur gelangweilt den Kopf. »Entweder hundertzehn oder du stirbst an einer Unterdosis, deine Entscheidung.« Traurig sah er mir in die Augen, hoffte auf etwas Mitleid, welches er nicht bekam, nickte dann aber schließlich und holte sein letztes über Monate gesammeltes Geld raus. Nachdem er uns das Geld gab und danach ging, teilten Cengiz und ich das Geld gerecht auf.

»Sehen uns, dann ein anderes mal, T.«, sagte Cengiz und unsere Wege trennten sich.

Stunden vergingen, in denen ich durch die Nacht lief, mit meinen Gedanken irgendwo und einer Zigarette in der Hand. Der Rauch der aus meinem Mund kam verteilte sich wunderschön im Himmel, der von Sternen überseht war, weshalb ich abgelenkt war und gegen etwas stieß.

»Junge, pass' doch auf!«, schnauzte ich und schaute runter. Ein Junge war gegen mich gelaufen und sah mich ängstlich an. »Es tut mir leid!«, sagte er und wollte an mir vorbei gehen, doch ich hielt ihn fest. »Kennen wir uns nicht?«, fragte ich grob und hielt ihn unvorsichtig an der Schulter fest. »Ich wü-üsste n-nicht, nein.", stotterte er. »Ich glaube du hast nicht grundlos sprechen gelernt, also hör auf zu stottern, oder hast du diese scheiß Stotterkrankheit?«, knurrte ich ihn angepisst an, da ich es hasste, wenn man nicht anständig mit mir redete.

»Ich....«, er hielt inne. Seine grünen Augen, soweit ich sie erkennen konnte, waren weit aufgerissen vor Angst. Er zitterte stark und machte Anstalt jede Sekunde weg zu rennen. Doch er könnte nicht, denn ich hielt ihn fest an der Schulter, die ihm sicher schon sehr schmerzte.

»Was tut ein Kind hier im rotlichtmilieu?«, fragte ich ihn, weil er nichts sagte und ich wissen wollte, was er hier zu suchen hatte.

»I..ich suche einen Schlafplatz.«

Es ist zu Tardy | Tardy FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt