Part 5 - Qietschgelbe Boxershorts

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Ein kurzer Blick meinerseits reichte völlig aus, um zu erkennen, dass er das doch tatsächlich ernst gemeint hatte. Dieses Pickelgesicht erwartete doch allen Ernstes von mir, dass ich ihn küsste, nur um an meine Sportsachen zu kommen!

Gut, ich kann von dieser Entfernung aus genau einen Pickel auf seinem Gesicht erkennen und der ist unten am Kinn und somit kaum zu sehen, aber Pickel ist Pickel. Verdient hat er ihn ja. Und das zusätzlich zu der Tatsache, dass er so schon abstoßend genug war.

Ja, bei Forderungen dieser Art von einem Jungen wie Jason Spark, fragte ich mich doch immer wieder, was solche Leute denn dann nachts träumen.

„Als ob ich einer wandelnden Flohschleuder wie dir auch nur näher als dreißig Zentimeter kommen würde!", ab ich also abwertend zurück. Vielleicht hatte ich vergessen, dass er kurze Hosen trug und aus diesen Hosen etwas hervor guckte, das eher an einen Urwald erinnerte, aus dem jeden Moment ein Schimpanse hervorspringen könnte, als an Beine. Ich weiß ja, dass es nicht so ist, dass er es sich hätte aussuchen können, aber zu erwarten, dass man das auch nur annähernd als attraktiv empfinden könnte ist dann doch ein wenig daneben.

So etwas sieht man häufiger, seitdem die Mädchen den Sommer eingeläutet haben. Dass Sommer ist, merkt man nicht etwa daran, dass die Temperaturen steigen, sondern eher daran, dass die Kleidung der Mädchen dünner wird. Wobei man das teilweise schon nicht mehr als „Kleidung" definieren kann, denn ich bin der Meinung, dass sogar ein Bikini mehr verdeckt, als das, was die Mädchen hier so auftragen. Leider ziehen bei diesem Trend dann auch die Jungs mit, zwar nicht so extrem, aber wie man hier an Jason sieht, immer noch zu sehr. Wobei eigentlich Jason bisher auch der einzige Junge ist, bei dem mir das negativ auffällt. Ist wahrscheinlich das Gesamtpaket an Unannehmlichkeiten.

Jasons Lächeln verrutschte für einen Augenblick, aber er setzte sofort wieder das altbekannte, schmierige Grinsen von vorher auf. In der Zwischenzeit war ich näher gekommen, denn auch wenn ich gemeint habe, dass ich ihm nicht näher kommen würde, würde ich nicht einfach tatenlos stehen bleiben und ihm meinen Spind kampflos überlassen. Am Ende denkt er noch, dass ich vor kuschen würde und das ist ja mal überhaupt nicht der Fall! Vor ihm auf gar keinen Fall! Da sieht meine Oma sogar angsteinflößender aus und die ist neunzig und im Altersheim, da sie eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung braucht.

Leider schlug mir auch noch eine Wolke beißenden Geruchs entgegen. Warum verstehen manche Jungs einfach nicht, dass ab einer bestimmten Kilomenge auch das teuerste Rasierwasser stinkt, wie das Billigste, das wochenlang in der Biotonne herumgegammelt hat? So schwer ist das doch auch nicht zu verstehen, dass manchmal weniger mehr ist.

Zudem fielen mir beim Näherkommen gleich noch zwei weitere Pickel auf. Ein weiterer Grund, um diesem Deppen einmal ordentlich die Meinung zu geigen. Ich weiß ja, das man wirklich nichts für Pickel kann, aber bei diesem Charakter hat er sich definitiv jeden einzelnen hart erarbeitet und nun auch redlich verdient. Um ehrlich zu sein, hat er eigentlich noch viel zu wenige, aber die, die er hat, reichen zumindest für den Anfang.

„Oh, sind wir heute mal ein bisschen zickig, ja?", fragte er mit tiefer Stimme, die seiner Ansicht nach wohl erotisch klingen sollte, aber einfach nur peinlich wirkte. Vielleicht hätte er mal die Chance einen Porno zu synchronisieren, da musste man schließlich nicht viel reden, aber bei mir definitiv nicht. Das ist ja schon fast zum Fremdschämen!

„An deiner Stelle würde ich nicht versuchen, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen, wenn ich, so wie du, wie ein Stinktier riechen und wie ein Warzenschwein aussehen würde", meinte ich und lächelte ihn dabei süffisant an. Ja, nett wie immer, aber ich würde dennoch sagen, dass es somit eins zu null für mich steht, denn nun war auch sein fettes Grinsen endgültig aus seinem Gesicht gewischt.

Und ich muss sagen, dass es vorher besser aussah, denn jetzt war jedes Bisschen, das auch nur ansatzweise an einen Charakter erinnert hätte, weg. Zumindest wurde er richtig wütend und packte mich an den Unterarmen.

Großer Fehler, Junge, großer Fehler!

Denn das ist etwas, das ich gar nicht leiden kann! Ich winde mich unter seinen Händen hindurch und greife um. Er reagierte ebenso – mein Ruf war mir eben schon meilenweit voraus, sodass er vorbereitet war und wohl mit einer Handlung in diese Richtung gerechnet hat. So man es, dass wir schon bald in einer wilden Rangelei ineinander verknotet waren.

Sein Gestank umnebelte mich und ich musste mich stark konzentrieren, dass er nicht die Oberhand gewann. Nun wusste ich wenigstens, wie er die ganzen anderen Mädchen ins Bett bekommen hatte, denn mit so einem Geruch brauchte man keine KO-Tropfen mehr!

Ich hing unter seinem Arm hindurch fest und hatte freie Sicht auf sein Hinterteil. Selbst mit Hose war das definitiv kein schöner Anblick. Vielleicht war es in dieser Hinsicht auch von Vorteil, dass er so intensiv nach etwas anderem roch. Da dieser Anblick dann doch ein wenig verlockend war, zog ich aus meinem rechten Ärmel vorsichtig die kleine Schere raus, die ich dort schon seit einiger Zeit regelmäßig aufbewahrte. Wenn man längere Zeit auf dieser Schule verbrachte, macht man schon eigenartige Dinge. Dies zählt auch dazu.

In der Zwischenzeit hatte sich eine kleine Menschentraube um uns herum gebildet. Interessiert beobachteten unsere Zuschauer, wie ich die Schere oben an seinem Hosenbund ansetzte. Gemerkt hat er nichts, denn in dieser Situation rechnet man ja irgendwie damit, dass der andere sich bewegt und einen anfasst, um sich aus der Lage zu befreien und den anderen unter Druck zu setzen. Es machte allerdings keiner Anstalten, Jason darauf hinzuweisen. So ein Publikum gefiel mir auf jeden Fall deutlich besser, als...

„Ah! Jason, pass auf!", schrie auf einmal eine hohe Mädchenstimme durch den Flur, aber es war schon zu spät. Mit drei schnellen, gezielten Schnitten hatte ich die Hose zerlegt und die Schere wieder in meinem Ärmel verschwinden lassen. Ohne dass er darauf vorbereitet war, glitt Jasons Hose zu Boden und er stand in Boxershorts vor uns.

Schlagartig wurde es erst still, dann fingen plötzlich alle an zu lachen. Und la sich sah, was er für eine Unterwäsche trug, konnte auch ich nicht mehr an mich halten. Es war eine quietschgelbe Boxershorts mit einer Schwimmente drauf!

Ich war schon ganz rot vor Lachen, als auf einmal eine tiefe Stimme laut durch den Flur polterte. „Was ist hier los?"

Der Kreis der umstehenden Gaffer öffnete sich an einer Stelle und nun sahen wir ihn und er uns. Ein Mädchen mit hochrotem Kopf und zerknautschten Klamotten neben einem Jungen, der verzweifelt versuchte, seine Enten-Boxershorts mit den Überbleibseln seiner Shorts zu bedecken.


„Josy Lewis! Jason Spark! Ich erwarte eine Erklärung!", donnerte der Direktor.

Was ist eigentlich schiefgelaufen...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt