Part 64 - Verantwortungen

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Es stellt sich raus, dass der R-Junge tatsächlich gar nicht so übel ist. Um genau zu sein, erscheint er sogar recht nett. Vor allem zu Lucy ist er freundlich und baut sie häufig in unser Gespräch mit ein, sodass sie sich nicht ausgeschlossen fühlt. Manchmal geht sie richtig auf und diskutiert mit, dass man sich vorstellen kann, dass sie früher nicht so zurückhaltend war. Wenn ich wüsste, wer sie so schüchtern gemacht hat, dann hätte derjenige aber ein ganz schönes Problem und zwar mit mir.

Dann müssen die beiden wieder gehen. Es ist kurz vorm Abendessen und ich habe wirklich keine Lust, die hungrige Meute warten zu lassen, schließlich haben sie uns auch die ganze Zeit lang nicht genervt. Das muss ich ihnen doch tatsächlich zugute kommen lassen. Wer weiß, vielleicht hat Mason sogar seinen Teil dazu beigetragen. Das muss ich ihn später unbedingt fragen. Na ja und eigentlich müsste ich mich auch bei ihm bedanken, da er uns auch nicht verpetzt hat. Wobei mich wundert, dass Logan uns nicht angeschwärzt hat, denn ich kann mir gerade nicht so wirklich vorstellen, dass er nicht mitbekommen hat, dass ich Besuch hatte. Wahrscheinlich ist es aber so, weil Logan und Freundlichkeit einfach nicht zusammenpassen.

Lucy und ich bringen sie wieder nach unten in die Lobby, wo wir sie auch verabschieden. Die gleiche Rezeptionistin wie vorhin beäugt uns kritisch, als ob wir ihr an den Kragen gehen wollten. So, wie sie guckt, will ich gar nicht wissen, was genau Flo zu ihr gesagt hat, bevor ich sie gerufen habe. Kaum zu glauben, dass es Leute gibt, die sich anscheinend noch schlechter bei Fremden erhalten, als ich. Obwohl, vielleicht kann man das gar nicht so sagen, denn wir haben ja keinen direkten Vergleich. Wer weiß, aber in dieser insicht sind wir uns dann wohl relativ gleich.

„Ach, es war schön, dich mal wieder zu treffen“, meint Flo und zieht mich in eine Umarmung. Ich bin so gar nicht der Typ für Umarmungen, aber nach dieser werde ich wohl auch eine ganze Weile meine Ruhe davor haben. „Lass uns auf jeden Fall wieder öfter skypen. Irgendwann wirst du bestimmt mal Zeit haben und ich habe ja auch bald frei.“

„Du hast Skype?“, schaltet sich der R-Junge dazwischen.

„Ja?“, gebe ich mehr fragend, als wirklich sicher antwortend, von mir. Warum fragt er denn? Okay, wahrscheinlich, weil er auch mit mir skypen würde, aber so wirklich viele Themen hatten wir zwei bisher eigentlich nicht. Ich habe eher mit Flo geredet und er hat eben ab und zu auch etwas dazu gesagt. Wie erwähnt, ich bin nicht gerade zuvorkommend, was Fremde angeht, und anscheinend gehört er eher noch zur Gruppe der Fremden, wenn er auch nicht mehr komplett fremd ist. Nur so ein bisschen eben schon. Hm, die Erklärung war nicht so gut, aber egal. Ich weiß ja, was ich meine.

„Vielleicht können wir auch mal skypen. Wenn ihr beide mal Zeit habt, wäre das bestimmt lustig“, erklärt er, was ich mir ja auch schon denken konnte. Na ja, ich kann dann ja immer noch sagen, dass ich keine Zeit habe. Möglicherweise auch etwas weniger Freundliches, aber das sehen wir dann. Aber hey, er denkt, dass es lustig wäre, mit mir zu skypen! Andere hätten das bestimmt nicht gesagt. Vielleicht ist da doch noch etwas Positives an dem R-Jungen.

„Flo kann dir ja meinen Skype-Namen schicken“, gebe ich etwa zögerlich von mir. Ich will ihn nicht unbedingt verschrecken, schließlich hat er sich ja nicht als kompletter Idiot herausgestellt, aber ich bin dennoch skeptisch. Leider weiß ich nur zu gut, wie man sich in anderen Menschen täuschen kann. Auch wenn ich momentan nicht allzu schlecht von ihm denke. So bin ich eben und so muss man mit mir klar kommen.

Er nickt und wendet sich dann Lucy zu, der er wieder die Hand schüttelt. Gut so, wenn er sie in Verlegenheit bringt oder so, dann kann er sich das Skypen gleich abschminken. Oh wow, ich glaube, ich gebe mich hier gerade als eine Belohnung aus. Ziemlich bescheuert, wenn man sich überlegt, dass mich viele als Strafe sehen und mich am liebsten wieder loswerden wollen. Mein ehemaliger Direktor, zum Beispiel, oder aus aktuellem Anlass Logan. Der würde mich bestimmt auch am liebsten wieder abgeben. Von daher sollte ich mit solchen Aussagen eher vorsichtig sein.

Was ist eigentlich schiefgelaufen...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt