Part 2 - Wie alles begann

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Wie jeden Morgen, begann die Schule auch am heutigen Tag um acht Uhr. Das ist zwar extrem früh, denn ich bin ein Langschläfer und ich stehe auch dazu, aber dafür ist sie auch früher zu Ende. Wenn man sich mal vorstellt, dass die Schule vielleicht erst um zehn Uhr anfangen würde, dann würde sie auch zwei Stunden länger dauern. Da kann man meiner Meinung nach sein Leben auch gleich in die Tonne treten, denn wenn man dann aus der Schule draußen ist muss man arbeiten und das Leben ist quasi gelaufen.

Ich gehe also wie jeden Morgen durch die beschmierten Eingangstüren des Schulgebäudes. Legenden besagen, dass diese Türen mal aus Glas gewesen sein sollen, aber wenn man mal ganz ehrlich ist, dann sehen sie aus wie Beton. Alleine, wenn man mal von der Farbe ausgeht. Wobei das natürlich auch an den diversen Graffitis liegen kann.

Mein weiterer Weg führt am Vertretungsplan vorbei, auf dem selbstverständlich nichts drauf steht. Ich frage mich immer wieder, weshalb das Ding eigentlich Vertretungsplan heißt. Es wird doch sowieso so gut wie nie etwas vertreten. Man wird vielleicht beaufsichtigt oder es steht eine Raumänderung drauf, aber eine Vertretung? Eher nicht. Seien wir mal ehrlich, es gucken alle nur drauf, weil sie hoffen, dass etwas entfällt. Zwar muss man dann immer noch in der Schule bleiben, aber eine Freistunde ist immer noch besser, als Unterricht.

Nachdem dann alle meine Hoffnungen auf einen entspannten Tag mit einem Mal zunichte gemacht wurden, bin ich leicht angefressen. Es ist eben wirklich jeden Tag aufs Neue deprimierend, ganz egal, wie vorhersehbar es ist. Wieso erfinden Schulen so etwas überhaupt? Solche Sadisten!

Ich schlage den Weg zu meinem ersten Kurs ein, dessen Zimmer gefühlt am anderen Ende des Schulgebäudes liegt. Wie es der Donnerstag aber leider so will, ist das nicht das einzig Schlimme an diesem Morgen, denn der Unterricht beginnt mit einem gnadenlosen Laberfach.

Jeder kennt das. Ein Fach, bei dem es heißt, dass man immer schön diskutieren soll, weil das ja wichtig ist für die Meinungsbildung, aber bitte nur die Argumente verwenden, die den Standpunkt des Lehrers vertreten. So viel zum Thema Meinungsfreiheit. Nun ja, so ist das eben in der Schule, wenn man nur ein einfacher Schüler ist. Man ist den Launen der Lehrer schutzlos ausgeliefert.

Ja, und wie man sich vielleicht denken kann, habe ich damit so meine Schwierigkeiten. Tut mir leid, aber lügen war noch nie meine Stärke. Es wird einem doch auch immer gesagt, dass man nicht lügen soll. Wieso müssen Lehrer dann immer so eine schizophrene Seite haben? Ich verstehe das einfach nicht.

Und als ob das nicht schon Grund genug wäre, diesen Morgen nicht ausstehen zu können, kommt dann auch noch meine Lehrerin dazu. Ohne zu übertreiben kann ich sagen, dass sie wirklich den Vogel abschießt.

Nein, nicht wörtlich gemeint!

Ihre Frisur lässt sie wirken, als ob sie frisch aus den Sechzigern entschlüpft wäre, wobei ich mir nicht sicher bin, dass sie nicht da schon aus der Mode gewesen ist. Vielleicht war das sogar noch nie in Mode. Wer weiß. Wenn ich genauer darüber nachdenke, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass niemand, der so ein Vogelnest auf dem Kopf trägt, jemals in Mode gewesen sein kann oder sein wird. Das geht absolut nicht. Ich meine, ich mache mir ja auch nicht viel aus Kleidung und Haaren – Hauptsache praktisch ist meine Devise – aber selbst ich habe irgendwo meine Grenze. Die muss man erst mal erreichen.

Von ihren Klamotten fange ich dann lieber erst gar nicht an. Nur so viel: Sie sehen immer ein wenig verstaubt aus. Aber gut, jeder hat so seinen Geschmack und mit meinen Sachen, die meistens blind aus dem Schrank gegriffen und eben bequem sind, kommt auch nicht jeder zurecht.

Um ehrlich zu sein, ist das auch gar nicht mein größtes Problem, das ich mit ihr habe. Das eigentlich Schlimme ist ihre Stimme. Wer kennt sie nicht, diese hysterischen Stimmen? Und damit meine ich die, die schon extrem hysterisch klingen, obwohl die Person für ihre Verhältnisse total ruhig ist.

Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, will ich mir gar nicht vorstellen, wie sie sich anhört, wenn sie mal wirklich hysterisch ist. Nein, bestimmt nicht, da ist ja alleine die Überlegung schon Folter.

Leider habe ich diese Frau dann gleich auch noch eine Doppelstunde.

Zusammenfassend gesagt ist dieser Donnerstagmorgen immer grausam. Der Direktor muss mich hassen.

Gut, das kann ich ihm eigentlich nicht so direkt übel nehmen, schließlich sitze ich nicht ohne Grund jeden Tag hier bei ihm. Was vielleicht aber auch einfach daran liegen könnte, dass er es nicht schafft, kompetente Lehrer einzustellen und normale Schüler zuzulassen, die einen nicht ständig mit ihrer Dummheit aufregen.

Allerdings zahlen meine Eltern das Dreifache an Schulgeld, als normalerweise üblich, weshalb man doch auch ein wenig mehr erwarten dürfe, oder? Okay, ich vermute mal, dass ich ohne diese kleinen Zusatzzahlungen schon lange nicht mehr auf dieser Schule sein würde, aber das darf man natürlich nicht sagen.

Um ehrlich zu sein, habe ich nichts gegen Leute, die bestechlich sind. Auch wenn ich nicht reich bin, habe ich meistens genügend Geld, um sie zurückzukaufen. Wie sie das mit ihrem Gewissen ausmachen, ist nicht mein Problem. Na ja, eigentlich kaufe ja nicht ich sie, sondern meine Eltern, von daher ist es auch gar nicht so schlimm von mir, was jedoch so gut wie nie jemand genauso sieht. Natürlich könnte ich meinen Eltern sagen, dass sie es nicht machen sollen, aber es wird ja offiziell nie gesagt, dass das miteinander in Verbindung steht, also wozu unnötig Stress machen. Den habe ich in der Schule schon genug.

Und wer das anders sieht: Ich bin noch immer mein Maß aller Dinge!

Okay, ich bin schon wieder vom Thema abgekommen. Bin ich tatsächlich so anstrengend, wie ich mir gerade selbst vorkomme?

Ich versuchte also, diese Frau und ihren sogenannten Unterricht so gut es eben ging auszublenden, indem ich mir die Kopfhörer in die Ohren steckte, auf volle Lautstärke drehte und mit dem Oberkörper so leicht zur Musik mitwippte.

Vielleicht wäre das der richtige Augenblick, um zu erwähnen, dass ich, aufgrund meines angeblichen Fehlverhaltens, in die erste Reihe strafversetzt wurde.

Ab und zu sah mich die Lehrerin mit einem Blick an, der wohl nicht gerade freundlich sein sollte. Sollte, weil sie gar nicht ernstzunehmend böse gucken kann. Wer sie auch nur einmal gesehen hat, weiß wovon ich rede. Ohne sie besonders weiter zu beachten, machte ich weiter. Als ich dann jedoch auch noch unbewusst anfing, mit dem Geodreieck auf der Tischkante den Rhythmus mit zu klopfen, wurde sie anscheinend richtig sauer, denn sie kam auf mich zugestürmt.


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