Part 25 - Null Selbstbewusstsein

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„Lucy?", frage ich und ich gebe zu, es klingt nicht gerade erfreut. Wie denn auch, ich meine, ich bin vollkommen durchnässt. Ich hatte momentan nicht wirklich das Bedürfnis nach weiteren Verzögerungen, sondern will eigentlich nur schnell unter die heiße Dusche und danach noch einmal Jake anrufen.

„Ich ... Entschuldigung, ich dachte, du meintest das vorhin ernst ...", stottert sie etwas geknickt vor sich hin. Oh nein, das habe ich ja total vergessen. Und wenn ich jetzt noch was Falsches sage, dann fängt sie bestimmt an zu heulen und dafür habe ich jetzt bestimmt keine Nerven.

„Ach so, ja, klar, kein Problem. Mach es dir bequem, ich will nur eben duschen", sage ich deshalb etwas eilig und verziehe mich ins Badezimmer. Na ja, nicht, ohne vorher noch meine Schlafklamotten aus dem Koffer zu holen. Als ich die Badezimmertür hinter mir schließe, sehe ich noch Lucys verwirrtes Gesicht. Was habe ich mir eigentlich dabei gedacht, ihren Retter zu spielen?! Das wird doch wieder nur Ärger geben! Hatte ich ihr denn nicht genug geholfen, indem ich ihr den Typen in der Schule vom Hals gehalten habe? Nein, anscheinend nicht und sie hält mich jetzt wahrscheinlich für Mutter Theresa.

Als erstes ziehe ich mir meine nassen Sachen aus und wringe sie über dem Waschbecken aus. Und von dem, was da rauskam könnte ein Kind in Afrika einen Monat lang wahrscheinlich überleben. Schlussendlich lasse ich die halb ausgewrungenen Teile zusammengeknäult im Waschbecken liegen und stelle mich unter die heiße Dusche.

Tut das gut!

Ich habe wohl gar nicht gemerkt, wie ausgekühlt ich schon war, allerdings erinnert mich meine brennende Haut sehr schnell daran. Egal, nach zehn Minuten, und das ist für meine Verhältnisse schon rekordverdächtig kurz, steige ich wieder aus der Dusche, trockne mich in Windeseile ab und gehe dann ich Schlafklamotten und mit Handtuch um die Haare zurück ins Zimmer.

Und Lucy sitzt da, als hätte sie sich die ganze Zeit nicht vom Fleck bewegt. Hat sie wahrscheinlich auch nicht. Und dann immer dieser ängstliche Blick, als ob ich gleich auf sie losgehen würde! Hallo? Ich bin doch kein Monster!

Ich lasse mich also ganz entspannt auf das Bett fallen. Hotelbetten sind toll! Da sind die Federn so extrem elastisch, wie auf einem Trampolin. Mal ganz ehrlich, die wollen anscheinend doch auch, dass man sie als solche verwendet, oder? Unter mir schaukelt es noch ein paar Mal hin und her, dann sehe ich sie an.

„Also, was ist passiert?", frage ich. Sie sieht ein wenig verlegen auf den Boden. Mein Gott, hat das Mädchen mal auf die Uhr gesehen? Ich muss noch Jake anrufen und zudem war es ein langer Tag! Ich habe also nicht ewig Zeit. Tja, und wie halt so meine direkte Ader ist, spreche ich sie natürlich gleich darauf an.

„Komm jetzt lass dir nicht alles aus der Nase ziehen! Ich petze auch nicht und außerdem habe ich nicht ewig Zeit, was aber nicht heißt, dass ich dich damit rausschmeißen will!", setze ich noch hinterher, als sie Anstalten macht, aufzustehen und, wie ich vermute, das Zimmer zu verlassen. „Ich habe dir doch gesagt, dass mein Angebot steht, dass du hier schlafen kannst. Ich halte mein Wort auch."

Sie lächelt ein wenig schüchtern. Oje, wer hat denn in der Erziehung versagt? Null Selbstbewusstsein, das Mädchen, wirklich null! „Na ja, es ist wegen Logan ...", beginnt sie schließlich zögernd. Na, welch eine große Überraschung, wo er doch die ganze Zeit so zuvorkommend ihr gegenüber war. Ein auffordernder Blick meinerseits folgt natürlich prompt. Nicht, dass ich hier falsch verstanden werde, ich finde immer noch, dass Logan sich absolut daneben benimmt und ich habe auch ein wenig Mitleid mit ihr. Denn, ohne Selbstbewusstsein hat sie nicht den Hauch einer Chance, sich ihm gegenüber auch nur ansatzweise durchzusetzen! Aber trotzdem, wenn ich ihr helfen soll, brauche ich Input! Und es macht mich wahnsinnig, wenn man mich zappeln lässt!

Was ist eigentlich schiefgelaufen...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt