Part 72 - Alles normal?

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Salut, Flo", grüße ich und winke kurz in die Kamera. Sie winkt kurz zurück, dann sieht sie zur Seite. Wow, ich scheine ja wirklich interessant zu sein, wenn sie noch nicht mal Zeit für eine normale Begrüßung hat. Ist denn ein „Hallo" schon zu viel verlangt? Wie es aussieht schon.

Flo hat den Laptop anscheinend auf dem Schoß, denn auf einmal beginnt ihre Kamera zu wackeln, sodass man kaum noch hingucken kann, ohne seekrank zu werden. Hallo? Ich bin auch noch da...

Dann dreht sich das Kamerabild, sodass eine weitere Person zu sehen ist. Und endlich ist die Kameraführung wieder etwas ruhiger geworden. Also Flo sollte auf gar keinen Fall Kamerafrau werden. Das kann man der Allgemeinheit nun wirklich nicht zumuten. So sadistisch bin selbst ich nicht.

Nachdem meine Augen nun endlich wieder fokussieren können, erkenne ich den R-Jungen neben ihr. So ein Mist, ich sollte mir definitiv mehr Mühe damit geben, mir Namen zu merken.

Salut, Josy!", grüßt er mich und dieses Mal winke ich nur lediglich in die Kamera. Vielleicht habe ich Glück und er hat diese Begrüßung eben bei Flo mitbekommen und hält das für normal. Könnte ja sein. Ansonsten bin ich unhöflich, aber das erwartet er ja sowieso von mir, also muss ich mir diesbezüglich keine Sorgen machen. Außerdem rechne ich nicht damit, dass wir noch sonderlich viel Kontakt miteinander haben werden.

Seit wann mache ich mir so viele Gedanken darüber, wie mein Verhalten bei anderen ankommen könnte?

Ich werde noch ein schwaches, kleines Mädchen, das abhängig ist von den Meinungen anderer Leute. Dieser Job tut mir nicht gut, denn wenn ich eines nicht werden will, dann ist es das. Jeder weiß, wie es ausgeht, wenn man auf andere angewiesen ist: Man wird fallen gelassen und kann sehen, wo man bleibt. Nur auf sich selbst kann man sich wirklich verlassen.

„Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass René dabei ist?", wendet sich Flo an mich. René also. Vielleicht sollte ich mir das aufschreiben, damit ich ihn nicht gleich wieder vergesse. Um ehrlich zu sein, bin ich etwas überrascht, dass sie mich überhaupt fragt, ob es für mich in Ordnung ist, schließlich kann ich ja nichts dagegen unternehmen, dass er jetzt dabei ist.

„Was, wenn ich ja sage?", frage ich also gleich mal provokativ in ihre Richtung, was angesichts der Tatsache, dass ich mit einer Kamera spreche, wahrscheinlich nicht viel bringt. Flo, die meine Intension wohl richtig erkannt hat, fängt an zu lachen, weshalb sie einen irritierten Blick von R... dem Jungen erntet. Ach Mann, Romain? Wird schon hinkommen. Falls ich ihn ansprechen muss, werde ich einfach ein bisschen nuscheln und es zur Not auf die schlechte Tonqualität schieben.

„Dann wirst du es wohl dennoch ertragen müssen, weil ich dir beweisen werde, dass du es nicht bereuen wirst." Sie streckt mir die Zunge raus und grinst, bis sie von einem Augenblick auf den nächsten total ernst wirkt. „Ich warne dich! Wehe, du legst auf!"

Nach dieser Drohung müssen wir uns wieder beide angrinsen. Ja, Flo ist eine gute Freundin von mir, was ich manchmal vergesse, wenn sie mir zu anstrengend wird, aber sie kennt mich doch schon besser, als so manch anderer.

„Ich hoffe doch, dass du das nicht ernst gemeint hast", schaltet sich Renaud ein. Es ist ganz klar, dass er nur seine Unsicherheit mit dieser coolen Fassade kaschieren will. Wer weiß, ob ich das nicht genauso gemacht hätte. Ausschließen würde ich das nicht.

„Das wird man wohl nie so genau wissen", gebe ich wenig aussagekräftig von mir. Wenn Flo ihn wirklich so gut vorbereitet hat, wie er mir vor ein paar Tagen noch ins Gesicht geklatscht hat, dann wird er wissen, dass ich ab und zu mal so bin. So oder so, er wird damit leben müssen.

„Wie läuft es mit deinen Jungs?" Flo ist wieder halbwegs ernst, wenn man mal von ihrer Frage absieht. Auf jeden Fall scheint es sie wirklich zu interessieren.

Was ist eigentlich schiefgelaufen...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt