Part 82 - Angenehme Atmosphäre

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„Wie ihr alle wisst, sind wir mittlerweile seit einem Monat unterwegs. Somit haben wir das erste Drittel der Tour schon erfolgreich bewältigt." Er macht eine kurze Pause und sieht uns der Reihe nach an, als warte er auf Beifall. Nun ja, wir sind in einem Restaurant und ich denke auch nicht, dass jemand von uns auf die Idee kommen würde, so etwas zu beklatschen. Gerade, da es von Mr Morrison kommt. „Es ist alles sehr reibungslos abgelaufen, was uns bestätigt, dass wir alle sehr gut als Team zusammenarbeiten können."

Aus Richtung der Jungs kann ich ein Husten hören und ein leichtes Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht. Wir arbeiten sehr gut als Team zusammen? Daran kann man auch gut erkennen, dass Mr Morrison unter einem leichten Realitätsverlust leidet. Anders kann ich mir diese Aussage nicht erklären.

Mr Morrison lässt sich nichts anmerken, auch wenn ich vermute, dass er gemerkt hat, dass ihm keiner abnimmt, dass er wirklich meint, was er sagt. Der beste Vergleich, der mir zu der aktuellen Situation einfällt, ist der eines Patriarchen. Und er setzt den Respekt, den er verlangt und nicht immer bekommt, notfalls mit irgendwelchen Drohungen durch. Das ist nicht unbedingt das, was ich unter einem gut funktionierenden Team verstehe, aber so hat wohl jeder seine eigenen Definitionen.

„Ich möchte daher auf uns alle und eine erfolgreiche weitere Tour anstoßen!", er hebt sein Glas und alle anderen tun es ihm gleich. „Prost!"

„Prost!"

Daraufhin entstehen kleine Gespräche rund um den Tisch. Ich enthalte mich weitestgehend, da ich im Moment nicht sonderlich erpicht darauf bin, sinnlose Unterhaltungen zu führen. Wenn ich ehrlich bin, sitze ich hier mit lauter fremdem Menschen am Tisch. Die einzige, die ich vielleicht als Freundin noch einschätzen würde, wäre Lucy, aber auch sie ist mir manchmal fremd. Der Pumuckl ist auch freundlich, aber wirklich kennen ist etwas anderes.

Und ganz plötzlich fühle ich mich einsam.

Das Gefühl, sich in einer großen Gruppe einsam zu fühlen, ist ein grausames Gefühl. Es macht einen machtlos und ich hatte gehofft, es losgeworden zu sein. Es gab eine Zeit, in der ich dieses Gefühl fast dauerhaft hatte. Eine Zeit, die ich auf gar keinen Fall zurücksehne.

Zum Glück kommt die Bedienung bald darauf mit den ersten Tellern zu unserem Tisch. Mr Morrison, Matt und Miri bekommen ihre Gerichte zuerst, dann kommen nach und nach die restlichen. Die Gespräche am Tisch verstummen und werden durch eine gefräßige Stille ersetzt.

„Schmeckt es dir?", wendet sich Lucy an mich und deutet auf mein Essen. Es ist ein einfacher Auflauf. Etwas, das ich kenne, denn auf irgendwelche Experimente habe ich heute keine Lust. Also nicke ich ihr zu und werfe zugleich einen Blick auf ihr Essen. Um ehrlich zu sein, wirkt es so, als sei es schon einmal gegessen worden. Ja, ich bin definitiv zufrieden mit meinem klassischen Auflauf.

„Deins sieht auch interessant aus", meine ich mit einem Kopfnicken in Richtung ihres Tellers. Lucy grinst. Ihr ist ganz bestimmt aufgefallen, dass ich ihr Essen nicht unbedingt meinem vorziehen würde, aber immerhin habe ich mich bemüht.

„Das nennt sich Bigos. Ist eine polnische Spezialität", erklärt sie mir, ohne dass ich weiter nachgefragt hätte. Also zwinge ich mir ein Lächeln auf mein Gesicht und nicke. „Es schmeckt auch besser, als es aussieht!" Sie grinst nun noch breiter. Ich sollte auf jeden Fall an meinen schauspielerischen Fähigkeiten üben.

Die kleinen Gespräche zwischen den einzelnen Grüppchen plätschern so vor sich hin, bis alle ihre Teller geleert haben. Es wird abgedeckt und erneut werden Karten ausgeteilt. Nachtisch? Super, Eis geht immer!

„Also eigentlich bin ich schon satt", ertönt da die leise Stimme von Lucy. So etwas kann doch wirklich nur von ihr kommen. Ist das jetzt ihr Ernst?

Was ist eigentlich schiefgelaufen...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt