Part 8 - Ein aufschlussreiches Gespräch

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Dort angekommen schlüpfte ich aus meinen schon ziemlich mitgenommenen, aber extrem bequemen, Jeans, die ich in Gedanken liebevoll „Gammeljeans"nenne, und zog mir eine Jogginghose mit einem weiten, ausgeleierten T-Shirt darüber an. Ja, ich meinte es wirklich ernst, als ich sagt,dass ich mir nicht viel aus Mode mache. Gerade, als ich den Umkleideraum verlassen wollte, betraten sie den Raum.

Die Tussi und ihr Fanclub.

Hatte ich tatsächlich noch nie mitbekommen, dass wir in den selben Sportkurs gehen? Gut, als ich so darüber nachgedacht habe, war es dann doch nicht mehr wirklich überraschend. Sie gingen in der Menge der übermäßig aufgestylten Mädchen einfach unter. So, wie alle Schulschlampen eben. Und meiner Meinung nach kann man sie als nichts anderes, als Schulschlampen bezeichnen, denn wer mit Klamotten rumläuft, die nur mit Ach und Krach das Allernötigste verdecken und bei der kleinsten Bewegung dann eben nicht mehr, haben keine andere Bezeichnung verdient.

„Ach nee, da ist ja wieder unser Agro-Kind!", meinte die Tussi, die sich nach dem vorherigen Vorfall augenscheinlich wieder gefangen hatte.Vom nachfolgenden Fanclub kam das obligatorische Gegacker. Irgendwie nicht überraschend, eher erschreckend vorhersehbar.

„Hey!",reagiert ich gespielt freundlich. „Unsere Tussi unterwegs mit ihren hörigen Schoßhündchen. Welch Überraschung, euch hier zu sehen!"Ich grinste sie an und drängelte mich dann an ihnen vorbei, um in die Sporthalle zu gelangen, bevor sie auch nur die Möglichkeit hatten, etwas darauf zu antworten.

Leider hatten sie nicht sehr lange zum Umziehen gebraucht, was an ein Wunder grenzt,angesichts der extrem engen Klamotten, die sie sowohl vorher, als auch jetzt wieder, anhatten. Manchmal frage ich mich, ob man dafür dann eine bestimmte Technik braucht, oder ob es einfach einer Menge Übung bedarf, um sich aus dieser zweiten Haut zu schälen.Wahrscheinlich haben sie den Zeitmangel, der dadurch zwangsweise entstehen muss, damit kompensiert, dass sie einfach Sachen angezogen haben, die nicht so viel Stoff haben. Wenn ich so darüber nachdenke,sollte ich wohl eher dankbar dafür sein, dass sie überhaupt etwas anhatten. In einem, wie immer, gewagten Aufzug, traten sie nur wenig später in die Halle. Innerlich stöhnte ich auf.

„Na, hast du mal wieder vergessen, dich anzuziehen?", fragte ich sarkastisch nach und warf einen Seitenblick auf ihr weißes, sehr dünnes Spitzentop mit einem Ausschnitt, der locker bis nach Jericho gereicht hätte, und die Hotpants, die ihr ganz offensichtlich schon länger zu eng waren. „Oder habe ich etwa verpasst, dass wir hier eine Pyjamaparty machen?" Ein unechtes Lachen entkam meiner Kehle und einen kurzen Moment lang verrutschte ihr selbstgefälliges Lächeln, jedoch fing sie sich schnell wieder.

„Oh,habe ich gerade deine Fassade bröckeln sehen?", fragte ich gespielt geschockt nach. Allerdings hatte ich ihren IQ in diesem Moment wohl deutlich überschätzt, denn sie verstand es allem Anschein nach nicht. Da ich mir diese wunderbare Gelegenheit nicht hätte entgehen lassen können, entschied ich mich dafür, sie noch weiter zu verschaukeln. „Also mir schien, als ob da gerade ein Kilo der drei Tonnen Schminke flöten gegangen wäre. Weißt du, es sah aus, als ob es schneien würde. Und das, obwohl doch Sommer ist..."Erneut lächele ich sie scheinheilig an.

„Weißt du, mir ist bewusst, dass du von einer solchen Feier nichts mitbekommen hättest, schließlich würde dich keiner einladen. Aber nur, weil normale Menschen nicht rumlaufen, wie Penner, die das letzte Mal neue Klamotten bekommen haben, als sie Säuglinge waren,muss man das nicht feiern." So eine blöde Kuh! Als ob ich freiwillig auf eine Feier mit ihr gegangen wäre, selbst wenn man mich einladen würde! Leider ist sie mit ihrem geistigen Dünnpfiff noch nicht fertig gewesen. „Auch wenn das bei dir wahrscheinlich ein Grund wäre... ich meine, wenn man sich dich mal so ansieht, wäre das auf jeden Fall ein Fortschritt!" Ja, du mich auch!

„Nein,ich möchte nicht so, wie jedes andere normale Mädchen rumlaufen, schließlich gehe ich nicht auf den Strich!",erneut lächelte ich sie an, auch wenn es mich dieses Mal mehr Energie kostete, mir nicht ansehen zu lassen, dass ich sie am liebsten gegen die Wand geknallt hätte. Allerdings fragte ich mich wirklich, wie einfältig man sein konnte. Ich verdrehte die Augen und überlegte, für wen sie sich so aufgetakelt haben konnte,schließlich waren wir ein reiner Mädchenkurs. So extrem, wie gerade, kann es noch nie gewesen sein, denn das wäre mir bestimmt aufgefallen.

„Wir gehen heute nach draußen auf den Sportplatz joggen!", rief die Lehrerin. Ach daher wehte der Wind! Hätte ich mir ja irgendwie denken können. Ich schüttelte den Kopf.

Auf dem Sportplatz angekommen wurden wir aufgefordert, vier Runden zum Aufwärmen zulaufen. Keine wirkliche Herausforderung, wenn man mich fragt,schließlich besteht mein regelmäßiges Konditionstraining auf fünf Kilometern laufen. Vier Runden in lockerem Tempo erscheinen mir dagegen wie ein langsamer Spaziergang von 1600 Metern. Und, wie kann es auch anders sein, nach meiner zweiten Runde in entspanntem Tempo,überholte ich die Tussi, die schon völlig rot und außer Puste war und über Seitenstechen klagte.Oh ja, sie hatte mein volles Mitgefühl! Muss ja anstrengend sein, wenn dann auch noch die ganze Zeit darauf achten musste, dass man nicht gleich nackt dasteht.

„Tja, muss ja richtig anstrengend sein, das Laufen. Ich meine, wenn man bei jedem Schritt, denn man tut, aufpassen muss, dass nichts verrutscht!",gab ich von mir.

„An deiner Stelle wäre ich nicht so gut gelaunt. So, wie der Direktor vorhin aussah,glaube ich kaum, dass du noch lange auf dieser Schule bleiben wirst",antwortete sie süffisant.

„Oh, meinst du, er würde das wirklich für mich tun? Nur, damit ich dich nicht mehr ertrage muss? Das wäre aber echt nett von ihm", lächelte ich zurück.

„Ja, glaub du nur,was du willst. Von einem Schulverweis von dir könnte ich ja nur profitieren!", antwortete sie und ich lief kopfschüttelnd weiter.Ich meine, es war die letzten drei Jahre gut gegangen und er war nie sonderlich begeistert von meinen Aktionen gewesen, aber es hatte nie irgendwelche schwerwiegenden Konsequenzen gehabt. Folglich war ich total entspannt.

Als der Unterricht dann zu Ende war, waren unfassbarerweise fast alle anderen zusammengeklappt, obwohl wir fast nichts gemacht hatten. Wenn ich nicht schon lange eine so niedrige Meinung von ihnen gehabt hätte, würde ich mich glatt für sie schämen. Aber anstatt weiter über ihre mangelhaften sportlichen Fähigkeiten nachzudenken, machte ich mich auf den Weg zum Direktorat. Unterwegs stöpselte ich mich noch schnell an meinen mp3-Spieler an. Bei der Zufallswiedergabe fing ein Lied an, das im Moment passender nicht sein konnte. Auf Anhieb wären mir mehrere Personen einfallen, auf die dieses Lied so gut passte, wie die Faust aufs Auge! Es war „Du doof" von den Wise Guys.

Grinsend klopfte ich an die Bürotür und trat ein...




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