Part 66 - Andere Ansichten

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Es ist kurz vor halb fünf, als die Jungs endlich genug vom Fußballspielen haben und wieder in den Tourbus klettern. Sie sind allesamt ziemlich verschwitzt, was bei den Temperaturen, die da draußen herrschen, nicht gerade überraschend ist. Außerdem mussten sie ihren Fans doch beweisen, wie toll sie sind. Und wie jeder weiß, geht das bei den meisten männlichen Wesen nur mit ordentlich Schweiß und einem affektierten durch-die-Haare-Fahren. Es ist wahrscheinlich besser, wenn ich das jetzt unkommentiert lasse. Wobei, eigentlich habe ich das schon kommentiert, aber dann halte ich mich eben jetzt zurück.

So verschwitzt, wie sie sind, lassen sie sich alle auf die Sofas fallen. Jetzt weiß ich, wo ich mich auf jeden Fall nicht mehr hinsetzen werde. Oder zumindest erst wieder, nachdem das alles ordentlich desinfiziert wurde.

Matt breitet sich auch noch mit den Armen seitlich aus, sodass wenigstens auf dem Sofa auch ja kein Fleck mehr frei von seinen diversen, nicht so frischen Körperflüssigkeiten ist. So ein Widerling! Aber was soll ich von Matt auch anderes erwarten?

Das muss ich mir doch jetzt nicht mehr antun. Schnell gehe ich zu meinem Bett und ziehe mir eine kurze Sporthose und ein Top an, um noch ein wenig an meiner Kondition zu trainieren. Es ist eine richtige Wohltat, aus diesen dicken Klamotten rauszukommen, denn jetzt bin ich ja für kurze Zeit nicht im Dienst, wenn ich raus gehe.

„Also ich gehe noch eine Runde joggen, bis ihr euch eurer körpereigenen Klimaanlage wieder entledigt habt“, meine ich mit einem angeekelten Blick in Richtung Sofas und gehe zur Tür. „Will noch jemand mitkommen?“

Um ehrlich zu sein, habe ich fest mit einer Absage von allen gerechnet, denn ich habe so gar keine Lust, auf auch nur einen von diesen Nervensägen, aber meine Mutter hat mich dann doch so gut erzogen, dass ich mir diese Frage nicht verdrängen konnte. Aber die Jungs haben sich doch auch gerade ausgetobt und die Mädchen werden ja wohl beide eher weniger aufs Joggen versessen sein.

„Klar! Ich komme gerne mit!“, meint Miri und steht prompt hinter mir. Wirklich, in genau diesem Augenblick könnte ich meine gute Erziehung verfluchen. Ich will alleine sein! Aber gut, ich habe ja schließlich gefragt, also sollte ich jetzt nicht unfreundlich sein. Das ist ja wie ein Teufelskreis: Ist man einmal freundlich, muss man immer freundlich sein. Schrecklich!

Ich nicke also nur, als Zeichen, dass ich es gehört habe, und öffne die Tür.

„Ihr werdet auch mal anderthalb Stunden ohne mich klarkommen, oder?“, frage ich dann doch noch in den Raum, denn sonst gäbe es bestimmt wieder Ärger. Sie sind eben schon teilweise schlimmer, als ein ganzer Haufen aggressiver Kleinkinder in der Trotzphase. Ich kenne eben meine Pappenheimer.

„Klarkommen?“, kommt es abfällig von Logan. Natürlich, wer hätte es denn auch sonst sein können? „Das werden wohl die besten anderthalb Stunden seit langem!“ Ja, wenn Gehässigkeit eine Person wäre, wäre Logan wohl ein heißer Anwärter dafür.

„Dann ist ja gut, dass wir da ausnahmsweise mal der gleichen Meinung sind“, antworte ich und kann mir nur sehr schwer ein „du Arschloch“ am Ende verkneifen. Ist aber wohl besser so, denn ich kann mich, im Gegensatz zu ihm, beherrschen.

Zusammen mit Miri, die über unsere Unterhaltung nur den Kopf schüttelt, verlasse ich dann letztendlich den Bus. Die Menge, die immer noch hinter der Absperrung wartet, kreischt voller Erwartung auf, aber wird schnell wieder leiser, als sie sieht, dass es keiner der Jungs ist. So ein Pech aber auch!

Wir haben Glück, dass Miri nicht erkannt wird, aber sie hat ihre Haare in einem Zopf nach hinten gebunden, sodass ihr Gesicht ganz anders aussieht, als sonst. Wie viel so ein Zopf doch manchmal ausmachen kann. Na ja und wieso sollte jemand wie Miri sich mit jemandem wie mir abgeben? Das ist für Außenstehende vielleicht nicht ganz so leicht nachvollziehbar. Okay, für mich, als unmittelbar Betroffene eigentlich auch nicht.

Was ist eigentlich schiefgelaufen...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt