Part 89 - Europäisches Durcheinander

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Mit Vollkaracho knalle ich mit dem Kopf gegen die Decke. Sofort schießt der Schmerz durch meinen Hinterkopf und ich reibe ihn mir, damit es wenigstens etwas besser wird, wobei ich glaube, dass das ziemlich sinnlos ist.

Wer auch immer diese Kojen konzipiert hat, sollte verklagt werden. Wie kommt man auf die Idee, ein Bett so niedrig zu machen, dass man nicht einmal darin sitzen kann?

Grummelnd schiebe ich mir ein Kissen an eine Wand und lehne mich dann halb liegen daran an, bevor ich meinen Laptop öffne und ihn hochfahren lasse.

Ich habe etwa eine halbe Stunde frei, wenn ich das jetzt richtig mitbekommen habe, bis wir wieder losmüssen. Leider ist hier keiner auf die Idee gekommen, in ein Hotel einzuchecken, weshalb wir in der Freizeit in diese Blechdose eingepfercht werden. Und eingepfercht trifft es wirklich. Da die Jungs in der kurzen Pause nicht in irgendwelche Schwierigkeiten kommen sollen, dürfen sie den Bus nicht verlassen. Manchmal denke ich, dass sich Mr Morrison auch als Gefängniswärter nicht schlecht geschlagen hätte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit ist der Laptop endlich hochgefahren und das altbekannte Ploppen des Skype-Programms ertönt. Seit wir unterwegs sind, wird der Laptop immer langsamer. Bei meinem Glück gibt er den Geist noch auf, bevor ich wieder zurück bin. Ich sehe schon vor mir, wie ich von der Welt angeschnitten von den Jungs tyrannisiert werde. Okay, so schlimm wird es dann schon nicht, ich habe schließlich immer noch mein Handy.

Der vertraute Punkt hinter Renés Namen leuchtet grün auf, sodass ich gleich einen Videoanruf starte und mein Headset einstecke. Es muss ja nicht gleich jeder unser Gespräch belauschen können, der durch Zufall hier hinten im Bus rumgeistert.

Es dauert auch nicht lange, bis dieser den Anruf annimmt und frech in die Kamera grinst. „Salut, Josy! Ça va?", erkundigt er sich.

„Hi, René. Ganz gut und dir?" Seltsamerweise haben wir in den letzten Wochen häufiger geskyped und ich würde fast behaupten, dass wir so etwas wie eine Freundschaft entwickelt haben. Eigentlich habe ich ihn am Anfang für ziemlich komisch gehalten, gerade mit seiner Aktion, als er hier war. Doch wer bin ich, jemanden für seine Andersartigkeit zu verurteilen. Das wäre dann doch etwas scheinheilig.

„Auch gut. Es sind ja Ferien!" Danke, andere Leute müssen etwas tun und können nicht nur den ganzen Tag auf der faulen Haut liegen.

„Ha ha", gebe ich daher unamüsiert von mir und strafe ihn mit einem Todesblick, der aber aufgrund der schlechten Kameraqualität und miserablen Internetverbindung nicht wirklich einschüchternd rüberkommt.

„Ja, das finde ich auch sehr toll", tut er so als sei meine Aussage nicht ironisch gemeint gewesen. „Schön, dass du das genauso siehst!" Daraufhin verdrehe ich nur die Augen.

„Musst du nicht in irgendein Ferienlager, wie das bei euch so üblich ist?", erkundige ich mich daher. In diesen Ferienlagern müssen sie doch auch immer so früh aufstehen, als sei Schule. Zumindest fast. Wenn man früh aufstehen muss, macht es doch fast keinen Unterschied, ob man nun eine Stunde früher oder später aus dem Bett geworfen wird.

„Lass mich bloß damit in Frieden!", stöhnt er und wirft den Kopf nach hinten. Oh, wunder Punkt, alles klar, da werde ich wohl ein wenig drauf herumreiten müssen.

„Steht es dir also noch bevor?", frage ich grinsend. „Ich dachte mir schon, dass deine Eltern dich bestimmt keine zwei Monate dauerhaft unbeaufsichtigt zu Hause lassen. Das wäre dann doch ein wenig fahrlässig!" Fast hätte ich ihm auch noch die Zunge rausgestreckt, aber ich kann mich dann doch noch beherrschen.

Was ist eigentlich schiefgelaufen...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt