Part 7 - Sieg auf ganzer Linie

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"Josy Lewis! Wie reden Sie mit Ihren Mitschülerinnen? Und was ist das überhaupt für ein Verhalten, anderen Mitschülern grundlos die Hose zu zerschneiden?", brauste der Direktor plötzlich auf. Meine Güte, der sollte sich mal beruhigen, so schlimm war das nun auch wieder nicht. Bestimmt kommt unser Direktor aus einer extrem konservativen Familie. Am besten noch mit Eltern, die so eine „vornehme" nasale Aussprache hat. Mal im Ernst: Wer das als vornehm empfindet, der sollte wirklich mal einen Therapeuten aufsuchen. Das ist doch nicht mehr normal. Es gibt ja Leute, die nichts dafür können aufgrund einer Krankheit, aber wer das freiwillig macht, kann doch nicht ganz klar sein. Das hört sich doch total bescheuert an!

Na ja, also im Prinzip ging der Direktor ja, wenn man mal von seinem, sagen wir mal empfindlichen, Gemüt absieht. Gut, und das Tomatenrot war vielleicht als Bildschirmhintergrund machbar, aber als Gesichtsfarbe nicht unbedingt die beste Idee. Es wirkte, als wäre er kurz vorm Explodieren. Ich hatte doch eigentlich nur gemeint, dass sie die Klappe halten soll, also was war denn daran jetzt so falsch? Gut, wenn man mal von dem Unfall mit der Hose absieht. Das war jetzt vielleicht nicht meine beste Idee, also in seinen Augen wohlgemerkt, denn ich bereue es ganz bestimmt nicht. Und so ein laues Lüftchen untenrum könnte ihm auf jeden Fall häufiger ganz gut tun. Wobei ja wahrscheinlich sowieso schon Hopfen und Malz verloren war...

Laut seufzend atmete ich aus, dann zuckte ich ganz entspannt mit den Schultern und guckte unschuldig. Was hatte ich lange für diesen Blick trainiert! Aber es war einfach zu schön, wenn man sehen konnte, wie andere Leute ausrasteten, weil der Blick total unangebracht war.

„Josy Lewis, sofort in mein Büro!", brüllte der Direktor und zeigte mit ausgestrecktem Arm in Richtung des Direktorats. Er zitterte richtig vor Wut. Das war eigentlich schon sehr unterhaltsam. Besser, als in jedem Film!

„Aber ich muss jetzt zum Sportunterricht...", brachte ich mit der freundlichsten Stimme, die ich hatte, hervor, schwer damit beschäftigt, nicht in wildes Gelächter auszubrechen. Der Direktor schien mit sich zu ringen. Jason, die Tussi und ihr Fanclub, sowie alle anderen Gaffer sahen gespannt zu ihm hin. Während es bei den Unbeteiligten die reine Neugier war, die aus einem aus ihren Gesichtern geradezu entgegen sprang, so war es bei den anderen eher die Erwartung des großen Ausbruchs mir gegenüber.

Nicht, dass der Fanclub meiner Meinung nach irgendetwas damit zu tun hatte, aber es kam mir so vor, als ob sie schon fast mit der Tussi zu einer Person verschmolzen und die hatte sich ja eingemischt, also denke ich, dass man das so nennen kann. Sehen ja so oder so alle irgendwie gleich aus.

Wenn der Direktor mir jetzt nachgab, hatte ich gewonnen! Er schnaufte.

„Nach dem Sport sofort hier! Und wehe dir, wenn du nicht auftauchst!", brachte er schließlich mühsam beherrscht hervor. Innerlich gab ich mir ein Highfive. Das war ein Sieg auf ganzer Linie.

Die Außenstehenden wirkten überrascht, aber sie nahmen es gelassen und zuckten teilweise sogar mit den Schultern. Langsam lösten sie sich aus ihrem festen Verband um uns herum, die anderen jedoch brauchten eine Weile, um zuerst ihre Münder, die sperrangelweit offen standen, zu schließen und dann den Ausdruck auf dem Gesicht zu verwischen. Bloß nicht angreifbar wirken. Mit schnellen Schritten machte der Direktor sich aus dem Staub, nicht jedoch, ohne noch einmal das Wort an Jason zu richten: „Und du gehst jetzt nach Hause und zieht dir eine andere Hose an. Ich dulde an dieser Schule einen solchen Aufzug nicht!" Dann war er auch schon weg. Die verdutzen Gesichter waren erneut in die Gesichter zurückgekehrt und nun konnte ich einfach nicht mehr an mich halten. Ich bekam einen so fetten Lachanfall, dass ich mit Sicherheit danach ganz rot im Gesicht war.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Mir war durchaus die ganze Zeit über bewusst, dass ich später noch einmal zum Direktor musste, aber das war ich ja gewohnt und es war somit auch nichts wirklich Schlimmes mehr für mich. Außerdem konnte ich mir nachher ganz einfach schnell vorher die Stöpsel in die Ohren stecken und alles ausblenden. Ich hatte auch eine Vermutung, wieso der Direktor mir diese Gnadenfrist gegeben hatte. Das war zum einen, dass er sich selber wieder beruhigen konnte und zum anderen, dass ich mich im Sportunterricht abreagieren konnte, denn er hatte bestimmt schon von den diversen Gerüchten um meine aggressive Persönlichkeit gehört und will nicht, dass ich bei ihm dann ausfallend, oder etwas in diese Richtung werde. Das sind dann so meine Theorien.

Als ich mich, im Gegensatz zum Rest der Beteiligten, der noch ziemlich konsterniert wirkte, wieder beruhigt hatte, ging ich zu meinem Spind, schubste Jason unsanft zur Seite, da er wieder sehr ungünstig davor stand, zur Seite und ging schlie0lich mit meinem Sportzeug zu den Umkleiden der Sporthalle.

Was ist eigentlich schiefgelaufen...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt