Part 90 - Gesichtsexplosion

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Es ist witzig, wie ich mir vor Beginn dieser Reise nie Gedanken darüber gemacht habe, wie das so ist, mit einem Tourbus unterwegs zu sein. Ich meine, es klingt schon sehr praktisch, immer das eigene Bett dabei zu haben, gar die Fahrt zu verschlafen. Was ich nur nicht bedacht habe, ist, dass das definitiv nicht damit vergleichbar ist, in einem Zug zu schlafen.

Im Moment liege ich hier in meiner kleinen Schlafkoje und fühle mich wie eine Sardine in der Dose. Es wackelt und mein Körper kann sich nicht entscheiden, ob er seekrank werden soll, oder sich die Mühe lieber spart und einschläft. Eigentlich würde ich einfach aus dem Fenster gucken, aber es ist dunkel draußen und das einzige, das man erkennen kann, sind die Leitplanken der Autobahn, die aber in einem solchen Tempo an einem vorbeiziehen, dass einem noch viel schneller schlecht wird.

Ein Blick auf meine Uhr zeigt, dass es kurz nach drei in der Nacht ist. Tatsächlich habe ich kurzzeitig geschlafen, bis mein Körper gemerkt hat, dass er mit hundert Stundenkilometern durch die Gegend transportiert wird. Ein Glück liege ich mit den Füßen in Fahrtrichtung, bei der Fahrweise kann es gut passieren, dass wir nicht heil am Ziel ankommen. Aber dann schieße ich zumindest mit den Füßen zuerst durch die dünne Plastikbegrenzung um das Bett und nicht mit dem Kopf.

Auf einmal macht das Fahrzeug einen Ruck nach rechts und ich rolle mit Schwung gegen das kleine Fenster an meiner Seite. Wahrscheinlich kann ich mich glücklich schätzen, dass es nicht die andere Richtung war, sonst wäre ich bei meinem Glück noch rausgefallen. Kann man Führerscheine auch in der Tombola gewinnen? Nach den letzten Erfahrungen, die ich gemacht habe, würde ich das jetzt nicht unbedingt mehr ausschließen.

Jetzt hätte ich gerne solche Gitter am Bett, wie es sie in Krankenhäusern gibt. Wenn ich selbst die Gewalt darüber hätte, würde ich auch mit diesen Gurten zur Fixierung in der Psychiatrie klarkommen. Alles sicherer, als hier auf Fahrweisen eines wahrscheinlich Besoffenen zu vertrauen.

Immer mal wieder drifte ich in den Schlaf ab, das hält nicht wirklich lange. Wahrscheinlich hat mein Unterbewusstsein keine Ruhe, wenn wir fahren. Kann ich durchaus nachvollziehen, denn man kann nicht sagen, dass ich mich sicher fühle.

Dementsprechend müde bin ich auch, als wir gegen neun Uhr endlich auf einen Parkplatz fahren und stehen bleiben. Erst dachte ich, dass wir an einer Ampel stehen würden, da wir das davor auch schon ein paar Mal getan haben, aber nachdem ich schon fast wieder eingeschlafen wäre, wird mir doch bewusst, dass es wohl endgültiger ist.

Unter mir höre ich ein Knacken und auch aus anderen Richtungen ist Bewegung zu hören. Anscheinend habe nicht nur ich gemerkt, dass wir da sind. Außerdem ist es schon neun Uhr und die wenigsten schlafen hier länger, auch wenn sie es vielleicht mal sollten.

Auch ich schiebe meinen Vorhang zur Seite, um zu sehen, was los ist. Die Vorhänge der anderen sind alle schon offen. Im kleinen Gang zwischen den Kojen steht der Pumuckl zusammen mit Mason und Logan. Die anderen sitzen noch auf ihren Betten, sehen jedoch schon sehr wach aus.

Noch immer nicht wirklich wacher robbe ich bis zum Rand meiner Matratze und lasse die Beine nach unten baumeln. Der einzige Vorteil, den das oberste Bett hat, ist, dass man die Beine raushängen lassen kann, ohne dass man schon auf dem Boden aufkommt. Außerdem hängen sie denjenigen, die auf dem Gang stehen, ziemlich genau auf Gesichtshöhe, was ein zusätzlicher Bonus ist.

Meine Füße, die ich damit direkt in Pumuckls Gesicht strecke, dreht sich sofort zu mir um. Seine Haare stehen in alle Richtungen ab, weshalb er noch mehr aussieht wie Pumuckl, als sowieso sonst schon.

„Wow, Josy. Kennst du die Definition von Seife?", fragt er mich und schiebt meine Füße mit einem angewiderten Gesichtsausdruck zur Seite, bevor er mich wieder leicht verschmitzt ansieht. Daraufhin verdrehe ich nur die Augen.

Was ist eigentlich schiefgelaufen...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt