Part 17 - Der Vertrag und Mr Schrank

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Am Flughafen angekommen geben wir gleich unser Gepäck auf. Unterwegs dorthin habe ich erfahren, dass wir mit einem Privatjet fliegen werden. Die Leute haben aber auch zu viel Geld, oder? Ich meine ein normales Passagierflugzeug hätte es ja wohl auch getan! Na ja, mir soll es recht sein, ist ja schließlich nicht mein Geld. Gleich nach dem Check-In, der natürlich, wie immer, mit dem Metalldetektor verbunden war, der selbstverständlich auch bei mir auslöste, seile ich mich für die restliche Wartezeit ab.

Ich plündere in den Duty-free-Shops die Süßigkeiten-Regale. Ja, richtig gehört: Süßigkeiten. Wem es bisher also noch nicht aufgefallen ist, ich esse, was ich will, ich mache keine von diesen merkwürdigen Dauerdiäten. Davon halte ich grundsätzlich nichts. Ich meine, man lebt nur einmal. Jedenfalls ist das meine Ansicht. Falls also jemand an Reinkarnation oder Ähnliches glaubt, kann er das von mir aus machen, aber soll bitte kein Verständnis meinerseits erwarten. Wenn man unbedingt abnehmen will kann man ja Sport machen. Und da ich das ja mache, sehe ich in meinem (übermäßigen, was soll's) Süßigkeitenkonsum kein Problem. Der Reihe nach wandern Chips, Schokolade, M&Ms, diverse Riegel und Kaugummis in meinen Rucksack. Dann wühle ich mich noch kurz durch die Zeitschriften, doch wie so gut wie immer, ist nichts Gescheites dabei. Na ja, ich muss ja noch den ewig langen Vertrag durchackern, dann mache ich das eben während des Fluges.

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich mich wieder auf den Weg zurück zu den anderen machen muss, da der Flug bald gehen wird und ich meine neuen Arbeitgeber nicht gleich wieder gegen mich aufbringen will. Ja, auch ich lege es nicht unbedingt darauf an. Genug Verpflegung habe ich ja jetzt.

Gemütlich schlendere ich auf die anderen zu. Mittlerweile ist noch ein anderer Mann im Anzug dazugekommen. Aber vielleicht ist Schrank angebrachter. Ist das ein Bodybuilder? Hat der das irgendwie nötig? Nicht, dass ich irgendwas gegen Männer habe, die sportlich sind. Im Gegenteil. Sport ist toll und alle, die das anderes sehen, müssen sich bei mir schon sehr ins Zeug legen, damit ich sie mag. Wie schon erwähnt, ich mag nicht viele Leute. Aber der da ist eindeutig zu muskulös! Das wirkt richtiggehend unnatürlich. Und dann noch dieser Anzug dazu. Er wirkt wie einer dieser superwichtigen Bodyguards von Politikern oder Popstars ... Moment ... Popstars?!

„Josy! Wo warst du die ganze Zeit? Wir wollten in fünf Minuten starten!", meint Mr Morrison vorwurfsvoll. Upps, vielleicht hätte ich nicht ganz auf den letzten Drücker kommen sollen, aber so bin ich nun einmal. Er wollte mich schließlich als Bodyguard. Ich seufze und ziehe die Augenbraue hoch. Dann werfe ich einen fragenden Blick in Richtung Mr Schrank. Doch Mr Morrison sieht sich nicht in der Pflicht, uns einander bekannt zu machen, sondern dreht sich um und geht in Richtung der Stewardess, die uns freundlich ins Flugzeug leitet. Also das wäre kein Job für mich. Dieses Dauergrinsen muss einen auf längere Zeit gesehen krank machen. Die anderen schweigen oder tuscheln leise miteinander. Lucy wirkt ein bisschen verloren, doch versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Dafür, dass Logan und Lucy Cousin und Cousine sind, die sich angeblich mal richtig gut verstanden haben, ignoriert Logan sie aber gekonnt. Vielleicht sollte ich das mal im Auge behalten, das könnte noch interessant werden.

Das Privatflugzeug ist geräumig und hat mehrere Sitzgruppen für zwei oder vier Personen. Schnell gehe ich durch und suche mir an einem Ende einen Sitzplatz, wo ich hoffe, den ganzen Flug über alleine zu sein. Mit einem Seufzer lasse ich mich auf den Fensterplatz fallen, die Tasche auf den Sitz neben mir. Damit auch ja keiner noch irgendwie auf die Idee kommen kann, sich dort hinzusetzen. Und das klappt zum Glück auch. Jedenfalls vorerst.

Die Türen des Jets schließen sich und ich nehme mir schon mal ein Kaugummi aus meinem Rucksack und stecke es mir in den Mund. Das Flugzeug fährt an und ich schnalle mich an.

Als wir in der Luft sind, nehme ich den Vertag aus meinem Rucksack. Vorhin war er noch glatt und ordentlich gewesen, doch jetzt ist es nur noch ein einziger Haufen Eselsohren. Egal, Hauptsache man kann es noch lesen. Und zumindest ich habe keine Probleme damit.

Der größte Teil ist nur unwichtiges Zeug, was aber in Ordnung ist. Aber einen Absatz muss ich mehrmals lesen:

Die Arbeitnehmerin hat in der Öffentlichkeit ordentliche Kleidung zu tragen. Dazu zählen ein Anzug oder Ähnliches. Keine Jeans, T-Shirts oder kurze Kleidung. Geschlossenes Schuhwerk ist zu tragen. Kein Schmuck.

Wollen die mich verarschen?! Im Anzug?! Das können sie sich aber mal getrost abschminken! Ich trage doch garantiert nicht so versnobte Klamotten! Schnell krame ich in meinem Rucksack herum und nach kurzer Zeit habe ich auch gefunden, was ich gesucht habe: Einen schwarzen Edding. Damit streiche ich den gesamten Absatz einfach durch.

Etwas weiter kommt erneut ein Absatz, der mich stocken lässt:

Die Arbeitnehmerin wird zusammen mit den zu betreuenden Personen wohnen. Sie ist den ganzen Tag für sie verantwortlich. Das gilt sowohl während der Arbeit als auch im Privatleben dieser. Hierbei hat sie die Möglichkeit, entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

Zusammen wohnen?! Nein, oder? Ich stöhne auf und ziehe mit dem Edding über diesen Part des Absatzes quietschend einen Strich. Mr Morrison sieht auf, nickt Mr Schrank (so habe ich ihn mittlerweile getauft, schließlich hat ja auch niemand die Güte, mir den richtigen Namen zu nennen. Und wenn, wer weiß, ob ich mir den überhaupt würde merken können ...) zu und die beiden kommen auf mich zu. Egal, ich überfliege den Rest des Vertrags, der aber nicht mehr wirklich Wichtiges (meiner Meinung nach) enthält, da sitzen die beiden auch schon auf den beiden Sitzen mir gegenüber. Okay? Was wird das jetzt werden?!

Was ist eigentlich schiefgelaufen...?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt