Fassungslos starrrte ich ihn an. Ich und stark, da musste er sich wohl geirrt haben. Es gab niemanden, der ängstlicher war als ich. "Nein ich bin nicht stark.", flüsterte ich ganz leise. "Das war ich noch nie."
"In dir steckt mehr Mut, sls dir bewusst zu sein scheint, mein liebes Mädchen." Das konnte ich nur stark bezweifeln. Ich war noch nicht mal mutig genug gewesen, um Will die Wahrheit zu sagen. Verdammt, warum war ich bloß so feige? War es nur damit ich ihn nicht verletzte oder um mich selbst vor den Konsequenzen zu schützen? Was es auch war, ich musste schleunigst aufhören damit, sonst würde ich Will noch für immer verlieren. Wäre das wirklich so schlimm? Ja das wäre es.
So erschreckend dieser Gedanke auch war, ich liebte ihn. Meine Güte, ich liebte ihn so sehr, das er das Erste war, woran ich morgens dachte und das Letzte, wenn ich abends zu Bett ging. "Wo ist Will?"
"Keine Sorge, es geht ihm gut." Er sah mich belustigt an. "Damit wäre deine erste Frage gestrichen." Das war doch gar keine Frage gewesen, aber trotzdem beruhigte mich das ein bisschen, das zu hören. Am liebsten würde ich zu ihm rennen, um zu sagen, wie sehr ich ihn liebte. Aber das musste noch warten, zuerst musste ich das hier noch überleben. Doch selbst wenn ich das überstehen würde, wäre ich immer noch zu ängstlich, um Will zu sagen, das ich ihn liebte.
Es war ein ewiger Teufelskreis. Er liebte mich und ich liebte ihn, was war denn so schwierig daran? Das hätte sich wahrscheinlich mein Vergangenheits Ich gedacht, als es die umzähligen Schnulzen gelesen hatte, die ja so realistisch waren. Ich musste die Augen überdrehen bei diesem Gedanken. Aber was wusste ich schon, es konnte sich noch alles verändern. Und eines Tages würden wir glücklich leben bis..Schluss jetzt damit! Ich musste endlich aufhören, mir unnötige Hoffnungen zu machen, die die Realität unaufhörlich zu zerstören pflegte.
"Willst du mir noch eine Frage stellen, oder lieber weiter in deinen Gedanken über ihn schwelgen?" Hitze stieg in mir auf. War das denn so offensichtlich? Ich richtete meine Augen auf den Boden, um ihm nicht ins Gesicht schauen zu müssen.
"Ich denke nicht an ihn."
Er prustete los und seine Gesichtszüge lockerten sich und verzogen sich zu einem leichten Lächeln. "Lügen gehört nicht zu deinen Stärken, nicht wahr?" Etwas perplex sah ich ihn an. "Nein.", flüsterte ich.
Er hörte auf zu lachen und sein Gesicht nahm wieder ernste Züge an. In seinen Augen spiegelte sich Freude, doch auch große Furcht. Nur vor was? "Und weißt du achon was du fragen wolltest?" Nein, mein Kopf war wie leer gefegt. Hätte er mich das früher gefragt, wären mir sofort hunderte von Fragen eingefallen, aber jetzt war es keine einzige mehr. Ich versuchte mich an diese eine Frage zu erinnern, die mich schon mein ganzes Leben lang verfolgt hatte. Und plötzlich sah ich sie klar vor meinem inneren Auge erscheinen.
"Was bin ich?"
"Du wählst auch immer die schwierigsten Fragen aus, meine Liebe." Er zögerte leicht, vielleicht musste er sich erst seine Antwort zurechtlegen, aber dann begann er zu sprechen.
"Ein Dämon."
"Ein Dämon.", wiederholte ich ungläubig. "Ich hatte mir Dämonen immer anders vorgestellt.", sagte ich leise zu mir selbst. "Ich dachte immer, Dämonen sind böse.", sagte ich etwas lauter als beabsichtigt und hielt mir dann sofort die Hand vor dem Mund.
"Oh meine liebe Kara, du musst noch viel über das Leben lernen." Sollte ich das jetzt als Beleidigung auffassen? Oder nur als gut gemeinten Rat? Unschlüssig trat ich von einem Bein auf das andere. Warum konnte er nicht gleich antworten?
"Es gibt kein Gut und Böse, das haben sich die Menschen nur ausgedacht, um ihre Taten zu rechtfertigen." Er sah mir tief in die Augen. " Jeder ist das wofür er sich entscheidet, du wirst nicht böse, weil du einmal eine falsche Entscheidung triffst, du wirst nicht gut, nur weil du einmal einem Babykätzchen hilfst." Ich versuchte seinen Gedankengängen zu folgen.
"Verstehst du? Dämonen sind weder gut noch böse, sie treffen Entscheidungen, nach denen sie von den anderen beurteilt werden." Das kannte ich nur zu gut von den Menschen.
"Aber ich glaube nicht daran, sondern das sich jedes Lebewesen von Grund auf seines Herzens ändern kann, wenn es nur will."
"Und was hat das mit mir zu tun?", fragte ich etwas genervt.
"Mal sehen, du hast eine Gabe, die unberechenbar ist, doch du siehst nur die Schattenseiten."
"Ich wüsste nicht, das es etwas Gutes daran gibt.", sagte ich mehr zu mir selbst. Ein leichtes Lächeln trat auf sein Gesicht. Ich glaubte fast darin etwas wie Stolz erkennen zu können.
"Auch wenn du es nicht glauben magst, aber das was du heute gesehen hast, dürfte Beispiel genug dafür sein." Ich nickte leicht, irgendwie hatte er ja Recht.
"Habe ich sonst noch irgendwelche speziellen Fähigkeiten, von denen ich wissen müsste?" Fragend sah ich ihn an.
"Diese Frage kann ich dir leider nicht beantworten." Ich musste die Augen überdrehen. Leider hatte ich jetzt keine Frage mehr übrig, aber genau jetzt lag mir etwas wieder auf der Zunge, das darauf drängte, endlich ausgesprochen zu werden. Ich musste mich wirklich zurückhalten, um ihn nicht mit Fragen zu bombandieren.
"Du kannst jetzt gehen." Aber ich konnte jetzt noch nicht verschwinden, ich hatte noch immer so viele Fragen auf die ich keine Antwort wusste. Sie hingen noch immer unbeantwortet im Raum, doch keiner außer ihm wusste die Antwort. Keiner außer ihm wusste wer ich war, außer dem König und dem wollte ich lieber nicht wieder begegnen. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken wenn ich daran dachte. Wie sich seine blauen Augen in meine geborrt hatten, als wollte er darin seine Antworten finden. Widerwillig ging ich zur Türe, aber ich konnte mir diese eine Frage einfach nicht verkneifen, egal wie sehr ich mir auch auf die Zunge biss.
"Hat meine Großmutter auch diese Kräfte besessen?" Ich erwartete mir keine Antwort von ihm, schließlich hatte ich keine Frage mehr offen, aber ich hoffte trotzdem sehnsuchtsvoll darauf. Er blickte mich mit einem glasigen Blick an, so als ob ihm die Erinnerung daran Schmerzen bereiten würde. Was war damals passiert?
"Nein Kara, das hast nur du."
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Jee 1000 Wörter, das war bis jetzt mein längstes Kapitel. Schreibt bitte ob ihr wieder kürzere wollt, oder ob euch diese Länge besser gefällt :)

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Deadly Touch
Fantasy'Eine einfache Berührung. Mehr braucht es nicht.' Kara ist schon ihr ganzes Leben lang auf der Flucht vor sich selbst. Seit ihre Eltern unter mysteriösen Umständen gestorben sind, lebt sie bei einer Pflegefamilie. Doch wie soll sie Freunde finden...