Kapitel 63

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Ich wälzte mich auf meiner Schlafmatte hin und her. Meine Augenlider fielen unaufhörlich zu und meine Augen tränten. Ich hatte Will nur ganz kurz gesehen, bevor wir in unterschiedliche Hütten gebracht wurden. Er hatte erschöpft ausgesehen, hoffentlich ging es ihm gut. Ob er wohl auch gerade an mich dachte? Sich die Gedanken darüber zerbrach, wie es mir ging? Quatsch, er hatte sicher besseres zu tun, als über mich nachzudenken, oder? 

Ich hatte ihm klar zu verstehen gegeben, das ich nicht in ihn verliebt war. Warum also konnte ich nicht aufhören an ihn zu denken, auch wenn mir schon zum Gähnen zu mute war? Gerade als ich meine Augen schließen wollte, nahm ich eine Bewegung im Schatten der Ecke wahr. 

"Hallo, Kara, hast du mich vermisst?" Er starrte mich aus seinen leeren Augenhöhlen heraus an. Schweißgebadet schreckte ich hoch. Es war nur ein Traum gewesen. Nichts weiter. Ich schnappte nach Luft, weil ich das Gefühl hatte gleich zu ersticken. Mein Atem kam in unregelmäßigen Schüben, bis mir jemand plötzlich von hinten eine Hand auf meine Schulter legte. 

Ich zuckte zusammen und waffnete mich innerlich schon für einen Angriff. Doch ich entspannte mich wieder, als ich in diese altbekannten dunkelbraunen Augen blickte. "Will, ich dachte,.." Er legte mir den Zeigefinger auf meine Lippen und ein stechender Schmerz ging von der Stelle aus. Doch es war nicht Will, sondern eine hochgewachsene Gestalt, die vor mir stand. Aber warum waren es die gleichen unverkennbaren Augen?

"Jetzt kann dich niemand mehr retten." Er nahm die Kette heraus und drückte fest darauf. Das letzte, das ich sah, war Will,der nach mir griff, dann wurde alles verschwommen. 

Als ich die Augen wieder aufschlug, befand ich mich in einem großen Himmelbett in einem überdekorierten Raum. Die violetten Samt  Vorhänge waren zugezogen und die Bilder auf den Wänden blickten verachtend auf mich herab. Ihre Augen verfolgten mich, egal in welcher Ecke des Zimmers ich mich befand. Der Fußboden knarzte leicht unter meinen bloßen Füßen. Eilig hastete ich zur Tür und rüttelte fest daran. Doch sie war verschlossen. Verdammt, wo hatte ich mich wieder hineingeritten? 

Seufzend ließ ich mich an der Tür herabgleiten. Noch ein Problem das ich nicht lösen konnte. Würde ich jemals nach Hause zurückkehren? Würde ich Will wiedersehen? Fragen über Fragen und wie immer wusste ich keine Antworten darauf. Es kam mir immer noch so surreal vor, das ich ein Dämon sein sollte. Ich meinte, ich und ein Dämon? Allerdings würde es so einiges erklären, das bisher in meinem Leben geschehen war. Aber ich sollte mich lieber mit anderen Dingen beschäftigen, wie zum Beispiel einen Ausweg aus diesem verdammten Zimmer zu finden. 

Ich überprüfte die Fenster, doch sie waren zugemauert. Wie kam dann das Licht hier rein? Erweitere deinen Horizont. Natürlich, schon wieder diese Stimme, die mir sagte, was ich zu tun hatte. Ich richtete meinen Blick nach oben. Golden verzierte Fenster blickten mir entgegen und eines davon stand sogar offen. Nur wie sollte ich dort hoch kommen? 

Mein Blick fiel auf den Kamin, der in der Ecke des Raumes prangte. Mit einem Wisch beseitigte ich das ganze Silber und Goldbesteck das darauf lag umd zog mich daran hoch. Wenn ich Glück hatte würde ich diesen Sprung überleben wenn nicht dann... Ich musste schwer schlucken an den Gedanken, was alles passieren könnte. Ich versuchte mein Gleichgewicht zu halten umd nicht nach unten zu sehen. Und dann sprang ich los umd fühlte mich für einen Moment völlig schwerelos, bis ich glücklicherweiße an der Außenseite des Fensters festhalten konnte. 

Atemlos zog ich mich hoch auf das Dach, das von allen Seiten schon leicht abblätterte. 

" Bitte, lassen sie mir doch die Schule, es ist das einzige das ich noch habe." Vorsichtig lugte ich vom Dach herunter. Ein alter, schlacksiger Mann stand neben ihm, der versuchte ihn mit seinen Gesten zu überzeugen. 

"Davon bin ich überzeugt, sie können sie weiterführen wie bisher, aber kommen sie mir besser nicht mehr in die Quere." 

Gerade als er gehen wollte, löste sich ein Ziegelstein unter meinen Füßen. Ich verlor den Halt und schlitterte unaufhaltbar auf die Kante zu. Mit meiner letzten Kraft konnte ich mich gerade noch an der Kante festhalten. Aus den Augenwinkeln sah ich sie beide zu mir herauf starren. Verdammt. Das hatte ich eindeutig anders geplant. Ich entdeckte eine Regenrinne und hangelte mich hastig zu ihr hinünber.  Völlig erschöpft atmete ich aus. 

Langsam ließ ich mich an der Regenrinne herunter gleiten, bis ich unsanft auf den Boden aufschlug. Ich stütze mir den Kopf, weil er vor Schmerzen brannte. Doch ich hatte keine Zeit dafür, er war bereits auf den Weg zu mir. Ich rannte humpelnd vor ihm weg, doch es hatte keinen Zweck, ich war zu langsam. Er stand keinen Zentimeter mehr von mir entfernt. Mein Herz raste unaufhörlich und ich fühlte mich als würde ich gleich ersticken. 

Plötzlich legte er seine Hand auf die Stelle, an der sich mein Herz befand. Ein stechender Schmerz bereitete sich in meinen ganzen Körper aus, sodass ich nicht anders konnte, als vor ihm niederzuknien. Mein Herz pumpte das Blut rasant durch meine Adern, ließ mich jede einzelne Sehne meines Körpers spühren. Jeder Muskel bebte im Gleichklang meines Herzens, alles zum zerreißen gespannt. "Ahhhh!", schrie ich nur bevor mein Herz eine Sekunde lang aussetzte.

 Aber dann begann es wieder zu schlagen. Ausgelaugt sank ich auf dem Kies  zusammen. Er kniete sich über mich und flüsterte mir etwas ins Ohr.

"Das nächste Mal versuchst du besser nicht zu flüchten." 

Mit flatternden Augenlidern sah ich zu dem schlacksigen Mann hinüber, der mich voller Angst betrachtete. In seinen Blick konnte ich so etwas wie Hoffnung erkennen. Hoffnung auf ein besseres Leben. 


Deadly TouchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt