Kapitel 17: Der Beta

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May

Ich war die ganze Vollmondnacht total kaputt und hatte mich gefühlt, als wenn ich gleich nicht mehr so weitermachen könnte.

Ich hatte das Glück, dass es in unserem neuen Haus einen großen Keller gab, in dem ich mich in Ketten legen konnte.

Früher musste ich immer zu Rudelmitgliedern gehen und meinen Eltern war es irgendwann auch aufgefallen, dass ich ausgerechnet immer an Vollmond bei anderen übernachtet hatte. Nun konnte ich mich einfach in den Keller schleichen und es störte niemanden.

Ich hatte die ganze Zeit solche Schmerzen gehabt, dass ich dachte, dass ich es dieses mal nicht überstehen würde. Das dachte ich jedes mal, doch bisher hatte ich es immer irgendwie geschafft.

Während ich dabei war, mich immer wieder zu verwandeln, musste ich an Thomas denken und das hatte mir ein bisschen geholfen, mich zu beruhigen. Ich wusste nicht, warum gerade der Gedanke an ihn mir helfen konnte, doch er tat es.

Heute in der Schule war ich völlig gerädert, doch ich konnte es mir nicht erlauben, nach so kurzer Zeit an dieser neuen Schule schon zu fehlen. Das würde nämlich sehr auffällig sein und ich würde gefragt werden, was ich denn hätte. Ich wollte nach so kurzer Zeit keine Aufmerksamkeit auf mich lenken.

Thomas war heute auch nicht wirklich fit, er hatte wohl auch nicht so gut geschlafen. Das war bei manchen Menschen so, dass sie, wenn Vollmond war, sehr schlecht oder gar nicht schlafen konnte, das machte Thomas noch symhatischer, denn er würde sich nicht wundern, warum ich so müde aussah. Bei ihm musste ich schon einmal nicht alles Mögliche erfinden, um mich rechtzufertigen.

Unsere erste Stunde war Phsyik und ich mochte das Fach normalerweise schon nicht so sehr und jetzt auch noch, wenn ich jede Sekunde drohte, einzuschlafen, war es einfach nur der Horror. Der Lehrer war heute sehr gnädig, er forderte mich kein einziges Mal auf und so beschränkte ich den Unterricht darauf, das aufzuschreiben, was auf der Tafel stand und so auszusehen, als würde ich zuhören, was eigentlich jeder andere Schüler jede Stunde tat.

Die nächste Stunde hatte ich mit Kleo zusammen, Englisch. Ich wusste gar nicht, ob das das einzige Fach war, das wir beide zusammen hatten, darüber hatte ich mir noch gar nicht so viele Gedanken gemacht. Da ihre Sitznachbarin nicht da war, vermutlich krank, setzte ich mich neben sie. „Macht es dir was aus, wenn ich mich zu dir setze?", fragte ich sie dennoch zusätzlich, um nicht zu riskieren, dass ich wieder irgendetwas falsch gemacht hatte.

Sie schüttelte den Kopf. „Liz ist heute krank, also kannst du hier sitzen." Wie sie bei dem Namen innehielt, ließ mich stutzen. Ich hatte das Gefühl, dass da noch mehr dahintersteckte. Doch ich beließ es dabei, sie sollte es mir sagen, wenn sie etwas äußern wollte.

„Wir müssen in der Pause durch das ganze Schulgebäude streifen. Dylan, du und ich treffen uns zusammen vor dem Klassenzimmer, also bleibe bitte nach dem Unterricht da." Ich war leicht verwirrt. Wovon redete sie denn bitte? Hatte sie der Vollmond so mitgenommen, dass sie nicht mehr wusste, wovon sie sprach? Sie hatte meinen fragenden Blick wohl bemerkt, denn sie beugte sich nun vor.

„Wir haben einen weiteren Beta hier an der Schule und diesen müssen wir auskundschaften. Es ist ein Jammer, dass wir das nicht früher gemerkt haben, wir waren viel zu beschäftigt, dich in unser Rudel aufzunehmen, dir alles zu erklären und uns auf den Vollmond vorzubereiten. Mir kam der Gedanke, dass wir irgendetwas Wichtiges übersehen hatten und dann wusste ich es. Und da waren auch noch diese seltsamen Fremden, aus dem Alpharudel, wir konnten nicht auch noch auf so etwas achten. Diese Fremden gestern, du weißt doch, wen ich meine? Es war einfach zu viel. Doch wenn wir ihn nicht finden, dann haben wir ein Problem ..."

Ich war von Kleos Aussagen, die sie mir zugeraunt hatte, total überrumpelt und hatte ehrlich gesagt auch nicht alles mitbekommen, da sie schnell geredet hatte, als wollte sie alles hinter sich bringen, was auch verständlich war.

„Kannst du das bitte alles noch mal wiederholen?", fragte ich sie so leise wie möglich, da ich nicht vom Lehrer ermahnt werden wollte. Sie schüttelte den Kopf. „Nacher, ich weiß nicht, ob wir Zuhörer haben!"

Da hatte sie natürlich recht, wenn hier wirklich ein Beta war, ich wusste zwar nicht, wer, dann mussten wir in Zukunft aufpassen, was wir sagten, damit es der Wolf nicht mitbekam und sich zum Beispiel zu Nutze machte. Ich würde in der Pause alles geben, um herauszufinden, wer der Beta war.

Wie konnten wir das nur übersehen?

Wir hatten wirklich zu viel um die Ohren gehabt. Und ich hatte ja noch nicht einmal herausgefunden, dass Kleo ein Beta war, bis Dylan es mir gesagt hatte. Doch ich schwor mir, dass ich alles in meiner Macht stehende tun würde, um den Beta ausfindig zu machen. Das schuldete ich meinem Rudel. Und dann könnten wir uns auch mit dem Alpharudel beschäftigen, den beiden Personen, die uns so Probleme machten.

***

„Seid ihr bereit?", fragte Dylan, als wir drei uns in der Pause vor dem Klassenzimmer trafen. Wir nickten. „Danach will ich aber alles wissen, was ihr auch wisst. Ich bin in euren Rudel, also habe ich genauso ein Recht auf Informationen", forderte ich. Dylan und Kleo nickten. „Wie wollen wir den Beta überhaupt ausfindig machen?", fragte ich die beiden. Dylan sah mich an. „Senke den Kopf und stelle den Geruchssinn und dein Gehör ein, sodass du ihn identifizieren kannst. Aber vergiss nicht, ihn gesenkt zu lassen, damit niemand deine gelben Augen sieht, das könnte nämlich große Probleme geben."

„Okay, dann bis gleich." „Viel Glück!", wünschte Kleo uns allen und ich senkte als Antwort meinen Kopf, um mich zu konzentrieren. Wer konnte denn nur der Beta sein? Ich hoffte so sehr, dass wir es schnell herausfinden würden.

Als ich die ersten Schritte aus dem Gebäudetrakt in den nächsten tat, war ich erst einmal völlig überrumpelt von all den Eindrücken, die auf mich einströmten. Fokussiere dich, May! Es kostete mich einige Sekunden, mich auf das zu fokussieren, was wichtig war, doch ich schaffte es schließlich.

Nach zehn Minuten erfolglosen Suchens, wollte ich schon aufgeben und mich auf dem Weg zu meiner nächsten Stunde machen, als sich ein Geruch in meine Nase brannte. Der Beta, ich hatte ihn gefunden! Ich konnte es kaum glauben? Wer war es? Genau in dieser Sekunde tippte mich jemand auf die Schulter. Der Geruch war mir bekannt. Mehr als bekannt.

Moonlight werewolvesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt