Kapitel 31: Beziehungen

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May

Als die Dunkelheit eingebrochen war und es immer später wurde, wurde mir immer mulmiger zu Mute. Nicht mehr lange und es würde losgehen, wir würden Kleos Spur verfolgen.

Mein Rudel hatte sich schon an dem Punkt versammelt, an dem Dylan Kleo verlassen musste und wir hatten nachgesehen, ob ihre Blutspur da war, sodass wir ihr folgen konnten. Bisher war alles nach Plan gelaufen, so gut, wie es eigentlich laufen konnte und ich hoffte, dass das auch so blieb.

Die Jäger waren alle noch einmal in ihr Hauptquartier gegangen und wollten sich vorbereiten, noch einmal besprechen und ihre Waffen holen, damit sie für alles bestens ausgerüstet sein würden.

Mit jeder Minute, die verstrich, wurde ich nervöser, ich stellte mich alle paar Sekunden von einem Bein auf das andere und kontrollierte immer wieder mit meinem Geruchssinn, ob die Spur noch vorhanden war. Ich hatte Angst, dass unser Plan scheitern würde.

Dylan schien auch ziemlich nervös zu sein, obwohl er versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen.

Wenn ich ein normaler Mensch wäre, wäre ich sicher, dass ich es nicht registrieren würde, doch sein Geruch verriet ihn nun einmal. Mir war klar, dass Kleo ihm sehr viel bedeutete und er warum auch immer bisher nicht in der Lage gewesen war, ihr das zu sagen.

Sein Geruch war immer ganz anders, wenn es um sie ging, es war der Geruch des Verliebtseins.

Sonst versuchte er immer mit aller Kraft, diesen Geruch zu unterdrücken, doch im Moment war er mit anderen Sachen beschäftigt, die ihn dazu brachten, seinen Geruch frei entfalten zu lassen. Ich war froh, dass er so für sie fühlte, denn sie tat es auch und es wäre grausam für sie, wenn er ihre Gefühle nicht erwidern würde.

Cassandra müsste er einfach loslassen, sie passten sowieso nicht zusammen.

Ich würde mich bemühen, den Vermittler zwischen den beiden zu spielen, wenn wir sie befreit hatten. Wenn die beiden es schon nicht von alleine schafften, musste ich ihnen nunmal ein bisschen unter die Arme greifen.

Dylan hatte wohl gemerkt, dass ich mir gerade über ihn Gedanken gemacht hatte, denn er kam auf mich zugelaufen. Würde er etwas sagen, um vom Thema abzulenken, dass schon so offensichtlich war?

„Was läuft denn nun zwischen dir und Thomas? Man merkt wirklich, dass ihr beide noch keine erfahrenen Werwölfe seid, denn ihr kontrolliert euren Geruch nicht das geringste Bisschen. Aber ist schon süß."

Ich lief hochrot an. Was wusste er denn, wie es um meine Gefühle für Thomas stand? Ich war mir doch selbst nicht wirklich sicher. Verriet mein Geruch mehr als ich eigentlich selbst wusste?

„Zwischen uns ist noch genau so viel oder wenig wie am ersten Schultag. Ich habe keine Ahnung, was du meinst. Von ihm habe ich keinen Plan, was los ist, ich kann ja schließlich nicht seine Gedanken lesen", versuchte ich, das alles runterzuspielen und log somit etwas. Etwas sehr viel.

Dylan grinste mich breit an, als wäre meine Lüge genau der Beweis für seinen Verdacht gewesen. Er wusste, dass ich nicht ganz die Wahrheit gesprochen hatte, doch, zu meiner Verteidigung, ich wusste wirklich nicht richtig, was ich empfand. Ich wusste nur, dass ich in letzter Zeit, wenn ich in seiner Nähe war oder an ihn dachte, dieses Kribbeln im Bauch hatte und automatisch glücklich wurde. Ich wollte ihm näher sein und wollte, dass er mich mochte. Ich hatte so etwas noch nie wirklich gefühlt, deshalb konnte ich es auch nicht wirklich zuordnen.

Doch Dylan war da wohl eher der Experte. Wunderte mich auch nicht wirklich, wenn man in so einer Gruppe war und eigentlich jedes Mädchen haben könnte, dann hatte man wohl den ganzen Tag nicht viel anderes zu tun, als sich damit zu beschäftigen.

Er sah Thomas an, der sich demonstrativ weggedreht hatte.

Hörte er uns zu?

Oh Himmel, bitte, lass ihn nicht zuhören.

„Thomas steht auf dich, das habe ich dir schon letztens gesagt, doch du willst es mir nicht glauben. Ihr seid doch selbst Schuld, wenn ihr es beide verleugnet", sagte er. Dabei warf er Thomas einen scharfen Blick zu, der nur seinen Rücken erreichte. Okay, er hörte wirklich zu, Mist!

„Das sagt genau der Richtige." Dylan sah mich fragend an. „Kleo und du?", half ich ihm auf die Sprünge. „Wir sind wie Geschwister", sagte er den Satz, den er immer brachte, es klang schon beinahe auswendig gelernt. „Behaupte du lieber nicht, du wüsstest, was bei Thomas oder mir abgeht, wenn du selbst nicht in der Lage bist, dir deine Gefühle für Kleo einzugestehen. Und dann auch noch das Offensichtliche von ihr ignorieren. Das ist wirklich schade ..."

Dylan blickte mich wie ein Kuhfisch an und ich konnte Thomas leicht glucksen hören. Okay, das war jetzt der endgültige Beweis, dass er gelauscht hatte. Doch ich hatte den schwarzen Peter somit an Dylan übergeben und er musste jetzt erst einmal eine plausible Erklärung finden.

Stephen kam auf uns zu, er hatte sich ein Stück entfernt, wieso, wusste ich nicht und nun sah ich in seinem Blick und dem roten Schimmer in seinen Pupillen, dass er erstens bereit war und zweitens die Jäger hier waren.

Es ging nun also los, mein Herz schlug vor Aufregung sehr schnell. Nur in diesem Moment sah ich Jason, der, mal wieder in Lederjacke gekleidet, aus seinem Auto stieg und den kleinen Weg bis zu uns zurücklegte. Er war nicht allein und es waren noch mehr als die Jäger, die wir vorhin getroffen hatten. Viel mehr.

Sie alle waren bewaffnet und sahen aus, als würden sie ihr ganzes Leben lang nichts anderes machen, außer zu kämpfen.

Sie waren unsere Geheimwaffe.

Der Kampf konnte losgehen.

Moonlight werewolvesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt