Kapitel 23: Der Plan

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Thomas war sehr pünktlich. Ich saß gerade in meinem Zimmer auf meinem Bett und überlegte, ob ich irgendetwas in meinem Zimmer noch schnell verändern sollte, doch ich ließ es dann doch. Ich hatte zwar noch nie einen Jungen bei mir zu Hause gehabt, doch es war dennoch kein Grund, um nervös zu sein. Doch das war ich. Und wie nervös ich war.

Ich machte mir vor allem sehr große Sorgen, dass ich nach diesem Gespräch von uns beiden so dermaßen enttäuscht sein würde, dass ich ihm nicht mehr in die Augen sehen konnte.

Was sollte ich denn nur tun, wenn er diese Gelegenheit nutzte, um mich weiter zu hintergehen und zu belügen?

Als es klingelte, zuckte ich kurz zusammen, denn ich war so in Gedanken versunken gewesen. „Ich gehe schon!", rief ich durch das Haus, doch natürlich musste in genau in so einer Situation mein kleiner Bruder Josh denken, dass er dazu berufen war, die Tür zu öffnen. Er wusste, dass Thomas zu Besuch kommen würde und sah es wohl als 8. Weltwunder an, dass ich mich mal mit einem Jungen traf.

Das war wohl ein Wunder für einen 14-jährigen Jungen.

„Josh, lass es gefälligst. Ich mache Thomas ..." Ich rannte auf Socken in den Flur und bis zur Tür, doch natürlich war Josh mir zuvorgekommen. „die Tür auf", beendete ich meinen Satz, als ich bremsend vor den beiden ankam. Thomas hatte sich lässig an den Türrahmen gelehnt, was gar nicht zu seinem Verhalten passte, als er förmlich darum bettelte, dass er mit mir sprechen durfte.

Ich zögerte nicht lange und packte Thomas am Handgelenk, um ihn schnell in mein Zimmer zu schleifen.

Als ich ihn berührte, war es für eine Sekunde, als hätte ich eine gewischt gekriegt.

Was war denn nur mit mir los?

,,May, ist Thomas dein Freund?", rief Josh mir hinterher. Sofort schoss mir die Röte ins Gesicht und ich knallte die Tür hinter Thomas und mir mit voller Wucht zu, nachdem wir mein Zimmer betreten hatten.

„Danke, dass du ..." „Rede! Erkläre es mir! Ich will es verstehen, aber ich fordere eine Erklärung!", unterbrach ich ihn harsch und zeigte auf meinen Stuhl, um ihm zu symbolisieren, dass er sich setzen konnte, was er auch tat.

Ich tigerte wie ein wildes Tier in meinem Zimmer auf und ab, während ich Thomas beobachtete, wie er sich wohl Gedanken machte, was er wohl sagen sollte. Mein Handy klingelte. Mal wieder! Ich wettete, dass es Dylan oder Kleo waren, denn sie waren mittlerweile berüchtigt für ihr tolles Timing. Und es war tatsächlich Kleo.

Heute Abend ist eine Party in der Hütte im Wald. Würde mich freuen, wenn du auch dabei sein würdest.
-Kleo

Wow, was hatte Dylan ihr für diese Nachricht bezahlt?

„Seit etwa einem Jahr merke ich, dass etwas nicht mit mir in Ordnung ist. Anfangs hatte ich gedacht, dass ich irgendwelche Aggressionsprobleme hätte, doch es wurde nicht besser. Bei Vollmond hatte ich mich dann das erste mal verwandelt. Ich konnte mich niemandem anvertrauen, das Internet war das Einzige, was mir ein paar Antworten beantworten konnte. Ich wusste nicht, dass es hier mehr von euch gibt und dachte, dass ich irgendeine unheilbare Krankheit hätte. Mit der Zeit habe ich herausgefunden, dass ich mich nun auf mein Gehör besser verlassen kann. Doch ich habe immer noch fast keinen Durchblick, was bei mir abgeht. Ich weiß, dass es verletzlich wirkt. Doch ich will und werde dich nicht anlügen. Das habe ich bisher ja auch nicht, ich habe dir einfach nicht alles erzählt, was ich wusste, aber in Zukunft wirst du von mir immer auf den neuesten Stand gebracht werden, das verspreche ich dir. May, ich komme jetzt zwar nicht ganz so gut mit Dylan aus und mit Kleo auch nicht, aber das heißt ganz gewiss nicht, dass ich irgendetwas tun würde, was euch schadet, keine Sorge. May, ich habe wirklich gedacht, dass wir beide Freunde werden könnten, ich finde dich nämlich wirlich sehr, sehr nett: Wenn du dir wünschst, dass ich mich von dir fernhalten soll, dann werde ich das tun, aber ich wünsche mir, dass du nachdenkst, bevor du dir so etwas wünschst. Selbst, wenn du es nicht merkst oder es verdrängst, mir liegt sehr viel an dir und ich will nicht, dass das, was zwischen uns besteht einfach so verschwindet, denn ich versuche wirklich nur ein normler Teenager zu sein."

Seine Worte ließen mich wirklich alles, was ich vorher gedacht hatte, noch einmal,überdenken. Es war, als würde die Zeit, in der wir beide uns nun schon kannten, in  Rekordgeschwindigkeit noch einmal an mir vorbeilaufen, als würde ich jetzt erst alles registrieren, was zuvor an mir vorbeigerast war. Thomas hatte mich wirklich gerne und ich hatte im Moment nicht die geringsten Zweifel, dass er die Wahrheit sagte. Ich wusste nicht, warum sich meine Meinung jetzt so schlagartig geändert hatte, doch seine Worte hatten mich nachdenken lassen.

Thomas hatte die ganze Zeit so gewirkt, als müsste er mit aller Macht die richtigen Worte finden, da er Angst hatte, dass er mich verlieren konnte. Was wäre ich denn nur ein Mensch, wenn ich ihn jetzt einfach verstoßen würde und ihn wie einen Verräter behandeln würde? Was Kleo und Dylan davon halten würde, war allerdings sicherlich noch ein ganz anderes paar Schuhe.

Er tat mir nun sogar leid. Wie grausam musste es denn für ihn sein, all die Zeit allein zu sein und mit niemandem darüber reden zu können und nicht einmal zu wissen, was eigentlich wirklich mit ihm los war? Thomas war wirklich noch ein richtiger Anfänger, wenn es darum ging, auf was man als Werwolf alles achten musste.

Am liebsten würde ich ihm vorschlagen, einfach unserem Rudel beizutreten, doch ich wusste, dass das alles nicht so einfach war. Ich musste dringend mit Dylan und Kleo sprechen. Da war doch diese Party der perfekte Ort für. Wenn sie locker und glücklich wären, könnte ich sie vielleicht überreden, ein gutes Wort bei Stephen einzulegen.

„Bitte verzeihe mir, May." Thomas stand auf und schritt auf mich zu, um mich in den Arm zu nehmen. Ich ließ ihn gewähren und legte sogar meine Arme um ihn, in der ersten Sekunde sträubte sich mein ganzer Körper dagegen, doch dann entspannte ich mich vollkommen und ließ mich dem Geräusch meines klopfendem Herzen hin und versuchte, nicht rot wie eine Tomate zu werden. Thomas hatte wirklich eine sehr starke Wirkung auf mich, das wurde mir gerade wieder sehr bewusst.

***

Bei der Party war es anfangs ziemlich öde. Ich saß eigentlich nur auf einer Holzbank und lehnte das Bier ab, das Kleo mir hingeschoben hatte. Ich musste nüchtern bleiben, denn ich hatte vor Kleo und Dylan in wenigen Minuten auf meinen Plan anzusprechen, Thomas ins Rudel einzugliedern ...

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