Kapitel 27: Wir

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May

Dylan war mit Kleo gegangen, um sie nach Hause zu bringen. Er meinte, dass er danach wiederkommen würde und ich freute mich schon, dass es bald sicherlich ein bisschen klarer werden würde, was denn nun mit Thomas sein würde.

Stephen, Thomas und ich standen nun immer noch am gleichen Fleck wie vor etwa einer Stunde. Stephen hatte sich ein Stück entfernt und wandte sich von uns ab, als wollte er wohl, dass ich ein bisschen mit Thomas sprach.

Super, jetzt durfte ich wieder die Nette sein, die alles, was die anderen verbockt hatten, wieder gerade bog.

Ich wunderte mich, warum Dylan denn so lange brauchte, doch ich war mir sicher, dass es einen Grund hatte.

Vielleicht hatte Kleo endlich den Mut gefunden, ihm zu erzählen, was sie für ihn empfand. Ich meinte, das sah ein Blinder mit Krückstock, dass sie in ihn verschossen war. Und ich konnte Dylans Gefühle nicht wirklich gut identifizieren, doch er verhielt sich ihr gegenüber anders als anderen gegenüber, sein Geruch war ein anderer und es war mir klar, dass er mehr für sie Empfand, als das Kumpelhafte, das die beiden immer spielten.

Ich fragte mich, warum er nicht einfach mit Cassandra Schluss machte. Er war doch sowieso nur mit ihr zusammen, weil das wahrscheinlich die ganze Schule von ihm erwartete. Doch das war meiner Meinung nach nicht richtig. Ich hatte zwar noch nie einen Freund gehabt, doch ich wusste, dass man jemanden lieben sollte, wenn man mit ihm zusammen war, man dieses Kribbeln im Bauch spüren musste und einfach nur verrückt nach der Person sein musste.

Ich wusste, dass es bei Dylan und Kleo so war und ich wusste auch, dass es mir allmählich so ging.

Ich war dabei, mich in Thomas zu verlieben.

Wie, als wenn er sich von mir angesprochenen gefühlt hatte, trat er näher auf mich zu und griff nach meiner Hand. Moment einmal? Thomas Sangster griff wirklich und wahrhaftig nach meiner Hand? Es war eine Geste, die so viel ausdrückte: Dankbarkeit darüber, dass ich ihm verziehen hatte, Erleichterung, dass er ins Rudel aufgenommen wurde, Respekt vor Dylans und Kleos Verhalten, wenn wir in Zukunft mehr Zeit zusammen verbringen würden, das Gefühl, dass wir von etwas sehr wichtigem wussten, wovon er nicht die geringste Ahnung hatte (wir mussten ihm dringend vom Alpharudel erzählen) und ein Gefühl von ihm, was ich nicht wirklich erkannte. Ich roch es eher, sein Geruch hatte sich in der Sekunde verändert, als er nach meiner Hand gegriffen hatte. Das hatte mein Geruch auch, wie ich gerade feststellte.

Mist! Mit hochrotem Kopf und klopfendem Herzen entzog ich meine Hand seiner und versuchte das Leuchten in meinen Augen zu verhindern, das zeigte, dass mich meine Gefühle überrumpelt hatten.

„May, ich danke dir so sehr, dass du mir verziehen hast. Ich verspreche, dass ich mir viel Mühe geben werde, mich in das Rudel einzubringen. Ich habe zwar nicht das beste Verhältnis mit Kleo und Dylan, doch ich bin durchaus gewillt, das zu ändern. Und außerdem muss ich nun, da ich bei euch im Rudel bin, mit euch mithalten können, was wohl einige Zeit dauern wird. Bist du so lieb und hilfst mir ein bisschen?"

Ich musterte ihn und sah keine Spur, dass er es nicht ernst meinen könnte. Er brauchte wirklich ehrlich meine Hilfe, was mein Herz höher schlagen ließ. Ich dachte immer, dass ich nur von den anderen lernen konnte und es niemanden geben würde, der unter mir stand und dem ich etwas zeigen könnte.

Natürlich würde ich ihm helfen, was war das denn für eine Frage. So konnte ich Thomas näher kommen, mich mit ihm treffen, ohne, dass ich mir bissige Kommentare anhören müsste. Perfekter würde es ja gar nicht gehen.

„Natürlich helfe ich dir", sagte ich ihm und strengte mich an, mein breites Grinsen zu verbergen. Stephen würde mich sicherlich bald auf meinen eigenartigen Geruch ansprechen.

Thomas grinste ebenfalls. Er sah mich an, ich konnte die Grübchen erkennen, die sich um seine Mundwinkel bildeten. Diese braunen Augen, sie waren zum Dahinschmelzen. Er sah mich an, als würde er bis in meine Seele sehen und ich fühlte mich sicher. Wirklich sicher. Ich wusste nicht, dass ich Gefühle für einen Jungen haben könnte, außer natürlich für meinen Bruder.

Mein Herz raste, als ich merkte, dass er mir näher gekommen war. Ich atmete tief ein und ballte meine Hände zu Fäusten, um nicht zu zeigen, dass ich zitterte. Mein Geruch verriet mich schon allemal.

„Thomas! May! Stephen!", rief auf einmal eine Stimme, die angerannt kam und ließ mich sofort zurückzucken. Dylan, natürlich. Warum musste er unbedingt das, was da gerade gewesen war, zerstören? Ich wusste selbst nicht, was da gerade zwischen Thomas und mir vor sich ging, doch Stephens Blick sagte mir, dass er sich seinen Teil dachte. Und Dylans Blick auch. Doch in seinem Blick sah ich auch etwas ganz anderes.

„Es geht um Kleo! Das Alpharudel, es waren wieder diese zwei Personen da! Sie haben Noah bedroht, sie haben Liz und wissen, was mit Florian geschehen ist. Sie haben uns gedroht und gesagt, dass einer von uns beiden mit ihnen kommen muss. Kleo hat sich gemeldet und ich konnte nichts tun, um sie davon abzubringen. Sie hat einen Plan gehabt, sie hat sich an der Hand zum Bluten gebracht, dass wir ihre Spur verfolgen können." Dylan japste schon fast nach Luft. „Wir müssen uns einen Plan überlegen, was wir machen sollen und sie dann befreien, so schnell wie möglich." Er trat von einem Fuß auf den anderen. So nervös hatte ich Dylan noch nie gesehen.

„Sag deinen letzten Satz auch noch Dylan, wir wissen, dass das noch nicht alles war!", befahl Stephen.

Dylan sah uns ernst an. „Wir müssen die Jäger kontaktieren. Wir brauchen ihre Hilfe, ohne sie sind wir aufgeschmissen."

Moonlight werewolvesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt