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Je später der Abend wurde, desto mehr Lust bekam ich einfach aufzustehen und hinauszugehen, der Ignoranz meines Vaters beizukommen indem ich einfach verschwand. Aber irgendwann erhob sich Charlize, ihre Kinder folgten ihr erleichtert, wobei mir auffiel, dass ihre Tochter Willow noch höhere Stöckelschuhe trug als sie. Ich musste mit Schrecken zusehen wie Charlize meinem Vater einen feuchten Kuss auf die Lippen drückte, bevor sie und ihr Gefolge endlich das Haus verließen.

Die Ahnung, dass ich diese Familie bald schon wiedersehen würde, trieb mir fast die Tränen in die Augen, was sie aber zum Überlaufen brachte, war die Tatsache, dass weder Jadas noch mein Bett für uns bezogen war.

Mit einem Mal wandelte sich meine Fassungslosigkeit in Wut und selbst Jada konnte mich nicht mehr aufhalten, ein Drama zu beginnen.

Mein Vater saß in seinem Wohnzimmer vor dem Fernseher und schien vergessen zu haben, dass er den Tisch noch nicht abgeräumt hatte.

„Die Betten in unserem Zimmer sind nicht bezogen, den Tisch muss man abräumen, die Küche aufräumen und du sitzt vor der Glotze!"

Ich hätte den Ton nicht besser treffen können, aber er sah mich nur an, kurz überrascht, dann verschränkte er seine haarigen Arme und sagte: „Das Bettzeug steht im Waschkeller."

„Schön und gut", entgegnete ich schnippisch, „aber eigentlich bereitet man die Zimmer für die Gäste vor."

„Ihr wohnt doch jetzt hier, da beteiligt man sich doch am Haushalt", gab er zurück.

Ich war fassungslos. „Findest du das alles etwa passend für ein Wiedersehen nach drei Jahren? Zeigst du uns so wie sehr du uns vermisst hast? Mit einer fremden Familie am Tisch?"

„Charlize ist meine Freundin, stört dich das, Austin?" Er sagte meinen Namen in einem bissigen Tonfall, der so wehtat, dass ich ausrastete.

„Für mich sind sie immer noch Fremde und du bist das ehrlich gesagt auch! Ich habe mich wirklich, wirklich auf dieses Wiedersehen gefreut, Dad! Aber du hilfst uns ja nicht mal mit unserem Gepäck! Du wartest nicht mit dem Essen auf uns, zeigst uns nicht dein Haus oder weihst uns ausreichend in dein Leben ein! Nichts davon!"

Mir entging nicht wie er bei „Dad" zusammenzuckte, weshalb ich mich wütend umdrehte und die Treppe hinauf stürmte, wo Jada auf mich wartete, aufstand und mich in ihre Arme nahm. Sie war immer die Lösung für all meinen Kummer gewesen, egal wie unnötig, wie verrückt er gewesen war. Sie hat immer die passenden Worte.

„Scheißdreck", sagte sie und zog mich sanft in unser neues gemeinsames Zimmer.

„Er ist nicht mehr wie damals, Kurt ist nicht mehr unser Dad, Jada", jammerte ich ungehalten. Sie nickte, erinnerte sich genauso gut wie ich an den Vater, der uns geliebt hatte. Bis zu dem Tag, an dem er erfahren hatte, dass wir nicht seine Kinder waren, sondern die eines anderen Mannes, mit dem meine Mutter eine kurze Affäre gehabt hatte. Jada und ich waren vierzehn gewesen, alt genug um zu verstehen was passieren würde.

Kurt hatte seine Sachen gepackt und hatte uns von einem auf den anderen Tag verlassen. Drei Jahre hatten wir kaum Kontakt gehabt. Dies sollte ein neuer Anlauf werden, ein neuer Versuch, wieder seine Kinder zu werden. Ein Wunsch, der mich jahrelang verfolgt hatte, der jetzt unmöglich schien.

Später, Jada und ich lagen schon im Bett, klingelte mein Handy, es war Mom, sie wollte wissen wie es uns mit Kurt erging. Während Jada versuchte unseren ersten Tag in Beaver Dam zu verharmlosen, versuchte ich ihn möglichst tragisch auszuschmücken.

„Kurt ist sicherlich aufgeregt", interpretierte Mom sein Verhalten, „ihr seid sehr erwachsen geworden in den letzten Jahren, habt euch verändert. Er muss erst einmal lernen damit  umzugehen."

„Na gut", sagte Jada bevor ich etwas sagen konnte, „wir geben ihm eine Chance, wir versprechen es."

Ich benutzte Jadas Versprechen und Moms Trost um meineEnttäuschung zu überwinden und meinen Schlaf zu finden, den ich so dringend brauchte. Ich nahm mir vor, Kurts Abneigung nicht zu meinen eigenen Zweifeln werden zu lassen, mich nicht von ihm unterkriegen zu lassen.




Dreamboy (#deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt