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Ich wollte nicht dumm rumstehen, also betrat ich eine der Umkleiden und stellte meine Tasche auf einer Bank ab. Mir gegenüber saß ein Farbiger und grinste. Ich nickte ihm cool zu.

Dieser Sport ist nichts für Rassisten und das ist auch gut so. Meine Hautfarbe ist sogar seltener, aber daran habe ich mich gewöhnt. Ich komme mit allen gut klar, das kam ich schon immer.

Ich spiele einfach mit, damit sie glauben, ich sei genauso wie sie. Die meisten hatten eine schwere Kindheit und ich weiß wie sie ticken. Sie wollen zeigen wie hart sie sind, wollen etwas erreichen und sich allen beweisen. Okay, ich kann das auch. Man muss nur locker bleiben, Spaß haben und ein bisschen Blödsinn machen. Und das war genau mein Ding.

Manchmal fragte ich mich, ob man mir ansah, dass ich anders bin wie sie. Natürlich meine ich nicht äußerlich, sondern was meine Herkunft angeht. Manche würden mich als Bonze bezeichnen, weil ich in einer reichen Familie aufgewachsen bin, immer bestens gefördert wurde und ein problemfreies Leben hatte. Viele von den Spielern hier hatten ein ganz anderes Leben.

„Hey Mann", sagte der Typ, „bist du einer von den Neuen?"

Ich setzte mich. „Ab jetzt der neue Quarterback", sagte ich und er grinste. Es ist wichtig, dass man Selbstbewusstsein zeigt. Ein großes Maul zu haben ist der erste Schritt in einem Team von hundert starken Jungs überhaupt aufzufallen.

„Ah ja ja. Mal sehen was du drauf hast. Unser jetziger Quarterback ist gar nicht so scheiße, du musst also richtig reinhauen."

Er stand auf. Unter seiner dunklen Haut zeichneten sich sehnige Muskeln ab. „Ich bin Deon."

„Cool. Ich bin Elijah. Wir sehen uns auf dem Feld." Ich zog meine Schuhe um und folgte den anderen dann hinaus. Auf dem Feld standen mindestens schon dreißig Leute. Ich nahm mir die Zeit, mein neues Revier zu bestaunen. Das Feld wurde von der Tribüne komplett umrundet, hier war Platz für mindestens zehnfach so viele Leute wie in Beaver Dam. Alles war hochtechnisiert: Bildschirme, Lautsprecher, Anzeigetafeln, Kameras.

Ich konnte es kaum erwarten, die Ränge voller jubelnden Menschen zu sehen, den Lärm zu hören und den Ansporn zu spüren. Die Kamera würde auf mich gerichtet sein, wenn ich den Touch Down machte, sie würde meinen Namen in alle Ecken der USA übertragen.

„Wir haben dieses Jahr neunzehn neue Spieler dazubekommen", hörte ich einen Mann sagen, wahrscheinlich der Headcoach, „sie werden kameradschaftlich von uns aufgenommen. Um nachher bei den Spielen mitzuspielen, müssen sie sich erst einmal beweisen. In dieser Saison werden sie vermutlich noch nicht mitspielen können, außer sie zeigen außergewöhnliches Talent..."

Beim Rest hörte ich nur noch mit halbem Ohr zu. Ich hatte mein Ziel. Ich wollte fester Bestandteil auf dem Feld werden und war bereit, alles dafür zu geben. Also beschloss ich, so viel es geht zu trainieren. Ich wollte dieses Jahr noch bei den Pokalspielen dabei sein, ein unwahrscheinliches Ziel, aber nicht unmöglich. Ich bin ein ehrgeiziger Mensch und mir liegt alles daran, mit meinem Team zu siegen. Ich würde mich richtig ins Zeug legen und dann würde ich schaffen, was ich mir vorgenommen hatte. Schließlich hatte ich ein außergewöhnliches Talent.

Ich hörte meinen Namen und sah auf. Alle Blicke lagen auf mir. „Willkommen im Team", sagte der Headcoach.


Die Tatsache, dass in meinem Statistics Kurs fast nur Asiaten saßen, schockierte mich mehr als Derek, der heute morgen das Klo verstopft hatte. Ich suchte mir einen Tisch ganz hinten in dem kleinen Raum und ließ mich in den Stuhl fallen.

Ich zweifelte daran, dass ich diesen Kurs erfolgreich abschließen würde, denn offensichtlich war ein ziemlich hohes IQ gefragt. Vielleicht hätte ich mir einen weniger mathematisch analytischen Kurs aussuchen sollen, aber jetzt war es ja wohl zu spät. Also versuchte ich dem Vortrag des Professors zu folgen und hatte schon gleich meine Schwierigkeiten.

Ich begann mich zu fragen, ob ich auch ohne einen erfolgreichen Abschluss zur NFL wechseln konnte. Ich traute mir immerhin zu, den IQ-Test vor dem Draft, dem Auswahlverfahren für die Profiliga, zu meistern.

Mitten in meinen Gedanken und dem Vortrag des Professors schwang plötzlich die Tür zum Unterrichtsraum auf und ein Student kam herein. Empört über die Störung unterbrach der Professor seinen Vortrag und sah den jungen Mann fragend an.

Irgendwie wirkte der nicht wie ein typischer Student, das lag an der eleganten Kleidung, die er trug. Er blieb vor der Klasse stehen und steckte die Hände in die Taschen seiner Anzughose.

Er wirkte extrem selbstbewusst, lächelte irgendwie herablassend. Erleichtert über die Unterbrechung setzte ich mich auf.

„Guten Tag alle zusammen, mein Name ist Bartholomew Kent", sagt er laut und deutlich, ohne dem Professor Aufmerksamkeit zu schenken, „aber man nennt mich Bart. Ihr sitzt jetzt alle schon eine ganze Stunde in diesem Raum. Ihr hört euch Vorträge über Zahlen und noch mehr Zahlen an. Ihr analysiert Statistiken und rätselt über Kapital. Aber was euch wirklich interessiert sind keine Fakten. Ihr wollt selbst Kohle machen."

Wie alle anderen auch, war ich irritiert.

„Ihr wollt so sein wie ich", fuhr der Typ mit den ordentlich nach hinten gekämmten Haaren fort, „ihr möchtet in die Oberschicht. Ihr möchtet euch irgendwann einmal einen Namen machen. Ein teures Auto fahren, Immobilien besitzen und schöne Frauen an eurer Seite haben. Auch wenn ihr nicht wie ich mit dem schönsten Körper gesegnet seid, Ruhm steht jedem zu."

Jetzt hatte er die volle Aufmerksamkeit. Was auch immer das sollte, es funktionierte.

„Womöglich habt ihr von meiner Familie schon gehört. Die Kents." Er begann vorne auf und ab zu gehen. Ich verfolgte jeden seiner ruhigen Schritte. „Wir sind reich und haben unsere Finger überall in den großen Businessbranchen der Welt. Um nun zu meinem eigentlichen Angebot zu kommen: Ich werde euch die Möglichkeit anbieten, diesem Traum ein Stückchen näher zu kommen. Erstmals entsteht an dieser Universität eine von mir selbst gegründete Highsociety. Wenn ihr den Anforderungen entsprecht, könnt ihr Mitglied werden."

Ich hatte von solchen Societies an Universitäten gehört. Die Mitgliedschaften waren heiß begehrt.

„Ich versorge euch mit den besten Verbindungen zu bekannten Leuten. Ich bringe euch bei, was es heißt, zur Elite zu gehören. Das Einzige was ihr tun müsst, ist euch bei mir zu bewerben." Er lächelte wieder, ein besonderes Lächeln, das sicherlich die Herzen aller Mädchen zum Schmelzen bringen würde. „Viel Glück."

Zu meiner Überraschung machte der offensichtlich sehr erfahrene Redner keine Anstalten den Raum zu verlassen, sondern schlenderte durch die Sitzreihen nach hinten und ließ sich neben mir auf den freien Stuhl nieder.

Der Professor nahm seinen Vortag wieder auf, jedoch hatte er die Hälfte der Aufmerksamkeit an Bart Kent verloren. Der Typ saß da und lächelte, so als hätte er als einziger einen Witz gehört, was mich irgendwie nervte. Ich musterte sein Gesicht von der Seite, ein nahezu perfektes Profil. Dazu dichte, schwarze Haare, die er ordentlich nach hinten frisiert hatte. Er passte nicht hierher, ich meinte sogar nicht in diese Zeit.

Am Ende der Stunde blieben wir beide sitzen. Er erwartete, dass ich etwas sagte, ich erwartete, dass er etwas sagte.

„Du bist Elijah Howard, richtig?", fragte er irgendwann, obwohl er sich sicher sein musste, dass ich genau der war. Ich wandte mich ihm zu, bemüht gleichgültig auszusehen. „Ja."

Er streckte mir seine Hand entgegen. Ich nahm sie und schüttelt sie fest. „Interessanter Vortrag", sagte ich.

„Vielen Dank. Das wurde mir praktisch in die Wiege gelegt", erwiderte er. „Ich würde dich gerne etwas fragen." Dieses Lächeln, wie ein Hollywoodstar in den Vierzigern.

„Nur zu." Ich war extrem gespannt, was der Milliardärssohn von mir wollte.

„Hättest du Interesse, ein Mitglied meiner Highsociety zu werden?"

Dreamboy (#deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt