33

92 5 0
                                    

Maggies Worte schoben Bart vor mein inneres Auge, so wie er gestern morgen in die Küche gekommen war, seinen königsblauen Bademantel leicht offen, sodass ich seine Brust und weiter, bis hinunter zu seinem Bauchnabel hatte sehen können.

„Nein", sagte ich und verbannte das Bild aus meinem Kopf. Die Art wie sie mich daraufhin ansah, ärgerte mich, weil ihr Blick in mein Inneres zu dringen schien.

„Er braucht dich, das ist mir klar. Aber lass dich nicht ausnutzen", warnte sie.

„Niemand kann mich ausnutzen", sagte ich bestimmt. Bis jetzt hatte es auch keiner versucht. Typen wie mich, Footballspieler, nutzt man nicht aus. Man hat Respekt.

„Wenn du meinst. Ich weiß nur von den anderen, dass er aus allem seine Vorteile zieht. Kelly hat er letztens nur ausgeführt, um anschließend seine Highsociety Website von ihr gestalten zu lassen."

Ich zog die Augenbrauen hoch und grinste. „Sehr klug."

Maggie verdrehte die Augen, musste aber auch lächeln. „Dir kann man nicht helfen."

Ich grinste noch breiter, denn sie hatte recht. Ich brauchte auch keine Hilfe. Bart war vielleicht schwierig, aber wir waren Freunde geworden. Mit seinem etwas herablassenden Charakter kam ich klar und er hatte durchaus Humor. Wir ergänzten uns irgendwie. Ich brachte ihm bei, ein bisschen lockerer und unkomplizierter zu sein und er ließ mich an seinem luxuriösen Lebensstil teilhaben. Außerdem war ich sein einziger richtiger Freund und meistens zog er mich ins Vertrauen, nicht jemanden anderen aus der Society. Ihn interessierte, was ich zu sagen hatte und gleichzeitig lachte er oft über meine Ansichten.

Obwohl er wusste, dass mir seine Society wenig bedeutete, war ich sein Stellvertreter, sein Assistent. Ich wusste, dass das nichts mit meinen Fähigkeiten zu tun hatte, sondern dass er einfach jemanden brauchte, der ihm als Freund zur Seite stand. Ich hatte absolut nichts dagegen, dieser Jemand zu sein.

Meine Gedanken fanden zu Maggie zurück und ich streckte den Arm aus und malte dem Mann in ihrer Kopie einen Blitz auf die Stirn. „Hey!", rief sie und versuchte mir lachend den Stift zu entreißen. Unmöglich. Ich hielt ihre Hand fest und fixierte sie mit meinem Blick. Sie bewegte sich nicht mehr, sah mich nur an. Sie hatte keine Chance gegen mich. „Du hast gerade Rembrandt verunstaltet." Ihr Blick wich nicht von mir, als ich ihre Hand losließ, sondern wanderte über mein Gesicht.

„Ich bitte dich, das ist doch nicht Rembrandt", scherzte ich und tippte auf die Kopie, „zumindest jetzt nicht mehr."

Ruckartig senkte sie ihren Blick. „Da mache ich mir wohl etwas vor", sagt sie so leise, dass ich es fast nicht hören konnte. Das Lächeln war fort und ich fragte mich, ob ich irgendwas nicht mitbekommen hatte. Ich wollte sie gerade danach fragen, doch sie kam mir zuvor. „Warte", sagte sie und griff nach einem leeren Papier, „bleib so sitzen."

Während sie mich zum fünften Mal zeichnete, dachte ich über sie nach. Ich wusste lange nicht so viel von ihr wie sie von mir, nur dass sie eine kleine Schwester hatte und ihr Vater Psychologe war.

„Ich kann dich verkuppeln", überlegte ich laut, „in meinem Footballteam sind noch ein paar Singles."

Sie sah nicht auf. „Nein danke."

„Du stehst nicht auf Footballspieler?", fragte ich verwundert. Viele Mädchen wollten einen Footballspieler zum Freund, da war ich mir sicher. Sie wollten einen starken, beschützenden Kerl. Ich hatte es die letzten Jahren ständig zu spüren bekommen.

Seltsamerweise antwortete sie nicht. Manchmal wurde ich aus Mädchen nicht schlau. Stattdessen schob sie mir ihre Zeichnung über den Tisch. Ich betrachtete das Kunstwerk, sah mich durch andere Augen und musste lächeln. Gott hatte mich mit einem gnadenlos guten Aussehen gesegnet.


„Elijah?" Bart holte mich vor dem Unterrichtsraum ein. Seine schwarzen Haare saßen nicht mehr ganz perfekt, er musste gerannt sein.

„Mh?" Wir betraten den kleinen Raum mit der hohen Intelligenzrate.

„Ich lade euch beide zu unserem Winter-Wonder-Charity-Ball ein", sagte er und versuchte, seine Haare in Ordnung zu bringen. Ich war kurz davor ihm zu helfen.

„Du lädst wen zu wessen was ein?", fragte ich, weil ich keine Ahnung hatte, was er von mir wollte.

Er schüttelte seufzend den Kopf, so als wäre ich dumm. Das tat er gerne. „Ich lade dich und Austin zu einem Ball ein, der jedes Jahr zur Weihnachtszeit von meiner Familie veranstaltet wird, um Spenden für Bedürftige zu sammeln", erklärte er mir dann ganz langsam.

Ich stellte meinen Rucksack auf unserem Tisch ab, der ganz hinten, wo man sich in Ruhe unterhalten konnte. „Hast du gerade Austin gesagt?", fragte ich, denn ich erinnerte mich daran, dass er ein Tabuthema gewesen war.

„Ja. Sieh es als eine Wiedergutmachung."

„Wow. Okay." Vielleicht war er doch ein guter Kerl.

„Der Ball ist in einer Woche in New York", informierte er mich und ließ sich in seinen Stuhl nieder.

„Ist das wieder so eine Smoking-Veranstaltung?"

„Mindestens."

Ich war nicht so begeistert. Ich habe zwei Tage in Erinnerung, an denen ich einen Anzug tragen musste: Die Beerdigung meines Vaters und ein langweiliges, geschäftliches Weihnachtsessen, zu dem mich meine Mutter mal geschleppt hatte. „Hast du noch den Anzug, den ich bei der Roaring Twenties Party anziehen sollte?"

Bart musterte mich und ich fragte mich, was er sah. „Ja den habe ich noch."

„Dann her damit, wenn es unbedingt sein muss", grummelte ich widerstrebend, „ich werde aussehen wie ein Bestatter."

Tatsächlich grinste Bart und das motivierte mich, den Anzug am Tag des Charity-Balls wirklich anzuziehen. Vielleicht stand mir ein Anzug ja doch.


Dreamboy (#deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt