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Fünf Wochen vergingen.

Endlich stand ich vor dem Breakers Hotel Resort in Palm Beach, Florida. Ein warmer Wind strich mir über das Gesicht als ich den Kopf hob und das riesige, mediterran gestaltete Luxushotel betrachtete, das von hohen Palmen umgeben war. Hier würde morgen Abend Corey Kent seinen Verlobten Marvin heiraten.

Langsam ging ich auf das Eingangsportal zu, das eine Welt des Reichtums und der Schönheit hinter sich versteckte. Eine Welt, die mich zwar immer fasziniert hatte, doch ich hatte nie das Gefühl gehabt dazuzugehören, nicht so wie Elijah es versuchte.

Bis zum Abend, dem ersten Zusammentreffen aller Gäste und der Begrüßung der Bräutigame waren es noch ein paar Stunden, also nahm ich mir ein Handtuch und schlenderte durch die großen Poolanlagen mit den perfekt angelegten Rasenflächen, den Blumen und den blauen Sonnenschirmen. Ich ließ mich auf einen Liegestuhl nieder und beobachtete die anderen.

Dieser Ort kam mir vor wie ein Versuch durch Perfektion das Paradies zu erschaffen. Ich wollte es zu meinem Paradies machen, mein Paradies, indem ich Elijah wiedersah. Ich stellte mir vor wie er in einer knappen Badehose aus dem Pool stieg, glitzernde Wassertropfen rannen in den Furchen seiner Bauchmuskeln hinunter, er strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht.

Ich war eingedöst und erwachte mit Schrecken und einem hastigen Blick auf die Uhr. Ich hatte noch eine Stunde, es würde sehr knapp werden. Auf meinem Hotelzimmer durchwühlte ich panisch meinen Koffer, nichts darin schien passend genug.

Nichts davon schien diesem Ort gut genug zu sein. Gut genug für Elijah. Ich war so nervös wie damals, als wir uns kennengelernt hatten, und drehte mich zweifelnd in einer engen, weißen Hose und einem hellblauen Hemd vor dem Spiegel.

Doch die Nervosität verflog als Corey mich ganz herzlich am Eingang zum Beach Club Restaurant umarmte. „Wie gefällt es dir hier?"

„Es ist traumhaft", antwortete ich lächelnd, mein Blick wanderte über den im typisch chic-atlantischen Stil eingerichteten Esssaal. Die meisten der fröhlich plaudernden Gäste kannte ich nicht, doch eines der Gesichter kannte ich so gut wie mein eigenes.

Mein Blick lag noch immer auf dem Gesicht, mein Herz begann laut zu schlagen, ich kippte hastig den Sekt in meinen Mund und hoffte, dass ich dadurch ruhiger wurde.

Elijah stand auf einen der blau gepolsterten Stühle gestützt ein paar Meter von mir entfernt zwischen den anderen. Er sah umwerfend aus in seiner graumelierten Anzughose, seinem hellblauen Hemd und den lässigen, weißen Vans.

Bevor ich zu ihm gehen konnte, erbat Corey die Aufmerksamkeit seiner Gäste. „Liebe Gäste, wir freuen uns sehr, dass wir heute vollzählig sind um uns gemeinsam auf den großen Tag einzustimmen. Ich für meinen Teil kann es kaum erwarten", sagte er und schenkte seinem Verlobten ein glückliches Lächeln. „Wir wünschen uns für jeden von euch, dass ihr dieses große Ereignis mit uns zusammen genießt und unser Glück mit uns teilt." Sein Blick fiel auf seinen Vater. „Manche Schritte werden von unseren Gefühlen geleitet und diese sind die Schritte, die wirklich zählen."

Ich applaudiert als Erster, dann fielen auch die anderen Gäste mit ein. Ich freute mich so sehr für das Paar, ein ungewöhnliches Paar, und doch nicht anders als andere. Vielleicht würde ich irgendwann an derselben Stelle stehen, neben einem Mann, den ich liebe. Ich jubelte, ignorierte, dass man mich anstarrte. Niemand konnte den Zauber brechen, den ich in diesem Moment verspürte.

Niemand würde diese beiden Männer davon abhalten, einander zu heiraten, denn sie liebten sich, ja, so wie ich Elijah liebte oder wie Jesse liebte, oder alle Menschen auf dieser Welt.

Ich jubelte und klatschte immer wilder, so gefangen war ich in diesem Gefühl.

Die anderen Gäste begannen zu tuscheln. Plötzlich sah ich Elijah zwischen ihnen, eine Welle der Euphorie überkam mich, mein Bauch kribbelte, ich klatschte und klatschte, plötzlich war mir schwindelig, die Luft schien dünn, zu dünn. Ich verlor die Orientierung, stolperte und fand mich in Elijahs Armen wieder.

Da war sein freches Grinsen, das ich so gerne sah. Sein Blick zog mich an wie ein Magnet und plötzlich, in seinen Augen, erkannte ich wie sehr ich ihn vermisst hatte. Der Schwindel verschwand und ich fand meinen Atem wieder. „Kreislauf", sagte ich kleinlaut.

„Und Sekt", fügte er hinzu und stellte mich gerade. Ich versuchte möglichst unschuldig zu lächeln. Er nahm meine Hand und führte mich auf die Terrasse, die einen Blick auf die Poolanlagen und das blaue Meer dahinter offenbarte. Die Sonne war fast hinter dem Horizont verschwunden und zauberte rote Farbe an den Himmel. Es war wie eine Gemälde. Elijah lehnte sich auf das Geländer und betrachtete das Meer.

„So etwas Schönes habe ich schon lange nicht mehr gesehen."

„Ich hoffe damit meinst du mich", entgegnete ich. Mit einem Mal war alles was ich sagen wollte wie weggeblasen. Er drehte den Kopf zu mir und lächelte. „Du hast dich verändert. Kurt ist wieder gesund."

Verwundert hob ich die Augenbrauen, dann stellte ich fest: „Du hast meinen Twitter Status gelesen."

„Ja natürlich. Ich durfte ja nicht mit dir sprechen."

„Bist du sauer deswegen?", wollte ich wissen. Ich hatte einfach ohne ihn entschieden, dass wir uns eine Weile nicht mehr sehen würden, es war eine Flucht gewesen, eine Flucht vor meinen Gefühlen, die mir gesagt haben, dass ich nicht reinpasse.

Ich war weggelaufen vor der Angst, dass wir zu verschieden waren um zusammenzugehören.

„Nein", erwiderte er sanft, „ich glaube jetzt, du hast die Pause wirklich gebraucht." Er lehnte sich mit dem Ellenbogen seitlich auf das Geländer.

„Ja, es lag an mir."

Sein Blick ruhte eine Weile auf mir. „Es fühlt sich so an als kenne ich dich schon mein ganzes Leben", sagte er plötzlich.

Ich nahm seine Hand in meine, wanderte mit den Fingern hinauf zu seiner Brust und sah in seine blauen Augen. „Manchmal habe ich das Gefühl in deinen Armen bin ich jeden Tag ein anderer. Dein Liebhaber, dein Freund, dein Mädchen, dein Cheerleader, dein Aufpasser ..."

„Ersteres gefällt mir am besten", murmelte er und näherte sich meinem Gesicht.

„Das ist aber nicht alles, Elijah. Die Frage ist, wie geht es mit uns weiter?"

Er wich wieder ein paar Zentimeter zurück, um mein Gesicht sehen zu können. „Ich will, dass du mir eine Chance gibst, alles besser zu machen", sagte er, dann näherte er sich wieder und ließ zwei Zentimeter Platz zwischen unseren Lippen. „Ich will, dass wir zusammen sind wann immer wir können, weil ich dich liebe. Ich will, dass wir uns nie wieder trennen. Ich will dich."

Mein Herz pochte laut. Wie hatte ich so einen Mann verdient? Dieser Moment war so erfüllt mit Ewigkeit, dass ich darin versinken wollte. Ich wollte ihn nie wieder loslassen, nie wieder von seiner Seite weichen. Für einen Moment dachte ich an Paris und Jesse und verspürte den Drang, meine Träume aufzugeben.

Ich wollte es tun, wenn er sich auch für mich öffnete.

„Zeig es nicht nur mir. Zeige es allen da draußen", flüsterte ich an seinen Lippen.

Elijah wich ein paar Zentimeter zurück, zögerte einen Moment, doch dann sagte er: „Das werde ich."

Diesmal glaubte ich ihm. Wir würden endlich zusammen sein können, ohne auf die Blicke der anderen zu achten. Elijah war bereit seinen Ängsten entgegenzutreten. Es war vorbei mit gebrochenen Herzen.

Dreamboy (#deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt