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Mein Besuch förderte die Stimmung Zuhause nicht wirklich, vor allem Kurt präsentierte sich absichtlich von seiner schlimmsten Seite. Er stand später auf um nicht mit uns frühstücken zu müssen, was mir recht war. Ich war unendlich froh, als ich im Schulbus mit Jada alleine war und wir wieder normal reden konnten, was hieß, dass wir nicht über Jeffrey redeten.

Trotzdem benahm sie sich komisch und ich wusste warum, als sie in der Mittagspause mit einem Lächeln auf dem Gesicht zu mir kam und sagte: „Siehst du den süßen Typ da drüben?" Ich folgte ihrem Blick. Ein schmächtiger, braunhaariger Junge mit großer Brille, der mit Seinesgleichen am Tisch saß. „Simon Clark, Serena sagt er ist ein Nerd. Chef der Schülerzeitung", analysierte ich. „Ich glaube, ich werde Reporterin", sagte Jada und setzte sich zu mir, „du hast ein Talent für's Schreiben, warum sollte ich nicht auch eins haben? Ich bin auch schon der ersten Frage auf der Spur: Ist Simon Clark single?"

Ich konnte nicht anders als zu lachen, aber Jada ignorierte es. Ich glaubte nicht daran, dass sie tatsächlich seine Freundin werden würde und hielt es für ein Hirngespinst, was sie noch mehr anspornte, mir das Gegenteil zu beweisen.

Jeffrey holte mich von der Schule ab und um zu beweisen, dass er sich geändert hatte, küsste er mich noch auf dem Schulhof, was mich irgendwie störte. Als ich Elijah am nächsten Tag zufällig auf der Treppe traf, wusste ich auch warum. „Hey", begrüßte ich ihn und wollte weitergehen, doch er hielt mich unsaft zurück.

„Wer ist der blonde Kerl, den du..?", fragte er harsch.

Ich war überrascht. „Woher...?"

„Hab' euch draußen gesehen. Gestern."

„Das ist Jeffrey. Mein Exfreund. Jetzt ist er... so was wie mein Freund. Ach, keine Ahnung... wieso fragst du?"

„Nur so."

In dem Moment kam ein Lehrer, der offensichtlich nach ihm gesucht hatte. „Howard, es ist ein Anruf gekommen. Bitte komm ins Sekretariat." Elijah folgte dem Lehrer ohne ein weiteres Wort an mich. Noch am selben Tag erfuhr ich, dass Willow einen Autounfall gehabt hatte, doch es ging ihr gut. Sie musste ein paar Tage im Krankenhaus bleiben und Chrissy erzählte beim Abendessen, dass Willow ihr aufgetragen hatte, die Abschlussparty zu planen. Sie war total aufgeregt deswegen. Ich hatte sie schon lange nicht mehr so glücklich gesehen. Ich deutete Willows Beschluss als Freundschaftsangebot für Chrissy und es hatte seine Wirkung.

Während ich mit Jeffrey beschäftigt war, arbeitete Jada daran, ein Platz in der Schülerzeitungsredaktion zu erlangen und mit Simon anzubandeln. „Ich sage euch, Simon steht auf mich", sagte sie, wir saßen gerade auf der Wiese neben dem Baseballfeld der Schule und lernten.

„Ich frage mich eher warum du auf ihn stehst", entgegnete ich kopfschüttelnd. Simon war unpassend, doch Jada hörte nicht auf mich, was mich extrem ärgerte. „Wetten wir, dass ich in einer Woche mit ihm zusammen bin?", sagte sie stattdessen. Ich hob die Augenbrauen um ihr zu zeigen, dass sie völlig verrückt war. „Nie und nimmer."

„Okay, die Wette gilt. Die Woche startet morgen!" Jada hob ihr Kinn, eine Geste, die sie sich von mir abgeschaut hatte. „Du wirst schon sehen."

Ich verdrehte die Augen. „Es gibt hier bestimmt Jungs, die besser küssen als dieser Typ." Wie aufs Stichwort beugte Jeffrey sich zu mir und sagte: „Ich zum Beispiel." Das brachte mich zum Lächeln. Ich erwiderte seinen Kuss. Jada seufzte laut, schlug mir mit ihrem Heft auf den Kopf und sagte: „Hier sind noch andere Leute." Jeffrey lehnte sich zufrieden wieder zurück. „Andere Leute wie der da drüben. Der starrt schon länger."

Ich folgte seinem Blick und entdeckte Elijah drüben auf dem Footballfeld. Er drehte sich gerade um und lief weg. Auf einmal fühlte ich den Drang, ihm hinterherzulaufen und sprang auf. „Das ist Elijah aus meiner Chemiegruppe. Ich muss ihn dringend noch was fragen wegen der... Säure-Base-Reaktion", sagte ich schnell und kam mir total blöd dabei vor, ihn anzulügen, doch dann gab ich mir einen Ruck und rannte Elijah hinterher, doch das Spielfeld war leer. Ich war enttäuscht, sehr enttäuscht und wollte schon umkehren als ich seine Stimme hörte: „Suchst du mich?"

Überrascht drehte ich mich um und fand ihn auf der Zuschauertribüne sitzend vor, seinen Helm zwischen die Beine geklemmt und die Haare wild zerzaust, wie immer, wenn ich ihn alleine antraf.

„Ja, dich", antwortete ich und musste lächeln. Ich ging zu ihm hinüber und setzte mich neben ihn auf den knarzenden Plastiksitz.

„Trainierst du eigentlich immer alleine?"

„Nein. Aber ich trainiere mehr als die anderen", erklärte er und betrachtete eine Kerbe in seinem Helm.

„Deswegen bist du auch so gut", stellte ich fest und streckte meine Hand aus, strich mit dem Finger über die Kerbe. „Ein echter Kämpfer bekommt immer was er will."

„Aber er kann nicht alle Steine aus dem Weg räumen", murmelte Elijah. Ich stützte meinen Kopf auf meine Hände und sah ihn an. „Wovor hast du Angst? Dass sie dich nicht mehr mögen? Dass die Mädchen dich nicht mehr umwerben werden? Vor deiner Mom?"

Er sah nicht auf. „Hat nicht jeder Angst davor, plötzlich alleine dazustehen?"

Ich schlug die Augen nieder, betrachtete meine Hände. „Es ist nicht immer einfach, das gebe ich zu. Aber du bleibst doch derselbe tolle Typ. Du bleibst ein Football-Talent. Du wirst immer noch genauso gut aussehen und deine Mom bleibt deine Mom. Das Einzige, was sich ändert ist, dass du endlich lieben kannst", sagte ich und hob meinen Blick wieder, um ihm fest in die Augen zu sehen, „und das ist es Wert, glaube mir."

Elijah erwiderte meinen Blick und schwieg. Wieder versuchte ich zu erraten, was in seinem Kopf vorging, aber es schien mir unmöglich, denn ich konnte aus seinem Gesicht nicht lesen. Ein paar Sekunden vergingen, in denen ich meinen Blick nicht von ihm lösen konnte. „Schon einmal etwas getan, was du dir nie zugetraut hättest?", flüsterte ich schließlich und hoffte, dass er wusste was ich damit meinte.

Elijah beugte sich langsam näher zu mir, ich wusste was kommen würde und schloss die Augen, mein Herz begann schneller zu schlagen.

Doch Elijah hielt inne. Seine Lippen waren nur Zentimeter von meinen entfernt, ich spürte die Nähe deutlich, wie eine elektrische Spannung zwischen uns. Fünf Sekunden verstrichen, bis ich die Augen öffnete und Elijah zurückweichen sah. Er versuchte sein schnelles Atmen unter Kontrolle zu kriegen und wich meinem Blick aus, sein Gesicht abgewandt. Ich wollte etwas sagen, doch ich fand keine Worte, wusste nicht, was passiert war zwischen uns. Er atmete tief durch.

Da war ein Funke von etwas gewesen, das ich lange nicht mehr gespürt hatte. Elijah sah mich kurz an, dann stand er auf, stumm, kletterte über die Plastiksitze nach unten und rannte über das Feld, weg von mir.

Dreamboy (#deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt