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Bis zu dem Moment, in dem ich wahrhaftig vor der Schule stand, hatte ich keinen Gedanken an sie verschwendet, doch jetzt war mir so mulmig zu Mute, dass ich am liebsten wieder kehrt gemacht hätte. Allein Jada hielt mich davon ab, indem sie einfach neben mir war.

„Ist das nicht Elijah?", fragte sie, packte mich an den Schultern und drehte mich in die Richtung, in die sie geschaut hatte. Elijah, den Namen fand ich auf Anhieb schön, war tatsächlich da, doch noch erstaunlicher war das Auto, mit dem er gekommen war. Es war glänzend, feurig rot und sportlich. Ich kannte mich zu wenig mit Autos aus um es benennen zu können, aber es gefiel sogar mir.

„Der muss sackteuer gewesen sein", sagte Jada und ich fand, dass ihre Hände auf meinen Schultern langsam zu warm wurden, also stieß ich sie weg. Kaum war Elijah aus seinem Wagen ausgestiegen, wurde er umringt von einer Horde kräftiger, durchtrainierter Jungs und schlanker, sportlicher Mädchen.

„Was für ein Macho", kommentierte Jada.

Ich nickte beiläufig, denn meine Gedanken waren bei der Gruppe vor meinen Augen. Obwohl ich Jungs wie diese zutiefst verabscheute, zumindest redete ich es mir ein, hatte ich schon immer ein Teil von ihnen sein wollen, denn sie waren angesagt. Elijah war wohl mit Abstand der Angesagteste.

Er bemerkte mich nicht, auch nicht als er mit seiner Schar an uns vorbeikam und ich ihn anlächelte, weil ich hoffte er würde mich erkennen und uns vielleicht sogar ansprechen. Erst als einer seiner Freunde ihn auf mich aufmerksam machte, drehte er sich um. „Er hat dich angelächelt."

Elijah sah mich kurz an, dann drehte er sich wieder zu seinem Kumpel und lachte, die anderen stiegen ein. Obwohl Elijah als erster aufhörte zu lachen und mir noch einen letzten kurzen Blick zuwarf, der etwas beschämt wirkte, wurde ich rot und wandte mich schnell ab. Ich kannte das Gefühl gut, es war nichts Neues für mich, trotzdem tat es jedes Mal aufs Neue weh, wenn andere über mich lachten. Ich wusste nicht wieso, aber diesmal tat es besonders weh und ich versteckte mich den Rest des Vormittags hinter Jada. Sie schaffte es besser als ich, gute Laune zu verbreiten und bald fanden wir Serena, ein blondes, dünnes Mädchen mit vielen Freunden, die sich uns annahm.

Froh, ein Mädchen gefunden zu haben, traute auch ich mich wieder aus meiner Deckung hervor. Ich überrasche oft Leute, weil ich zunächst schüchtern wirke, doch dann kann ich ohne Punkt und Komma reden, sobald ich mir sicher bin, dass ich einer Person vertrauen kann. Bei Mädchen ist mein Vertrauen sofort da, so auch bei Serena. Sie schien mich auf Anhieb zu mögen, fragte mich aus über meine Familie, meine Lieblingsfächer und Hobbies.

Im Gegenzug erzählte sie von den Leuten auf der Schule, ich fand heraus, dass sie die Freundin von Marc war, welcher der beste Freund von Elijah war.

„Elijahs Mom ist reich, sie ist Anwältin irgendwo", erzählte sie, nachdem ich beiläufig nach ihm gefragt hatte, „deswegen ist sie kaum Zuhause und er kann richtig große Hauspartys schmeißen. Alle Mädchen stehen auf ihn, aber er ist single, schon seit zwei Jahren."

Ich sah Jadas Augen leuchten. „Er ist halt schon gutaussehend", stellte sie fest.

„Er ist der Quarterback der Football Mannschaft hier, er ist richtig gut, der Coach plant eine vielversprechende Zukunft für ihn, als Profi."

Ich stellte ihn mir sofort in einer Footballrüstung vor, wie er in Zeitlupe durch den Matsch schlitterte, um ihn herum ein riesiges Publikum, das ihm zujubelte. Mit Sicherheit hatte Elijah diesen Traum jede Nacht und morgens wachte er mit einem Football in den Armen auf.

Serena redete viel, genau wie ich, weshalb wir super zusammenpassten und mir die Schule nur noch halb so schlimm vorkam.

Viel schlimmer wurde es Zuhause. Kurt war nicht da, ein Klebezettel benachrichtigte uns, dass er mit Charlene ausgegangen war, weshalb er eine Tiefkühlpizza zurückgelassen hatte, ohne uns vorher zu fragen ob wir Salami mochten, denn ich mochte sie nicht. Als er spät abends zurückkam, leicht angetrunken, redete er mit Chrissy, aber nicht mit uns.

„Vergiss Kurt", sagte Jada, als wir wieder in unseren Betten lagen, „er wird nie wieder wie früher."

„Merkst du wie er Chrissy anschaut, sein eigen Fleisch und Blut, und wie er uns anschaut? Jeder seiner Blicke sagt mir, du bist nicht mein Sohn." Ich war wütend darüber, fühlte mich vernachlässigt, doch der Schultag war so gut gelaufen, dass ich noch nicht aufgeben wollte.

„Jada?"

„Ja Austin?"

„Danke, dass du da bist. Ohne dich wäre ich verloren."

Ich hörte meine Schwester aus dem Bett krabbeln, dann schlüpfte sie zu mir unter die Decke und legte schützend einen Arm um mich. Ihr Atem beruhigte mich, ich fühlte mich geborgen und konnte schließlich einschlafen. Auch wenn Kurt mich nicht mehr liebte, ich hatte noch Jada, sie würde mich nie alleinlassen.

Dreamboy (#deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt