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Der Blick, den Elijah mir zuwarf, als wir uns auf der Abschlussparty von Willow und Chrissy gegenüberstanden, er mit Keira an seiner Seite und ich mit Jeffreys Hand in meiner, ließ mein Herz schneller schlagen. Ich hatte Lust auf diese Party, auf die laute Musik, die mir meine Sorgen aus dem Kopf hämmerte. Ich trug meine neue Hose und hatte meine Haare mit viel Mühe zu einem Wunderwerk gestylt. Jeffrey kannte niemanden in diesem Haus, dem Haus der Howards, ein großes Haus am Ufer des Beaver Dam Lake. Er ließ mich nicht aus den Augen, er wirkte glücklich an meiner Seite und das war gut so.

Ich tanzte mit ihm, über seine Schulter hinweg sah ich Elijah mit Keira tanzen, sie hatte ihren Kopf an seine Schulter gelegt. Elijah schaute zu mir, unsere Blicke trafen sich und ich hatte das Gefühl, er kämpfte innerlich mit sich selbst, wollte auf die Linie zu-rennen, doch schien nicht vom Fleck zu kommen. Sein Blick ließ mich nicht los, er kämpfte und ich wollte ihn plötzlich berühren, ihn einen Schubs geben, damit er sein Ziel erreichen konnte.

Er löste sich von Keira und holte sich einen Drink, ich verlor ihn in der Menge, doch er kam wieder, kämpfte, holte sich einen zweiten Drink, dann einen dritten. Auf einmal schien er entschlossen. Ich beobachtete wie er sich seinen Weg durch die Menge bahnte, jeder seiner Schritte machte mich nervöser, er stieg auf einen Tisch und hob seinen Arm. Jeffrey und ich hatten aufgehört zu tanzen, auch die anderen schauten irritiert zu ihm hoch. Jemand hielt die Musik an.

„Ich habe euch etwas zu sagen." Er machte eine Pause, ich spürte, dass er unsicher war, doch die anderen hielten es für einen Teil seiner Show. Jemand johlte. Elijah hob die Hand.

Weil er immer noch nichts sagte, rief Keith: „Was ist denn jetzt?"

Tief einatmend kniff er die Augen zusammen, ich hatte das Gefühl, er schien es aus sich herauszupressen, wand sich innerlich.

„Ich bin schwul", sagte er dann.

Weil es plötzlich ganz still wurde, öffnete er die Augen wieder und schweifte mit dem Blick über die verdutzten Gesichter. „Das ist alles, was ich sagen wollte." Damit sprang er vom Tisch und ging. Jeffrey sah mich überrascht an. „Meint er das ernst?" „Ja", antwortete ich und konnte selbst kaum glauben, was gerade geschehen war. Es fühlte sich an als wäre ich soeben in einen Spalt gerutscht und hatte keine Ahnung, auf welche Seite ich mich retten sollte. „Du und er, hat das etwas zu bedeuten? Läuft da was zwischen euch, von dem ich nichts weiß?", fragte Jeffrey, sein Gesicht hatte sich verfinstert, von seiner guten Laune war nichts mehr zu sehen.

Mir war auf einmal schlecht, ich wollte ihn nicht so traurig sehen, wollte, dass er wieder lächelte. Mein Kopf sagte mir, dass ich ihn nicht verletzen durfte, doch mein Bauch wehrte sich dagegen, also zögerte ich. Jede Sekunde, die ohne meine Antwort verstrich, ließ ihn noch unglücklicher aussehen. Ich sah in seine Augen, sie flehten mich an.

„Nein, da läuft nichts. Wirklich nicht." Ich fühlte einen Stich im Magen als ich zu einer Lüge ansetzte: „Ich wollte ihn nur ermutigen, sich selbst zu öffnen. Mehr ist da wirklich nicht. Du bist wieder bei mir und das ist alles was zählt, Jeffy."

Augenblicklich sah ich die Erleichterung in seinem Gesicht, das Lächeln kehrte zurück, ich glaubte ich hatte es geschafft, doch als er mich in den Arm nahm, sah ich Elijah direkt hinter ihm stehen. Er starrte mich an, bleich im Gesicht, und ich wusste noch im selben Moment, dass er es gehört hatte. Sein Gesicht war so voller Leid, dass ich mich schrecklich fühlte, doch dann trat Jeffrey zurück und lächelte mich an und als ich endlich wieder ein Blick über seine Schulter werfen konnte, war Elijah verschwunden.



Elijah sagte kein Wort zu mir. Wir hatten ihn, Willow und Charlize zum Essen eingeladen um den Abschluss der Mädchen zu feiern. Chrissy und Willow waren ein Herz und eine Seele, sie redeten ununterbrochen und lachten zusammen und zum ersten Mal benahmen sie sich wie Schwestern. Ihre gute Laune färbte ab, denn auch Kurt und Charlize hatten ein Lächeln im Gesicht, ab und zu nahm er ihre Hand. Neben mir saß Jada, worüber ich froh war, obwohl sie ständig von Simon redete. Sie hatte die Wette tatsächlich gewonnen, weshalb ich ihr für den Rest des Schuljahrs die Texte für die Schülerzeitung schreiben sollte, als Wetteinsatz. Ich freute mich sogar für sie, denn sie hatte endlich einen Freund, den sie anscheinend mochte.

Immer wieder wanderte mein Blick zu Elijah, der stumm auf seinen Teller starrte, während Charlize von ihrer Arbeit erzählte. „Es ist schön, wenn man nach Hause kommt und dort wieder eine Familie wartet", sagte sie und hob ihr volles Weinglas, „auf unser schönes Beisammensein!" Mit lächelnden Gesichtern hoben alle ihr Glas.

Endlich saßen wir friedlich zusammen, niemand stritt, wir glichen einer Familie. Ich sah in Kurts Gesicht, dass er glücklich war, vielleicht hatte er sogar eine Hochzeit vor Augen. Ich hob mein Glas, bereit die Familie zu besiegeln.

Plötzlich erhob sich Elijah, der Tisch wackelte. „Das hier existiert nicht! Es ist alles scheinheilig, wir sind keine Familie! Und wir werden auch niemals eine sein!", brüllte er. Geschockte Gesichter.

„Los Mom! Sag ihm, dass du ihn betrügst!"

Charlize blickte erschrocken zu Kurt. „Wie bitte?"

„Sag es ihm!", schrie Elijah sie an. „Du betrügst ihn doch schon seit Ewigkeiten mit deinem Kollegen! Ich weiß es, weil er versehentlich auf unseren Anrufbeantworter gesprochen hat!"

Charlize sah auf die Tischplatte.

Kurt stand auf. „Ist das wahr?", fragte er.

Sie nickte beschämt. Für einen Moment war es still am Tisch, der Schock saß tief. Dann begann auch Kurt zu brüllen. „Raus! Schlampe! Verlasse sofort mein Haus!" Stühle kratzten über den Boden, Charlize packte wütend ihre Sachen und ging zur Tür. Es ging ganz schnell, die Howards standen auf der Straße, Jada und ich folgten ihnen zur Tür. Ich war noch immer fassungslos. Mein Blick fiel auf

Elijah, er sah zurück, sein Gesicht war leer, unberührt. Mit wenigen Worten hatte er alles zerstört.

„Warum hast du das getan?", fragte ich ihn, meine Stimme zitterte. Ich musste es aus seinem Mund hören.

„Weil alles ein Fehler war. Es war ein Fehler, mein Leben nach dir zu richten. Es ist besser, wenn ich dich nie wieder sehen muss", antwortete er und stieg in das Auto, das ihn wegbringen würde. Jetzt war es da, das Schuldgefühl, unausweichlich und schmerzvoll. Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Ich ließ sie kommen. Es war meine Schuld, dass Elijah das getan hatte, meine Schuld, dass seine Gefühle verletzt waren. Aber das war nicht der einzige Grund, warum ich weinte. Ich weinte, weil er mich nicht wiedersehen wollte.

Dreamboy (#deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt