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Auf dem Rückweg lief mir Maggie über den Weg. „Maggie! Hi!", rief ich.

„Austin!" Sie war total überrascht. „Was machst du hier?"

„Wartezeit überbrücken", antwortete ich und umarmte sie kurz.

„Er lässt dich hier warten?", wiederholte sie verblüfft. Ich nickte. Sie schüttelte den Kopf. „Er hat sich so verändert. Alles was er sieht ist sein blöder Traum. Ich sehe ihn überall: auf Postern in den Korridoren, im Internet auf allen Social Networks... aber das ist nur der Elijah, dem nichts wichtiger ist als Anerkennung. Ja, ein gesundes Selbstvertrauen ist gut, aber langsam hält er sich wirklich für was Besseres!"

Es wunderte mich, dass sie so über ihn redete, denn eigentlich war sie eine sehr gute Freundin. Elijah hatte immer betont, wie gut sie sich verstanden und wie natürlich Maggie war. Von einem Streit hatte er mir nichts erzählt. „Er präsentiert sich den Leuten wie ein Vorbild, aber ich finde das ist er nicht. Nicht mehr."

Ich schaute zu Boden. „Elijah macht es glücklich", sagte ich, denn ich wollte ihn nicht so dastehen lassen, „er geht darin auf."

Sie schnaubte, zog ihr Smartphone aus ihrer Tasche und hielt es mir unter die Nase. Es war ein kurzes Video, das Elijah vor ein paar Tagen für seine Fans aufgenommen hatte. „Ihr seid die Besten... Ohne euch könnte ich diesen Traum nicht leben... blah blah blah", wiederholte Maggie seine Worte. „Was ist mit uns? Mit Dallas, mit dir, mit mir? Wir haben am meisten an ihn geglaubt, auch wenn es ihm scheiße ging aber alles was zählt ist die Zahl seiner Fans auf Twitter und Co."

„Vielleicht ist das einfach ein Teil davon, sein Ziel zu erreichen", sagte ich. Maggies Blick behauptete das Gegenteil.

„Kannst du ihn überhaupt noch lieben?", fragte sie argwöhnisch.

„Ich könnte nie damit aufhören", erwiderte ich sofort und wusste, dass meine Gefühle für mich gesprochen hatten.

„Ich kann das nicht mehr", sagte Maggie leise, so leise, dass ich es fast nicht hörte, aber ich hörte es eben doch. „Du warst wirklich in ihn verliebt", stellte ich fest und erschrak darüber wie nüchtern es klang.

„Ja", erwiderte sie und sah mich beinahe mitleidig an. „Aber zum Glück hatte ich nie eine Chance. Ich denke, er braucht seine Freunde nicht mehr."

Sie drehte sich um und ging, ich sah ihr hinterher und fühlte mich wie ausgelaugt. Ich stand dort eine gefühlte Ewigkeit, während Studenten an mir vorübergingen und die Sonne immer tiefer rutschte. Irgendwann war Elijah wieder bei mir.

„Was stehst du denn hier draußen?", fragte er amüsiert und legte wärmend einen Arm um mich. Ich lehnte den Kopf an seine Schulter. „Hast du dich mit Maggie gestritten?", wollte ich wissen, während wir zurück zum Haus gingen. Er seufzte.

„Sie redet schon eine Weile nicht mehr mit mir und Dallas sehe ich auch nicht mehr so oft."

Ich schwieg und er schloss die Tür auf, zog mich hinein und half mir aus dem Mantel. „Hast du schon den neuen Trailer von mir gesehen, den für die Fernsehübertragung der nächsten College-League Spiele? Der ist der Hammer."

„Noch nicht", sagte ich und dann hörte ich mir eine detailgenaue Beschreibung dieses Trailers an. Elijah strahlte und während er redete und dabei die Szenen nachspielte, saß ich auf Barts Sessel und beobachtete ihn. Am Ende seiner Performance kam er zu mir, ging vor mir in die Hocke und sah lächelnd zu mir herauf, seine Hände auf meinen Knien. „Ich kann's immer noch nicht fassen, es ist einfach alles wie ein cooler Traum. Ich kann's echt schaffen."

Ich dachte an meine Träume. Was war davon übrig geblieben? Wann hatte ich aufgehört zu schreiben? War ich nicht auch dazu befähigt, meine Träume zu erfüllen? Ich erinnerte mich an Zeiten, in denen ich noch vom Broadway geträumt hatte.

Meine Zeit am College war bald vorbei und ich würde mich für einen Weg entscheiden müssen.

Liebe oder Leben, hatte Jesse gefragt.

Elijah legte zufrieden seinen Kopf in meinen Schoß, ich hob meine Hand und streichelte sein blondes Haar. „Austin?", fragte er.

„Ja?", antwortete ich.

„Ich liebe dich."

„Ich weiß", sagte ich gedankenverloren. „Ich weiß, Süßer."

Er lächelte und ich sah, wie glücklich er war.

Manchmal träumen sich Mädchen Jungs einfach so zusammen, packen alle Zutaten rein wie in einen guten Kuchen. Aber selbst die besten Kuchen haben Schwachstellen. Elijah ist der beste Kuchen, den ich je probieren durfte, auch wenn er an manchen Stellen stark nach Alkohol schmeckt und die Tischdekoration nicht zu seiner Füllung passt. Doch sein Geschmack übertrumpft diese Makel. Das Problem war: Ich konnte nicht aufhören zu naschen.

Dreamboy (#deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt