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Alessio :

Wir brauchten für den Heimweg doppelt so lange, wie wir her gebraucht hatten.
Keiner hatte genügend Kraft ein bestimmtes Tempo lange genug durchzuhalten.
Wir waren am Ende.
Keiner besaß mehr Hoffnung.
Noch nicht mal die Zwillinge, oder Leif und Scott sah sowieso das Meiste negativ, obwohl er sich auf dieser Reise zunehmend ins positive geändert hat.
Doch wie sollte es nun ohne Hoffnung oder Kraft weiter gehen?
Wir waren fast zuhause und keiner hatte eine Ahnung, wie es zukünftig weitergehen sollte...
Die Luna weg...
Taylor konnte ich seit 3 Tagen nicht erreichen und so langsam stieg die Angst, dass meinem Rudel etwas ernsthaftes passiert sein könnte...
Aber wenn einige gestorben wären, dann hätte ich das gewiss seelisch spüren können...
Warum ist in meinem Leben eigentlich immer so kompliziert?
Nie deutlich?
Und immer voller Fragen?

Ich schüttelte meinen Kopf und rannte auf einem Baum zu, welchen ich gerade vor mir sah. Ich nutzte diese Chance und sprang an diesen und kletterte leicht aggressiv nach oben. Am liebsten würde ich nun irgendetwas zerstören, nur damit würde ich gegen die Gesetzte verstoßen, welche unter den verschiedenen Rudeln ausgemacht wurden.
Ich durfte in anderen Territorien nichts verwüsten oder zerstören, weshalb ich meine Wut zügeln musste.
Es gab nichts schlimmeres, als seinen Zorn zurückhalten zu müssen...
Am schwierigsten wurde dieses Zurückhalten, wenn man bereits dabei war innerlich zusammen zu brechen, weil man mit den gegebenen Situationen und Umständen nicht mehr klar kam...
Und genau das war ja seit Tagen der Fall bei mir...und so langsam konnte ich nicht mehr...
Alles ging kaputt.
Wenn mein Vater das wüsste, der würde...
Der würde seine Entscheidung hinterfragen, dass er mir das Rudel überließ..

All das waren Gedanken, über die man nur abwägend knurren konnte.
Meine Augen formten sich vor Wut zu schlitzen, womit ich nur die Silhouetten meiner drei Begleiter sehen konnte.

Allessio...wir müssen weiter. Du hast selbst gesagt, dass da was nicht stimmt. Also worauf wartest du?

Leif hielt inne, dem Geräusch nach zu urteilen, schien er sich nachdenklich zu kratzen.

Ok... die Frage war blöd, schließlich weiß ich, worauf du wartest. Aber vergiss nicht, du musst dennoch weitermachen, dass ist deine Aufgabe. Aufgeben darfst du nicht, du darfst noch nicht mal dran denken, oder solltest es zumindest nicht...
Wir brauchen dich...du führst uns an.
Also komm von diesem Baum runter und lass uns nach Hause.

Er hatte Recht, wie immer eigentlich..
Und das zeigte erneut, was für eine Bereicherung dieser Wolf doch war.
Und dass man nie nach dem Rang oder der Abstammung urteilen sollte, denn jeder kann mehr erreichen, wie man ihm ansehen kann, oder von ihm erwartet.
Meine Ohren haben bei seinen Worten gezuckt und die Bedeutung dieser Wörter ließ mich seufzend vom Baum springen.
Schmollen oder Streiken wären jetzt total fehl am Platz.
Als ich den Waldboden unter meinen Pfoten spürte, scharrte ich kurz mit diesen im Laub.
Was könnte uns schlimmsten Falls erwarten....?
Schwer verletztes Rudel?
Völlige Zerstörung?
Obwohl...weshalb sollte das Rudel, mit dem wir verfeindet sind, so etwas vollführen.
Schließlich wäre das alles zu viel Arbeit...
Würden sie diese freiwillig ausführen...oder nur die Vorteile bevorzugen, welche enstehen könnten...?
Wenn man so darüber nachdachte, ergab nichts, von meinen Gedankenwegen, der Wirklichkeit...
Nichts würde nur anatzweise Sinn ergeben.

Ach Leif...

Erneut konnte man ein Seufzen wahrnehmen, welches ich von mir gab.

Wir sind fast daheim. Wir sollten auf alles gefasst sein, wir wissen nicht, weshalb wir mit keinem Kontakt aufnehmen können.
Wir wissen nicht, ob etwas passiert ist und wenn was passiert ist, wie verheerend dies ist.
Wir sollten auf alles gefasst sein, was ins negative rutscht.
Die Lage ist unklar und unser Weg wird von Angst bestimmt...
Wir alle haben bereits viel verloren...
Aber dennoch gab es immer wieder was, wofür sich das Kämpfen lohnte, also packen wir das.
Egal was daheim auf uns wartet, wir stehen das durch!

Ich sah die drei an, ich brauchte eine Antwort, ob sie bereit waren diesen Weg weiter einzuschlagen, oder ob sie sich doch davon abwenden wollten, da sie sich nicht mit der Gefahr auseinandersetzen wollen würden. Doch als ich sie fragend ansah, knurrten alle drei.

Uns wirst du nicht los. Die Zwillinge bleiben und der Ome...eh Leif wird dir ebenfalls beistehen, wir sind in den letzten Wochen zu einem Team geworden, auch wenn der Sinn dieser “Reise“ letztendlich absurd war, hat es den Zusammenhalt enorm verbessert.
Wir kommen mit nach Hause.

Ich nickte. Was anderes konnte ich nicht.
Das man diese Worte jemals von Scott hören würde, hätte ich nie gedacht.
Sie passten nicht zu ihm, oder haben es zumindest nicht...

Es lag also kein Einwand vor, womit wir wie geplant weiter in die Richtung unseres Territoriums gingen.
Mit jedem Schritt den wir machten stieg unsere Angst.
Gerade als wir unser Territorium endlich wieder betraten und Heimatboden unter unseren Pfoten spürten, nahm das Gefühl, dass was nicht stimmte zu.
Instinktiv wollte ich erneut versuchen mit Taylor Kontakt aufzunehmen, in der Hoffnung, dass es jetzt klappen würde, doch das war nicht mehr nötig.
Ich hörte ihn.
Oder genauer gesagt konnte ihn jeder meiner Wölfe hören, da er nach Hilfe schrie.
Direkt spürte ich die Blicke dreier Wölfe, welche auf mich gerichtet waren.

Taylor steckt in Schwierigkeiten! Lauft, jeder sucht schnellstmöglich einen Weg zu ihm, aber Achtung, der Boden an den Klippen ist gelockert und der Regen wird die Sache nicht erleichtern.
Passt auf, bringt euch nicht selbst in Gefahr!

Und schon rannten wir wieder, diesmal so schnell wie wir konnten zur Klippe.
Doch als wir diese sahen, wurde uns klar, dass wir zu spät​ sind.
Wir befanden uns am Strand und konnten hoch schauen.
Ich erblickte einen etwas kleineren Wolf, welcher vergeblich versuchte Taylor aus der Gefahrenzone zu ziehen, der Regen machte das ganze allerdings unmöglich.
So wies aussah versuchte Taylor noch den Wolf irgendwie weg zu schubsen, doch es war zu spät...
Wir sahen wie beide Wölfe die Klippe runter stürzten.
Die beiden Körper fielen und mit ihnen fielen ebenfalls einige Erdbrocken hinab.
Und dann erkannte ich den zweiten Wolf und schrie.
Ich schrie wie ich noch nie zuvor geschrien habe.
Ich verlor nicht nur meinen besten Freund, nein, meine kleine Schwester fiel ebenfalls...

MINAAAA!!!?!?

Keine Sekunde später hörte man das aufklatschen der Körper auf der Wasseroberfläche, woraufhin das Wasser überall hinspritzte.
Panik durchflutete mich.
Waren sie auf den Felsen aufgeschlagen...?
Oder sind sie nur auf die Wasseroberfläche geklatscht?
Ich war mir nicht sicher und rannte in die Fluten.
Es existierte eine minimale Chance, welche ich nicht ungenutzt lassen wollte.

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