»Monday, könnten Sie mal bitte für alle erklären, wie man die Ableitung dieser E-Funktion mithilfe von Substitution und Kettenregel berechnet?«
Substitution? Was war denn das? Sah ich so aus, als könnte ich Latein?
»Das habe ich noch nicht ganz verstanden«, murmelte ich ausweichend und schaute auf meinen Collegeblock, damit es so aussah, als würde ich noch nachgrübeln.
»Dann könnten Sie uns ja wenigstens ihren Ansatz vorstellen«, meinte mein Mathelehrer. »Die Substitution müssen Sie doch schon gemacht haben.«
»Wir haben Substitution an meiner alten Schule nicht gemacht«, sagte ich ausweichend.
Adam stupste gegen meine Schulter. »Das hatten wir gerade letzte Stunde«, behauptete er. Ups, da hatte ich mal wieder nicht aufgepasst.
Der Lehrer seufzte, als wäre ich ein hoffnungsloser Fall, und wandte sich den anderen Schülern zu.
Nach der Schule fuhren Adam und ich gemeinsam nach Hause.
»Kommst du heute mit joggen?«, fragte ich.
»Ich glaube ich bleibe lieber mal zu Hause. Bis nächste Woche muss ich noch einiges für die Schule machen.« Wie organisiert er war. Wenn ich überhaupt etwas für die Schule machte, dann erledigte ich das in der Regel am Abend davor.
»Dann mach das«, meinte ich ein wenig eingeschnappt. In letzter Zeit hatte mir das gemeinsame Joggen mit Adam gefallen. Nun musste ich wieder alleine laufen gehen. Wie langweilig.
Gelangweilt joggte ich durch den Park, bis ich ein knutschendes Pärchen sah. Bei dem Pärchen handelte es sich um niemand anderen als Jared und ein wahlloses Mädchen. Als ich näher kam, richtete Jared seinen Blick auf mich, genauso wie das Mädchen neben ihm. Feuerrote Augen starrten mich aus ihrem Gesicht hasserfüllt an. Erst jetzt erkannte ich, dass sie die Dämonin aus meinem Philosophiekurs, Amelie, war.
Ob Jared wusste, mit wem er da rummachte? Dass sie eine Dämonin war?
Wohl kaum. Er war nur ein durchschnittlicher, ahnungsloser Mensch.
»Hey Jared«, sagte ich übertrieben freundlich. Sollte die Dämonendame ihm doch die Seele aussaugen. Vermissen würde ich dadurch nichts.
Obwohl? Zögernd blieb ich stehen. Ich wollte nicht, dass sie ihn tötete. Und das würde sie tun. So verlässlich wie Jack schien sie nicht zu sein. Allein wenn ich sie nur ansah, kam ein enorm großes Hassgefühl in mir auf. Auch wenn Jared Adam schlagen wollte, ich konnte ihn nicht bei dieser Dämonin lassen.
»Jared, wollten wir nicht mal gemeinsam joggen?«, fragte ich. »Das können wir doch jetzt machen.«
Irritiert schaute Jared mich an.
»Du kannst auch nachher noch knutschen«, meinte ich. »Selbst wenn deine Freundin hier dann keine Zeit hat, kannst du dir einfach eine Andere suchen.«
Jared stand auf. »Bis nachher, Amelie«, sagte er und ging zu mir, ohne sie zum Abschied zu umarmen.
Schweigend joggten wir eine Weile nebeneinander.
»Das zwischen mir und Amelie ist nicht, wie es aussieht«, sagte Jared nach einer Weile und verlangsamte sein Tempo. »Zwischen uns läuft nichts.«
»Ich weiß«, meinte ich. »Du könntest keine feste Beziehung mit einem Mädchen führen. Das einzige, was du willst, ist Sex.« Es war die Wahrheit, also konnte ich sie doch auch aussprechen, oder?
»Monday, das stimmt gar nicht. Ich könnte mir eine feste Beziehung vorstellen«, widersprach Jared.
»Genau. Und die Erde ist eine Scheibe.«
»Warum wolltest du jetzt auf einmal mit mir joggen?«, wechselte er das Thema.
»Ich mag Amelie nicht«, sagte ich wahrheitsgemäß.
»Eifersüchtig?«, fragte Jared.
»Davon träumst du wohl.«
»Du bist auch nicht viel besser als ich«, grummelte Jared nach einer Weile.
»Warum?«
»Du machst mit Adam rum. Ich meine, wer fängt schon eine Beziehung mit seinem Stiefbruder an?«
Wie bitte?
»Woher hast du denn den Scheiß her, dass da etwas zwischen Adam und mir läuft?«
»Kim«, sagte Jared. Hätte ich mir ja auch denken können.
»Ich habe Adam nicht einmal geküsst. Ich würde niemals mit ihm schlafen. Allein schon die Vorstellung ist absurd.«
»Wirklich?«, fragte Jared und schaute mich mit seinen saphirblauen Augen direkt an.
»Ich schwörs dir. Adam und ich sind nur Geschwister, nichts weiter.«
»Scheiße! Monday, warum sagt dann die ganze Schule, dass du etwas mit Adam am Laufen hast?«
»Kim hat Gerüchte verbreitet. Aber was interessiert dich das Ganze überhaupt?«
»Du interessierst mich«, sagte Jared. Seine Stimme blieb neutral. Wie vielen Mädchen er das schon gesagt haben muss... Schauspielern jedenfalls konnte er nicht gut.
Ich lachte laut auf.
»Ich bin ja auch so interessant«, scherzte ich.
»Ja, das bist du«, bestätigte Jared ernst.
Wir waren nun fast schon an unserer Straße angekommen.
»Du hast vorhin gesagt, dass ich mit einer anderen als Amelie knutschen kann«, sagte Jared. »Was, wenn ich dich küssen will?«
»Dann kriegst du eine Schelle«, drohte ich.
Er zwang mich dazu, anzuhalten.
»Aber ein Versuch ist es wert«, meinte er und legte seine Hände um mein Gesicht. Sie waren eiskalt, trotz der hohen Sommertemperatur.
Als sein Gesicht meinem näher kam musste ich an Aleksej denken. Der Gedanke Jared zu küssen, fühlte sich so an, als würde ich Aleksej betrügen. Ich konnte doch nicht meinen toten Freund betrügen.
Aber Jareds Gesicht war so wunderschön. Und seine Hände... Die Kälte fühlte sich extrem angenehm an.
Vorsichtig streichelte ich seine Wange. Er lächelte und öffnete seine saphirblauen Augen. Genau in dem Moment, als ich seine Augen sah, musste ich an orangene Augen denken. Zwei orangefarbene, wunderschöne Augen, welche ehrlich lächeln konnten und zu einem Typen gehörten, der mich glücklich machte. Sie gehörten zu einem Typen, der mich mit Wärme erfüllte und nicht mit Kälte. Sie gehörten zu Jack.
Wie konnte Jared es wagen, mich zu küssen? Entschlossen nahm ich seine Hände von meinem Gesicht, scheuerte ihm eine und rannte so schnell wie ich konnte zu meinem Haus.
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Monday - Dämonen der Vergangenheit
ParanormalKann man jemanden verurteilen, nur weil er ein Dämon ist? Triff Monday, sechzehnjährige Dämonenjägerin. Seitdem ihr Vater von einem Dämonen getötet wurde, macht sie ihren Job nicht mehr aus Pflicht, sondern nur noch aus Hass. Alles was sie will, ist...